Rx-Versandverbot

Lindner macht Versandapotheken zum Wahlkampfthema

Stuttgart - 14.12.2016, 15:00 Uhr

Der Bundes- und Landesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, will die Diskussion um das Rx-Versandverbot offenbar in den Landeswahlkampf tragen. (Foto: dpa)

Der Bundes- und Landesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, will die Diskussion um das Rx-Versandverbot offenbar in den Landeswahlkampf tragen. (Foto: dpa)


Die FDP habe Respekt vor Apotheken, sagt ihr Chef Christian Lindner – und macht Stimmung gegen das Rx-Versandverbot des Bundesgesundheitsministers. Er fordert die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auf, den Plan zu verhindern. Für Lindner käme eine andere Lösung in Betracht. Gleichzeitig stellt sich der FDP-Vorstand hinter ihn.

Nachdem die FDP lange als Apotheker-freundliche Partei galt, versucht sie derzeit offenbar ihr bisheriges Image loszuwerden. Zwar gab es in Bayern und Baden-Württemberg auch Landespolitiker, die sich nach dem EuGH-Urteil für ein Rx-Versandverbot starkgemacht haben – doch die Bundes-FDP hält ihren Kurs, den sie in den letzten Wochen eingeschlagen hat. Lindner hatte zuvor bereits gesagt, er wolle keinen „Naturschutz“ für Apotheker – und sich für Versandhandel und mehr Wettbewerb stark gemacht. Auch die für Gesundheitsfragen zuständige stellvertretende Parteivorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte diese Position gegenüber DAZ.online bestätigt.

Anfang dieser Woche hat sich dann der FDP-Bundesvorstand zum Thema ausgetauscht. Die von Herrn Lindner zuvor geäußerte Positionierung wurde „einmütig begrüßt“, wie dessen Sprecher gegenüber DAZ.online erklärte. „Es gab hierzu keine Gegenstimmen“, betonte er. Im kommenden Jahr wolle die Partei ein „Hearing“ veranstalten, bei dem sowohl ABDA als auch Versandapotheker beteiligt werden sollen. „Mit Sicherheit wird es dort nicht nur um das Versandhandelsverbot gehen, sondern auch um veraltete bürokratische Belastungen für Apotheker“, erklärte der Sprecher Lindners.

Ein Thema für die Landtagswahl?

Nachdem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) diese Woche Montag seinen Gesetzesentwurf für ein Rx-Versandverbot vorgestellt hat, will Lindner das Thema nun offenbar zum Wahlkampfthema machen. Gegenüber der „Westdeutschen Zeitung“ verlangte er von der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW), Gröhes Plan zu blockieren – dort findet im Mai die nächste Landtagswahl statt. Zuletzt hatte NRW die Bundesratsinitiative Bayerns für ein Rx-Versandverbot unterstützt. Da Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Digitalisierung im Land voranbringen wolle, sollte sie nicht die Modernisierung und Digitalisierung des Apothekenmarkts verhindern, zitiert die Zeitung Lindner. 

Neue FDP-Klientel: Kunden und Patienten

Auch kritisierte der FDP-Chef, dass die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sich bislang immer nur einseitig für die stationäre Apotheke eingesetzt habe. Hingegen würde der „von vielen Kunden“ geschätzte Versandhandel laut Lindner durch NRW gebremst, schreibt die Zeitung. Dies müsse sich ändern. „Wir als freie Demokraten haben Respekt vor den stationären Apotheken, vor den freien Berufen, aber eine einseitige Parteinahme nur für diesen Teil der Branche halten wir für falsch“, betonte Lindner gegenüber der „Westdeutschen Zeitung“.

Dabei nahm er auch Bezug auf Apotheker als traditionelle Wählerklientel der FDP. „Die Klientel, für die wir uns einsetzen, sind die Kunden und Patienten, die selbst wählen sollen, ob sie ihre Medikamente in der Apotheke um die Ecke kaufen oder ob sie das über das Internet per Versand tun wollen“, erklärte der FDP-Chef.

Lindner kann sich Boni-Verbot für EU-Versender vorstellen

Lindner betonte gegenüber der Zeitung, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, für faire Rahmenbedingungen zu sorgen. Er könne das etwa dadurch tun, dass eine Rabattierung für aus dem Ausland versandte Medikamente untersagt wird, es also keinen Wettbewerb um den Preis gebe, gibt ihn die Zeitung etwas unscharf wieder. Wie genau Lindner sich diesen Weg vorstellt und ob er angsichts des EuGH-Urteils europarechtskonform gangbar ist, bleibt dabei offen. Offenbar wollen sich weder Lindner noch die FDP ihn groß auf die Fahnen schreiben. Vielleicht auch, da sie Apotheken-Kunden und Patienten hierdurch leicht vergraulen könnte. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Nachtrag: FDP-Multitalent Christian Lindner auf Wikipedia ...

von Christian Timme am 15.12.2016 um 11:49 Uhr

Was dieses FDP-Multitalent so alles drauf hat, kann man unter https://de.m.wikipedia.org/wiki/Christian_Lindner bestaunen. Besonderes Augenmerk verdient der Abschnitt:
Unternehmerische Tätigkeit. Viel Vergnügen.

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Warum "sollen" wenn "wollen" vollkommen ausreicht?

von Christian Timme am 14.12.2016 um 22:00 Uhr

Der Junge kann es einfach nicht. „Die Klientel, für die wir uns einsetzen, sind die Kunden und Patienten, die selbst wählen sollen, ob sie ihre Medikamente in der Apotheke um die Ecke kaufen oder ob sie das über das Internet per Versand tun wollen“.

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Denn sie wissen nicht...

von Andreas P. Schenkel am 14.12.2016 um 21:19 Uhr

... was sie tun.
... über was sie reden.
... was dieses komische "liberal"-Dingens sein soll.

Was für ein Schlagwort-Gedröhn: "Digitalisierung des Apothekenmarkts"! Nur, weil es jetzt einen Arznei-Versandkatalog seit einem Jahrzehnt nicht mehr nur auf Papier, sondern auch "im Netz" gibt, ist das noch keine Digitalisierung. Genauso, wie "der Markt richtet alles, voll in echt" keine Liberalität ist (es ist "neoliberal", also das Gegenteil von "liberal", typischer Lindner-Neusprech).

Wer die Bedeutung von Fremdworten nicht kennt, soll sie besser nicht benutzen. Wer Politik nicht beherrscht, soll sie besser nicht betreiben. Projekt 18. Achtzehn Promille. Ganz ohne Ze-Zwei-Ha-Fünf-O-Ha.

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Selten .....

von gabriela aures am 14.12.2016 um 16:54 Uhr

...habe ich bei vielen , auch höherrangingen, Vertretern einer Partei so einen eklatanten Mangel an GRUNDWISSEN erlebt, wie in den letzten Wochen und Monaten bei der FDP.
Da schreiben junge, gesunde, vermutlich überwiegend privatversicherte Extrem-Economy-Jünger (sicher mit Jetlag, da wahnsinnig oft in the states) die abstrusesten Kommentare oder fassen sogar Beschlüsse zu komplexen Themen, bei denen sie nicht den Bruchteil der Grundlagen und Voraussetzungen kennen.

Es gibt einige Nachdenker, Mitdenker , die sich INFORMIEREN, aber denen wird von den Jungen schonmal sauber übers Maul gefahren.
Fazit: leider die nächsten Jahre absolut unwählbar !

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