Beratungs-Quickie

Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika

Stuttgart / München - 05.01.2017, 12:00 Uhr

Blutzuckerkontrolle: Können Diabetiker zu Hause machen oder in der Apotheke. (Foto:  Andrey Popov / Fotolia)

Blutzuckerkontrolle: Können Diabetiker zu Hause machen oder in der Apotheke. (Foto:  Andrey Popov / Fotolia)


Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Welche hilfreichen Tipps kann der Apotheker zu Arzneimitteln und Therapien geben? Im Beratungs-Quickie stellen wir jeden Donnerstag einen konkreten Patientenfall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über zwei orale Antidiabetika für einen älteren Herrn, der an Diabetes mellitus Typ 2 leidet.

Formalien-Check

Ein Mann betritt mit Fahrradhelm die Apotheke und möchte sein Rezept einlösen. Er meint, dass er wegen seines Diabetes vermehrt Sport treiben soll und legt deshalb kleinere Strecken mit dem Fahrrad zurück.

Verordnet sind Metformin Hexal® 1000 mg in der Packungsgröße N2 sowie Onglyza® 5 mg in der Packungsgröße N3.

Das Rezept ist eindeutig. Aut idem ist nicht angekreuzt. Abzugeben sind 120 Stück Metformin 1000 mg eines Herstellers mit Rabattvertrag sowie 98 Stück Onglyza® 5 mg.

Es ist kein Gebührenstatusfeld angekreuzt. Gebührenpflichtig sind alle Versicherten über 18 Jahren, die keinen gültigen Befreiungsausweis vorlegen können.

Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Der Kunde kennt seine Tabletten und ist soweit zufrieden mit seinen Blutglukosewerten. Er kontrolliert den Blutzucker immer mal wieder selbst.

Das orale Antidiabetikum Metformin aus der Gruppe der Biguanide wird bei Diabetes mellitus Typ 2 (insbesondere bei Übergewicht) als Einzel- oder Kombinationstherapie mit anderen Antidiabetika oder Insulin eingesetzt. Der Arzneistoff senkt den basalen und den postprandialen Blutzuckerspiegel, indem er die Glucoseneubildung in der Leber verringert, die periphere Glucoseverwertung verbessert und die intestinale Glucoseresorption hemmt.

Metformin stimuliert nicht die Insulinsekretion und führt nicht zu Hypoglykämie. Allerdings sind Patienten auf das Risiko einer Hypoglykämie aufmerksam zu machen, wenn das Arzneimittel in Kombination mit anderen Antidiabetika angewendet wird, die Unterzucker verursachen können (zum Beispiel Insulin, Sulfonylharnstoffe).

Die Initialdosis beträgt zwei- bis dreimal täglich 500 mg oder 850 mg Metforminhydrochlorid. Nach circa zwei Wochen wird die Dosis individuell an die Blutzuckerspiegel-Werte angepasst. Die maximal empfohlene Tagesdosis beträgt 3000 mg Metforminhydrochlorid. Vor allem zu Therapiebeginn treten gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Abdominalschmerzen und Appetitverlust auf. Sie verschwinden in den meisten Fällen spontan. Um die gastrointestinalen Symptome zu verhindern, sollte Metformin während oder nach den Mahlzeiten, aufgeteilt auf zwei oder drei Tagesdosen, eingenommen werden. Auch eine langsame Dosissteigerung bis zur individuellen Erhaltungsdosis kann die Unverträglichkeiten mindern.

Metformin ist bei Patienten mit Niereninsuffizienz wegen erhöhter Gefahr einer Laktatazidose kontraindiziert. Bei mäßig eingeschränkter Nierenfunktion (Stadium 3a) und bei Fehlen anderer Risikofaktoren für eine Laktatazidose, darf Metformin eingesetzt werden. In diesem Fall ist eine Dosisreduktion und die engmaschige Überwachung der Nierenfunktion (alle 3 - 6 Monate) erforderlich.

Das zweite verordnete orale Antidiabetikum enthält den Dipeptidyl-Peptidase(DPP)-4-Hemmer Saxagliptin, der den Abbau des physiologischen Hormons GLP-1 verhindert und dessen Wirkung verstärkt. GLP-1 stimuliert glucoseabhängig die Insulinsekretion, senkt die Glucagon-Konzentration, reduziert den Appetit und fördert den Energieumsatz. Das Arzneimittel ist bei erwachsenen Patienten ab 18 Jahren mit Typ-2-Diabetes zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle indiziert: Als Monotherapie bei Patienten, die durch nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht ausreichend eingestellt werden können oder Metformin nicht vertragen, oder als Kombinationstherapie bei Patienten, die mit anderen Antidiabetika unzureichend eingestellt sind.

