Neue Umfrage

Pharmaindustrie hat schlechtes Ansehen in den USA

Stuttgart - 18.01.2017, 17:27 Uhr

Der US-amerikanische Arzneimittelhersteller Pfizer wurde kürzlich wegen Preissteigerungen in Großbritannien zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. (Foto: picture alliance / AP Photo)

Der US-amerikanische Arzneimittelhersteller Pfizer wurde kürzlich wegen Preissteigerungen in Großbritannien zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. (Foto: picture alliance / AP Photo)


Nur jeder zehnte US-Amerikaner glaubt, dass Pharmafirmen das Patienteninteresse über ihren eigenen Profit stellen. Für den Pfizer-Chef Ian Read ist das Vertrauensproblem hauptsächlich eine Wahrnehmungsfrage, wie er in Davos erklärte. Besser als „Big Pharma“ schneiden Ärzte ab – und Apotheker, die jedoch bei einer entscheidenden Frage das Schlusslicht darstellen. 

Laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsunternehmens Harris Interactive denken nur neun Prozent aller US-Amerikaner, dass Pharmahersteller mehr Wert auf die Interessen von Patienten legen als auf ihren eigenen Profit. Das schlechte Image spiegelt sich auch in anderen Bereichen wider: Nur gut 12 Prozent der Umfrageteilnehmer meinen, dass Arzneimittelfirmen sozial verantwortliches Verhalten an den Tag legen – und nur knapp jeder Vierte denkt, dass Pharmaunternehmen einen positiven Unterschied für die Gesellschaft machen.

Ganz anders sieht es in anderen Bereichen des Gesundheitssektors aus: Rund 45 Prozent aller US-Amerikaner glauben laut der Umfrage, dass Gesundheitsdienstleister wie beispielsweise Ärzte oder auch Präsenzapotheker sozial verantwortlich handeln. Knapp die Hälfte der Befragten gab auch an, dass Ärzte oder Apotheker hochqualitative Produkte und Dienstleistungen anbieten, während dies für Pharmafirmen nur bei gut 30 Prozent aller Umfrageteilnehmer der Fall war. Schlechter schnitten nur Versicherungsunternehmen ab.

Die für Pharmafirmen wenig erfreulichen Umfrageergebnisse dürften insbesondere auch durch hohe Arzneimittelpreise verursacht worden sein. Der Skandal um die Preise des Epipens kann die Ergebnisse jedoch kaum beeinflusst haben, da die Umfrage bereits im Sommer durchgeführt wurde, während die Diskussion um den Epipen erst im Herbst ihren Höhepunkt erreichte. 

Welche Rolle spielen Apotheker in der Zukunft?

An der als repräsentativ bezeichneten Umfrage nahmen gut 1.000 volljährige US-Bürger teil. Während Apotheker in vielen Bereichen gut abschnitten, bildeten sie bei einer entscheidenden Frage das Schlusslicht: Nur sieben Prozent der Befragten glauben, dass Apotheker bei der Lösung der größten Herausforderungen für das Gesundheitswesen eine entscheidende Rolle spielen. 55 Prozent sahen diese Rolle bei Ärzten oder Pflegern, 47 Prozent bei Patienten und Konsumenten, 38 Prozent bei der Regierung und rund jeder Dritte bei Pharmafirmen oder Krankenhäusern.  

Pfizer-Chef verteidigt Arzneimittelpreise

Nachdem auch der zukünftige US-Präsident Donald Trump bei seiner ersten Pressekonferenz über das Verhalten von Pharmafirmen geschimpft hatte, die seiner Meinung nach „mit Mord ungeschoren davonkommen“, sprach Pfizer-Geschäftsführer Ian Read beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos über das Thema. Seiner Ansicht nach seien nur wenige schwarze Schafe – wie der Hedgefonds-Manager Martin Shkreli – für das schlechte Image verantwortlich, hinzu kämen weit verbreitete Missverständnisse.

„Das fehlende Vertrauen ist ein Wahrnehmungsproblem“, erklärte Read. Er will offenbar zukünftig verstärkt seine Sicht der Lage vorbringen – auch bei Trump, den er laut des Nachrichtensenders CNBC als nicht ausreichend unterrichtet bezeichnete. Die Preise für einzelne Tabletten seien „nicht der Punkt“, betonte Read: Tabletten stünden am Ende eines langen Entwicklungsprozesses, und für Forschung sei das Geld vonnöten. In Asien oder Lateinamerika sei das Vertrauen in Pharmafirmen viel höher als in den USA oder Europa, erklärte Read.  

Trotz seiner Kritik will der Pfizer-Chef sich aber offensichtlich nicht komplett mit dem zukünftigen US-Präsidenten anlegen. „Trump wird einer sein, der sicherstellt, dass es Patienten gut geht“, erklärte er beschwichtigend.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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