BVDVA-Auftragsgutachten

So argumentieren die Versandapotheken gegen das Rx-Versandverbot

Berlin/ Stutgart - 25.01.2017, 07:00 Uhr

EU-ausländische Versandapotheken könnten nach einem Rx-Versandverbot Ansprüche auf Staatshaftung geltend machen – meint Professor Koenig. Der Jurist ist bereits seit dem Jahr 2000 für DocMorris aktiv und stritt für die Niederländer unter anderem gegen das Fremdbesitzverbot – erfolglos. (Foto: dpa)

EU-ausländische Versandapotheken könnten nach einem Rx-Versandverbot Ansprüche auf Staatshaftung geltend machen – meint Professor Koenig. Der Jurist ist bereits seit dem Jahr 2000 für DocMorris aktiv und stritt für die Niederländer unter anderem gegen das Fremdbesitzverbot – erfolglos. (Foto: dpa)


Gesundheitsminister Hermann Gröhe will ebenso wie die ABDA das Rx-Versandverbot. Ganz anders der Bundesverband Deutscher Versandapotheken. Dieser will nun die Politik mit einem Auftragsgutachten überzeugen, dass Gröhes Pläne europarechtlich nicht haltbar sind und sogar „Staats- und Amtshaftungsrisiken“ mit sich ziehen können. Verfasst hat das DAZ.online vorliegende Gutachten der Jurist Christian Koenig – er ist bekannt als Verfechter des Versandhandels.

Während die ABDA mit einer groß angelegten Kampagne für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wirbt, kämpft der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) dafür, diesen Vertriebsweg auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Oktober 2016 aufrecht zu erhalten. Der jüngste Coup des 27 Mitglieder starken Verbands: Ein von Professor Christian Koenig erstelltes Auftragsgutachten.

Koenig: Ein alter Bekannter

Koenig ist Direktor am Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) an der Universität Bonn und stand schon seit den Gründungstagen von DocMorris Seit‘ an Seit‘ der niederländischen Kapitalgesellschaft und seines „kreativen Zerstörers“ Ralf Däinghaus. Das ist lange her, aber unvergessen. Zeitweise war Koenig auch im Aufsichtsrat der Versandapotheke. Zudem brannte sich der Rechtsprofessor mit seinen Auftritten als DocMorris-Prozessvertreter in den EuGH-Verfahren zum Versandverbot (Urteil vom 11. Dezember 2003) und zum Apothekenfremdbesitzverbot (Urteil vom 19. Mai 2009) ins Gedächtnis. Das Fremdbesitz-Verfahren endete mit einer krachenden Niederlage für DocMorris/Koenig. Und im Urteil zum Versandhandel trat das Gericht der von ihrem Prozessbevollmächtigten vertretenen Rechtsauffassung entgegen, dass ein Rx-Versandverbot gegen Europarecht verstoße. Freilich konterkarierte die „ganz Große Koalition“ von Rot-Grün und CDU/CSU kurz darauf diese EuGH-Rechtsprechung durch die Legalisierung des Versandhandels in Deutschland.

Nun also knöpft sich Koenig im Auftrag des BVDVA den Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministers zum Rx-Versandverbot vor – und spricht ihm im Lichte der aktuellen EuGH-Rechtsprechung seine unionsrechtliche Tauglichkeit ab. Verfassungsrechtliche Fragen bleiben dabei außen vor. Das wenig überraschende Ergebnis. Da es keine „statistisch-empirischen Befunde“ gebe, die eine Gefährdung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung nachzuweisen geeignet sind, lasse sich ein „kategorisches Rx-Versandverbot“ europarechtlich nicht rechtfertigen.

Koenig beendet das nun DAZ.online vorliegende Gutachten mit einem geradezu dramatischen Szenario: Die Bundesrepublik könne sich bei Einführung eines Rx-Versandverbots, wie es Gröhe derzeit vorhat, dem Risiko der „Staatshaftung“ aussetzen. Denn eine solche Beschränkungsregulierung „ins Blaue hinein“ könne als „hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die Freiheit des Warenverkehrs“ gewertet werden. 



Dr. Christian Rotta/Kirsten Sucker-Sket, Redakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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