„Absehbarer Rohrkrepierer“

SPD und Grüne wollen Rx-Versandverbot nicht zustimmen

Berlin - 13.12.2016, 14:00 Uhr

Klares Nein: Einen Tag nachdem das Bundesgesundheitsministerium seinen Gesetzentwurf zum Rx-Versandverbot präsentierte, sprechen sich die Gesundheitsexperten der SPD dafür aus, dem Gesetz nicht zuzustimmen. (Foto: dpa)

Klares Nein: Einen Tag nachdem das Bundesgesundheitsministerium seinen Gesetzentwurf zum Rx-Versandverbot präsentierte, sprechen sich die Gesundheitsexperten der SPD dafür aus, dem Gesetz nicht zuzustimmen. (Foto: dpa)


Die Gesundheitspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion lehnen den vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegten Gesetzentwurf zum Rx-Versandverbot ab. In einer Abstimmung am heutigen Dienstag stimmten die SPD-Gesundheitsexperten gegen den Entwurf und für eine andere Lösung. Die Grünen bezeichnen das Vorhaben als „absehbaren Rohrkrepierer“.

Die Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion hat sich am heutigen Dienstagvormittag getroffen, um über den von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) präsentierten Gesetzentwurf zu beraten. Dem Vernehmen nach kam es zur Abstimmung darüber, ob man den Entwurf unterstützen wolle. Die Antwort war eindeutig: Nein. Die SPD-Gesundheitspolitiker stimmten klar gegen den Entwurf und sprachen sich geschlossen dafür aus, Alternativen zu überprüfen.

Gegenüber DAZ.online erklärte Sabine Dittmar, in der SPD-Fraktion für Apothekenfragen zuständig, dass die Sozialdemokraten einen anderen Vorschlag favorisieren: „Im Ziel sind wir uns einig, dass wir nach dem EuGH-Urteil für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und ausländischen Apotheken sorgen wollen. Die AG-Gesundheit schließt sich dem Entwurf allerdings nicht an und vertritt die Auffassung, dass dies über eine Konkretisierung im SGB V § 129 besser erreicht werden könnte als mit einem Rx-Versandverbot. Das BMG wird deshalb um Prüfung gebeten.“

Zur Erklärung: Edgar Franke (SPD), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag, hatte gegenüber DAZ.online bereits einen Vorschlag ins Spiel gebracht, der in der SPD offenbar immer noch favorisiert wird. Demnach soll versucht werden, den Versandhandel zu erhalten und gleichzeitig Rx-Boni im Sozialrecht zu verbieten oder zu deckeln. Franke, der auch Jurist ist, sagte, dass eine solche Lösung europarechtlich möglich sei. Allerdings legte sich der SPD-Experte bislang nicht fest, ob er die Boni gänzlich untersagen oder auf einen bestimmten Betrag deckeln will. Dittmar erklärte nun, dass sich die SPD immer noch nicht dazu entschieden habe, ob Rx-Boni auf diesem Wege gedeckelt oder verboten werden sollen. Allerdings sagte sie: „Für mich persönlich gäbe es nur eine Lösung, die Boni gänzlich zu untersagen.“

Auch in der Opposition kommt Gröhes Vorschlag zum Rx-Versandverbot gar nicht gut an. Gegenüber DAZ.online erklärte die für Arzneimittel-Themen zuständige Bundestagsabgeordnete der Grünen, Kordula Schulz-Asche, dass sie das Vorhaben ablehne. „Minister Gröhe versucht auf Biegen und Brechen ein Gesetz zu formulieren, das nur ein Zugeständnis an einige Apotheker ist und nicht der Patientenversorgung dient.“ Vielmehr seien jetzt „schnelle und umsetzbare Lösungen, insbesondere für eventuell gefährdete versorgungsrelevante Standorte“ notwendig. Schulz-Asche weiter: „Dafür sind aber dringend Daten notwendig, wenn der Vorwurf des einseitigen Groß-Apotheken-Lobbyismus nicht weiter im Raum stehen soll.“

Grüne wollen Honorar-Reform statt Versandverbot

Die Grünen-Fraktion hatte es vor etwa zwei Wochen geschafft, alle wichtigen Player im Apothekenmarkt erstmals an einen Tisch zu bekommen, um über die Folgen des EuGH-Urteils zu diskutieren. Bei diesem Fachgespräch im Bundestag hatte sich Schulz-Asche bereits dafür stark gemacht, dass Apotheken auf dem Land künftig besser vergütet werden sollen. Und die Grünen-Politikerin bleibt dabei: „Apotheken im ländlichem Raum sind in der Regel gefährdet, wegen des Wegfalls der örtlichen Verschreiber, des Bevölkerungsrückgangs und einer Apothekenvergütung, die eher die städtische Bestlagen honoriert und nicht die wichtigen Nacht- und Notdienstleistungen auf dem Land. Daran wird auch ein Rx-Versandverbot nichts ändern.“

Das BMG beschreibt das Rx-Versandverbot in seinem Gesetzentwurf als alternativlos. Eine höhere Honorierung der Apotheker sei aufgrund der GKV-Finanzen nicht machbar und Boni dürfe man nicht zulassen, weil sonst das Sachleistungsprinzip in Frage gestellt werden könnte, heißt es im Entwurf. Schulz-Asche gibt dem vom BMG vorgelegten Papier keine Zukunft: „Der Gesetzentwurf ist keine Lösung des Problems, sondern der Versuch, die eigenen Versäumnisse zur gesundheitlichen Versorgung in Stadt und die Land über den Bundestagswahltermin zu retten“, sagte sie. „Europakritische Ressentiments mit der Besitzstandswahrung großer Präsenzapotheken zu verbinden, sollte im Interesse einer gesicherten Versorgung in der Zukunft vermieden werden. Gefragt sind jetzt keine absehbaren Rohrkrepierer, sondern tragfähige Lösungen, wie wir sie in unserem Fachgespräch thematisiert haben. Leider hat Minister Gröhe diesen Ansatz nicht übernommen und verhindert gemeinsame konstruktive Lösungen zu Lasten einer nachhaltigen und modernen Medikamentenversorgung. Wir sind gespannt, wie sich jetzt der Koalitionspartner verhält.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Bitte einmal ALTERNATIVLOS.

von Christian Timme am 13.12.2016 um 23:17 Uhr

Viele Köche verderben den Brei. Bitte einmal ALTERNATIVLOS als ein eigennütziges rot-grünes Gezerre mit Zeitschinden und auf Kosten der Präsenzapotheken. Für was haben wir ein BMG, einen Gesundheitsminister, Beamte etc., doch nicht um einem Koalitionpartner und einer Oppositionspartei nur eine Bühne selbstverliebter Eigendarsteller zu bieten. Die hier zum Teil eingebrachten geistigen Bremsergüsse sind die Rohrkrepierer und der Rest fließt ganz schnell ab. Herr Gröhe bitte einmal Vollreinigung.

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rx vesandverbot

von Dr. Radman am 13.12.2016 um 19:45 Uhr

Rein rechnerisch bräuchte man die SPD nicht. .die Union und die linke reichen aus, um das Gesetz durchzuboxen.

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