Neujahrsempfang AK Nordrhein 

„Abenteuerliche, überraschende und vollkommen anmaßende Entscheidung“

Düsseldorf - 09.01.2017, 20:05 Uhr

Kammerpräsident Lutz Engelen (l.) konnte einen prominenten Gastredner in Düsseldorf begrüßen: Wolfgang Bosbach (CDU). (Foto: Helga Blasius)

Kammerpräsident Lutz Engelen (l.) konnte einen prominenten Gastredner in Düsseldorf begrüßen: Wolfgang Bosbach (CDU). (Foto: Helga Blasius)


Beim Neujahrsempfang der Apothekerkammer Nordrhein in Düsseldorf kritisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach das EuGH-Urteil zu den Rx-Boni. Er dämpfte allerdings allzu optimistische Erwartungen an den erfolgreichen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zum Verbot des Versandhandels. Die Kammer will mit einer neuen Videobotschaft weitere Überzeugungsarbeit leisten. 

Mehr als 250 Repräsentanten des nordrheinischen Gesundheitssystems, Freunde, Partner und Wegbegleiter der nordrheinischen Apotheker sind am heutigen Montag der Einladung der AK Nordrhein ins Maxhaus in Düsseldorf gefolgt, um kurz Rückschau zu halten und sich auf die anstehenden Herausforderungen einzustimmen. Kammerpräsident Lutz Engelen freute sich, als Gastredner den CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach begrüßen zu können, für ihn ein „Politiker und Rheinländer, der Politik für die Menschen erlebbar und verständlich macht und damit aus dem normalen Berliner Politikbetrieb deutlich herausragt.“

Das ausgelaufene Jahr 2016 bezeichnete Engelen als „ein Jahr unerwarteter politischer Entwicklungen und Entscheidungen, ein Jahr von Vertrauensverlust in Institutionen und ein Jahr der Unsicherheit. Selbstverständlich nahm er auch das bahnbrechende EUGH-Urteil zu den Rx-Boni aufs Korn. „Was für eine abenteuerliche, überraschende und vollkommen anmaßende Entscheidung, die entgegen des verbrieften Subsidiaritätsprinzips der europäischen Nationalstaaten und entgegen der deutschen Rechtsprechung in diesem Bereich steht, die bis hin zum Bundesgerichtshof entschieden wurde,“ sagte Engelen. Alles, was für ihn zu den Inhalten eines der weltbesten Gesundheitssysteme gehört, stehe damit auf dem Spiel, von der freien Wahl der Apotheke über die flächendeckende Arzneimittelversorgung bis zum Nacht- und Notdienst.

Versandhandelsverbot ist alternativlos

Gottlob habe Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sehr schnell reagiert und einen Gesetzesentwurf zum Verbot des Versandhandels vorgelegt. Dennoch gebe es eine Vielzahl an Stimmen, die ein solches Verbot für völlig unangemessen halten und nach Alternativen suchen, um die Arzneimittelfestpreisigkeit zu sichern. Aus diesem Grund habe der Vorstand der Apothekerkammer Nordrhein ein Rechtsanwaltsteam einer renommierten bundes- und europaweit agierenden Kanzlei mit der Prüfung solcher Alternativen beauftragt. Die Fachjuristen seien zu dem klaren Ergebnis gekommen: „Der Gesetzesentwurf zum Verbot des Arzneimittelversandhandels zur Sicherung des festen Arzneimittelpreises und der sich anschließenden Strukturen ist alternativlos.“

Bosbach: Verbot kein Selbstgänger

Bosbach dämpfte allerdings allzu große Hoffnungen auf einen erfolgreichen Ausgang der Gesetzesinitiative: „Glauben Sie bitte nicht, dass es so leicht möglich ist, für den Gesetzentwurf von Hermann Gröhe im Bundestag eine Mehrheit zu bekommen“, mahnte er. Seiner umfangreichen Erfahrung nach würden Entscheidungen dort oft mehr von Emotionen gelenkt als von Fakten, und in der Diskussion werde von manchen unterstellt, den Apothekern gehe es nur um einen Schonraum frei von Wettbewerb. Er selbst sieht dies keineswegs so. Zum einen stellten sich die Apotheker sehr wohl dem Wettbewerb, aber nicht dem Preis- sondern dem Qualitätswettbewerb. Zum anderen könne ein Wettbewerb mit ausländischen Versandapotheken nur dann fair sein, wenn beide gleiche Marktbedingungen hätten, und genau das sei eben nicht der Fall, hielt Bosbach entsprechender Kritik an dem Verbot entgegen.

Pakete packen sollen andere

Die „Dreistigkeit des EUGH-Urteils“ ist für Kammerpräsident Lutz Engelen aber auch Aufruf und Auftrag an die Apothekerschaft, die Errungenschaften des freien Apothekerberufes mit mehr Informationen und Fakten, gerne auch mit der notwendigen Emotionalität in die Öffentlichkeit zu tragen: „Die Menschen mitnehmen, mit ihren Sorgen und Wünschen, ihnen verantwortungsvoll helfen, sie informieren und sie stärken, das sind die Herausforderungen, die kein Logistiker der Welt übernehmen kann“, konstatierte Engelen, und: „Pakete packen, das sollen mal andere machen.“

Videobotschaft für die Präsenzapotheke

Bosbach gibt sich als leidenschaftlicher Anwalt der Arzneimittelversorgung vor Ort in der Präsenzapotheke und hat sich deswegen auch als „Patient“ für die neue Videokampagne der Apothekerkammer Nordrhein zur Verfügung gestellt. Dort bringt er seine große Zufriedenheit mit der kompetenten Beratung in der Offizin zum Ausdruck. Die Videobotschaft wurde anlässlich des Neujahrsempfangs erstmalig vorgestellt. Sie ist ab heute von der Homepage der Apothekerkammer Nordrhein abrufbar und soll nun durch verschiedene Medien tatkräftig verbreitet werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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