Rx-Versandverbot

Andere Freiberufler unterstützen Apotheker

Berlin - 19.12.2016, 16:45 Uhr

Apotheker und andere Heilberufler halten nach dem EuGH-Urteil zusammen. (Foto: apops / Fotolia)

Apotheker und andere Heilberufler halten nach dem EuGH-Urteil zusammen. (Foto: apops / Fotolia)


Apotheker finden auch bei anderen Freiberuflern Unterstützung für ihre Forderung, den Versandhandel mit Arzneimitteln einzuschränken. In Brandenburg hat sich jetzt der Landesverband der Freien Berufe entsprechend positioniert, in Thüringen die Organisationen der Heilberufe.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, demzufolge im grenzüberschreitenden Arzneimittelversandhandel keine Preisbindung gilt, bereitet nicht nur den Apothekern Sorge. Auch andere Freiberufler, zumal Angehörige der Freien Heilberufe, sind alarmiert. Apotheker suchen diesen Schulterschluss derzeit bewusst – und finden ihn auch zunehmend. Es mehren sich die gemeinsamen Erklärungen mit den Apothekern, die auf eines abzielen: Den Versandhandel von Apotheken auf verschreibungsfreie Arzneimittel und sonstige Produkte zu beschränken.

So haben sich jetzt auch in Thüringen die Landesapothekerkammer, die Landesärztekammer, die Landeszahnärztekammer, die ostdeutsche Psychotherapeutenkammer, der Thüringer Apothekerverband, sowie die Kassenärztliche und Kassenzahnärztlichen Vereinigung zusammengetan. Gemeinsam erklären sie: „Das Urteil gefährdet aus unserer Sicht die Strukturen und Prinzipien der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung kranker Menschen in Deutschland und geht damit in erster Linie zu Lasten der Patienten und der Versorgungssicherheit vor Ort“. Auch wenn der EuGH dies nicht so sehen wollte: Die Heilberufler sind überzeugt, dass die Rx-Preisbindung die Existenz eines wohnortnahen Netzes vollversorgender Apotheken, auch in ländlichen und strukturschwachen Regionen, gewährleistet. Und eben dieses  Netz wollen sie erhalten – um einen optimalen therapeutischen Effekt für die Patienten zu erzielen.

ARMIN funktioniert nicht aus der Ferne

Die Heilberufler betonen, dass sektorenübergreifende Kooperationsprojekte, wie der bundesweite Medikationsplan oder die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN), nur mit Ansprechpartnern in der Nähe möglich sind, nicht aber mit anonymen Produktversendern in der Ferne.

Das Abrücken vom Prinzip der Rx-Preisbindung möge für eine begrenzte Patientengruppe einen finanziellen Vorteil bringen. Vor allem aber bedeute es einen Vorteil für Versandhändler, die ihr Geschäft auf ein attraktives Teilsegment der Arzneimittelversorgung konzentrierten. Doch wenn die Apotheken vor Ort in der Folge verschwinden, gingen für Ärzte wichtige Kooperationspartner verloren. Und schließlich sende das Urteil auch ein besorgniserregendes Zeichen in Richtung freiberuflich tätiger Akteure des Gesundheitswesens.

 Auswikungen auf die Regulierungssysteme aller Freien Berufe

In Brandenburg stellen sich sogar sämtliche Mitgliedsorganisationen des Landesverbandes der Freien Berufe hinter die Apotheker. Hier befürworten also auch Anwälte, Architekten und Ingenieure, den Arzneimittelversand einzuschränken. Nur so könnten die unabsehbaren negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung in Deutschland durch das EuGH-Urteil rechtzeitig und schnell verhindert werden, heißt es in einer Pressemitteilung.

Das Urteil negiere die bisherige Auffassung von einer eigenständigen Regelung zur Organisation des nationalen Gesundheitswesens, moniert der Verband. Freier Warenverkehr und unreglementierter Marktzugang hebelten somit sowohl die Gestaltungssouveränität des Gesetzgebers aus, als auch die Honorarordnung eines freien Berufs aus. Der Landesverband verweist darauf, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel Teil einer freiberuflichen Honorarbildung sei, mit der die Interessen von Kostenträgern, den Apothekern und der Patienten ausgeglichen werden. Sie diene dem Verbraucherschutz und ermögliche eine Reihe von Gemeinwohlleistungen durch die Apotheken vor Ort. Auch sei die Preisbindung „integraler Bestandteil des Sachleistungsprinzips“ in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie garantiere allen Versicherten den gleichen Zugang zu benötigten Arzneimitteln. „Eine Bonifizierung würde lediglich Fehlanreize zulasten der Solidargemeinschaft schaffen“, heißt es. 

Das EuGH-Urteil, so die weitere Befürchtung, könne sich aber auch auf das hierzulande existierende professionelle Regulierungssystem der Freien Berufe insgesamt auswirken. „Sollten die EU-Institutionen bei ihren Integrationsbestrebungen zukünftig ausschließlich ökonomische Aspekte in den Fokus nehmen, hätte dieses unabsehbare Folgen für die Berufszugangs- und Berufsausübungsregelungen aller Freien Berufe“, heißt es in der Erklärung.

Über diese Rückendeckung freuen sich die Landesapothekerkammer und der Apothekerverband Brandenburg. Sie weisen darauf hin, dass die Apotheker für eine qualitative und qualifizierte und nicht für eine quantitative Versorgung stehen. Sei ein benötigtes Arzneimittel nicht zur Hand, werde es bestellt und sei meist noch am selben Tag verfügbar. Zudem böten die Apotheken persönliche Beratung durch qualifizierte und stetig fortgebildete Heilberufler – und zwar unmittelbar und auch im Nacht- und Notdienst. „Das soll der Internetversand den Apotheken erst mal nachmachen“, heißt es.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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