Die empfohlene Dosis beträgt 5 mg Saxagliptin einmal täglich. Bei mäßiger oder schwerer Niereninsuffizienz ist eine Dosisreduktion auf 2,5 mg Saxagliptin einmal täglich erforderlich. Die Tablette kann unabhängig von einer Mahlzeit zu jeder Tageszeit eingenommen werden. Die Tabletten dürfen nicht geteilt werden.

In der Kombinationstherapie mit Metformin kommt es häufig zu Nebenwirkungen wie Infektionen der oberen Atemwege und Harnwegsinfekten, Kopfschmerzen und gastrointestinalen Beschwerden. Auch Schwindel ist möglich und kann Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit haben.

Auch noch wichtig

Bei der Behandlung mit anderen Arzneimitteln in der Selbstmedikation oder nach ärztlicher Verordnung sind mögliche Wechselwirkungen zu beachten. 

Bei der Behandlung mit NSAR ist an die Einschränkung der Nierenfunktion zu denken. Ist eine Anwendung erforderlich, so ist eine möglichst niedrige Dosierung zu wählen oder – wenn keine Entzündungshemmung vonnöten ist – Paracetamol zu bevorzugen. Außerdem sind ärztliche Kontrollen der Nierenfunktion notwendig, damit der Arzt im Fall einer Niereninsuffizienz Metformin absetzt.

Bei der Selbstbehandlung von Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Bauchschmerzen) oder Muskelschwäche ist an eine Laktatazidose als Nebenwirkung des Metformins zu denken. Eine Abklärung durch den Arzt ist erforderlich.

Die Anwendung von CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin, Dexamethason, Phenobarbital, Phenytoin und Rifampicin kann die blutzuckersenkende Wirkung von Saxagliptin reduzieren.

Arzneisäfte enthalten meist Zucker, Tropfen meist Alkohol. Beide wirken sich – entgegengesetzt – auf den Blutglucosespiegel aus. Alkohol verschlechtert die Nierenfunktion und verstärkt die Insulinwirkung. Diese Darreichungsformen sind für Diabetiker nicht geeignet.

Der Kunde sollte auf alkoholhaltige Getränke verzichten (Hypoglykämie-Risiko). Außerdem ist durch den Genuss größerer Mengen Alkohol die Gefahr einer lebensbedrohlichen Laktatazidose unter der Metformin-Behandlung erhöht.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

•    Die aktuellen S3-Leitlinien zur „Therapie des Typ-2-Diabetes“ finden Sie hier

•    Bei Typ 2- Diabetes sind regelmäßige Blutzuckermessungen mit eigenem Messgerät zu Hause oder in der Apotheke notwendig: Bei ausschließlicher Therapie mit oralen Antidiabetika mindestens dreimal die Woche postprandial. Bei Kombinationstherapie aus oralen Antidiabetika plus Insulin circa zehnmal pro Woche zu wechselnden Zeiten, um unerwartete Blutzuckerspitzen zu erfassen.

•    Typ-2-Diabetiker profitieren von einer gesunden Ernährung und einer Normalisierung des Körpergewichts.

•    Moderate Bewegung wirkt sich positiv aus. Bei zu starker körperlicher Überanstrengung besteht die Gefahr einer Hypoglykämie. Der Kunde sollte für diesen Fall stets Traubenzucker bei sich haben.

•    Betroffene sind an regelmäßige augenärztliche Kontrollen zu erinnern. Außerdem ist ihnen zur professionellen Fußpflege zu raten, um Verletzungen und Folgeerkrankungen wie den „diabetischen Fuß“ zu vermeiden.

Der Kunde bezahlt seine Arzneimittel und erklärt stolz, dass er seit Oktober letzten Jahres bereits 7 Kilogramm abgenommen habe – trotz Weihnachtsgans, Stollenkonfekt und Silvesterbuffet. Er radelt jetzt immer zur Arbeit, nimmt die Treppen anstelle des Aufzuges und habe – von Weihnachten abgesehen – seine Ernährung auf mediterrane Kost umgestellt.



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.