Medizinprodukte

Neues EU-Regelwerk in Sicht, neue Vorgaben für Apotheken

Remagen - 11.01.2017, 15:00 Uhr

Nach jahrelangen Vorarbeiten wird in diesem Jahr ein neues europäisches Medizinprodukterecht in Kraft treten. (Foto: Euthymia / Fotolia)

Nach jahrelangen Vorarbeiten wird in diesem Jahr ein neues europäisches Medizinprodukterecht in Kraft treten. (Foto: Euthymia / Fotolia)


Für die europäische Medizinprodukteindustrie bricht 2017 ein neues Zeitalter an. EU-Parlament, Rat und Kommission haben sich auf ein revidiertes Regelwerk für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika verständigt, das bald in Kraft treten wird. Mit der Novellierung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung gelten seit diesem Jahr auch neue Vorgaben für die Apotheken, wenn auch nur für die größeren.

Für die deutsche und die europäische Medizinprodukteindustrie wird in 2017 regulatorisch ein neues Zeitalter anbrechen. Im Mai 2016 hatten sich EU-Parlament, Rat und Kommission auf ein revidiertes Regelwerk für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika (IVD) verständigt, das aller Voraussicht nach bald in Kraft treten wird. 

Die neue EU-Verordnung über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) wird das bisherige System der Richtlinien über Medizinprodukte  (93/42/EWG) und über aktive implantierbare medizinische Geräte (90/385/EWG) ablösen. Die neue EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika tritt an die Stelle der Richtlinie 98/79/EG (sog. IVD-Richtlinie).

Alle drei Vorläufer-Richtlinien waren in Deutschland mit dem Medizinproduktegesetz implementiert worden, das am 1. Januar 1995 in Kraft getreten ist. Es werden durch wichtige Rechtsverordnungen, darunter die Medizinprodukte-Verordnung (MPV), die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV), die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) und die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) weiter ausgeführt.

Was ist neu?

  • Zu den wesentlichen Neuerungen gehört das lange Zeit kontrovers diskutierte „Scrutiny-Verfahren” für die Zertifizierung von Hochrisiko-Medizinprodukten.
  • Weiterhin sieht die Medizinprodukte-Verordnung Verschärfungen bei den klinischen Bewertungen und klinischen Prüfungen sowie Höherklassifizierungen einiger Produkte vor.
  • Die Hersteller müssen ein umfassendes Risikomanagementsystem einrichten.
  • Erstmals sollen alle in der EU vermarkteten Medizinprodukte in einer modularen, europaweiten Datenbank (Eudamed) registriert werden. Diese soll die Transparenz des Marktgeschehens und die Zusammenarbeit bei der Überwachung und der Vigilanz verbessern.
  • Darüber hinaus wird das „System der einmaligen Produktnummer“ (UDI-Unique Device Identification) verpflichtend eingeführt. Damit können unter anderem fehlerhafte Produkte einfacher identifiziert und zurückverfolgt werden.
  • Die stofflichen Medizinprodukte (bestimmte Nasensprays, Mittel gegen Blähungen, Sonnencremes oder diverse Lutschpastillen) werden erstmalig als solche anerkannt.
  • Die benannten Stellen müssen sich in einem Übergangsprozess neu benennen lassen. Nach Expertenmeinungen werden dabei einige auf der Strecke bleiben. Die Zahl der Zertifizierungsstellen hat sich in den letzten Jahren ohnehin deutlich reduziert.   
  • Herzstück der Neuerungen im Bereich der In-vitro-Diagnostika ist ein risikobasiertes System der Produktklassifizierung mit schärferen Anforderungen an die Zulassung und Marktüberwachung von IVD. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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