Duftforschung

Capsaicin gegen Tumore

06.01.2017, 13:00 Uhr

Hanns Hatt fand mit seinem Team bereits viele wichtige Riechrezeptoren. (Foto: RUB, Marquard)

Hanns Hatt fand mit seinem Team bereits viele wichtige Riechrezeptoren. (Foto: RUB, Marquard)


In Zellkultur vielversprechende Ergebnisse

Für ihre Laborversuche verwendeten die Naturwissenschaftler die Zelllinie SUM149PT, die ein Modellsystem für die besonders aggressive Brustkrebsvariante des sogenannten triple-negativen Typs ist. Den Zellen dieser Tumorvariante fehlen Rezeptoren für die Hormone Östrogen, Progesteron und den epidermalen Wachstumsfaktor EGF (Epidermal Growth Factor). In 85 Prozent aller Brustkrebsfälle bieten diese Rezeptoren Ansatzpunkte für die Therapie der Krankheit. In den 15 Prozent dreifach-negativer Tumore hilft dagegen bislang nur eine wesentlich unspezifischere Chemotherapie als einzig mögliche Behandlung.

„Die Duft- und Geschmacksstoff-Rezeptoren sind dabei eine völlig neue Gruppe von Targets für die Therapie“, erklärt Hatt. Im Versuch inkubierten die Forscher die Zellen in Kultur für mehrere Stunden oder Tage mit Zugabe von Capsaicin oder Helional und erhielten die entsprechenden vielversprechenden Ergebnisse. „Wenn wir den TRPV1-Rezeptor gezielt durch Medikamente anschalten könnten, könnte sich ein neuer Ansatz für die Behandlung dieser Krebsform ergeben“, sagt Hatt. Dass der Rezeptor in vivo in triple-negativen Brustkrebszellen exprimiert wird, konnte in Kooperation mit der Privatdozentin Gabriele Bonatz vom Brustzentrum der Augusta-Kliniken Bochum gezeigt werden. In Proben von neun Brustkrebspatienten wurde die Existenz des Rezeptors bestätigt, schreiben die Forscher.

Verabreichungsform noch unklar

Wie aber in vivo der TRPV-1-Rezeptor in den Zellen der Brusttumore aktiviert werden könnte, das sei ein noch zu lösendes Problem. „Der Wirkstoff müsste direkt zu den Zellen gelangen“, sagt Hatt. Eine große Aufnahme etwa von Capsaicin mit der Nahrung oder durch Einatmen des Duftes Helional reiche dazu nicht aus.

„Wir machen hier allerdings nur Grundlagenforschung“, sagt Hatt. „Wir wollen der Welt zeigen, dass es mit den Duftrezeptoren ganz neue Ansatzpunkte für Diagnose, Therapie von Krankheiten, aber auch für die Verbesserung von normalen Zellfunktionen im Körper gibt.“ Eine Kooperation mit Pharmazeuten sei bislang nicht geplant. Entsprechend werde man in seinem Institut auch beim TRPV1 und dem Capsaicin nicht weiter in Richtung Anwendung forschen. „Wir zeigen nur auf, wie es gehen könnte“, sagt Hatt und ist überzeugt, dass der TRPV1-Rezeptor ein vielversprechender neuer Therapie-Ansatz sein kann.

Quelle: 

Lea Weber, Hans Hatt et al.: Expression and functionality of TRPV1 in breast cancer cells, in: Breast Cancer – Targets and Therapy, 2016, DOI: 10.2147/BCTT.S121610) (https://www.dovepress.com/expression-and-functionality-of-trpv1-in-breast-cancer-cells-peer-reviewed-article-BCTT ).



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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