Cochrane-Review

Gewichtsverlust durch Metformin, Orlistat oder Sibutramin?

Stuttgart - 13.12.2016, 08:30 Uhr

Cochrane-Review zur Gewichtsabnahme bei Kindern und Jugendlichen mit starkem Übergewicht: Wenig Verlust, wenig Aussagekraft der Studien. (Foto: Dmitry Vereshchagin / Fotolia)

Cochrane-Review zur Gewichtsabnahme bei Kindern und Jugendlichen mit starkem Übergewicht: Wenig Verlust, wenig Aussagekraft der Studien. (Foto: Dmitry Vereshchagin / Fotolia)


Helfen Arzneimittel adipösen Kindern und Jugendlichen dabei abzunehmen und sind sie sicher? Dieser Frage geht ein aktueller Cochrane-Review nach.

Ein neuer Cochrane Review hat die Datenlage zur medikamentösen Therapie des starken Übergewichts bei Kindern und Jugendlichen bis März 2016 aufgearbeitet. Die aktuelle Studienauswertung ist Teil einer Reihe von assoziierten Cochrane-Reviews zur Behandlung der Fettleibigkeit in dieser Altersgruppe. In die Bewertung aufgenommen wurden randomisierte kontrollierte Studien mit einer Interventionsdauer von mindestens drei Monaten und einem sechsmonatigen Follow-up ab Baseline. 

2500 Teilnehmer in 21 Studien

21 abgeschlossene und acht laufende Studien mit Wirkstoffen, die teilweise nicht für diese Indikation zugelassen sind, erfüllten die Einschlusskriterien. Sie bewerteten Metformin (elf Studien), Sibutramin (sechs Studien) und Orlistat (vier Studien). Ein Testarm untersuchte die Kombination von Metformin und Fluoxetin. Die laufenden Studien bewerten Metformin (vier Studien), Topiramat (zwei Studien) und Exenatid (zwei Studien). Insgesamt nahmen fast 2500 Personen an den eingeschlossenen Studien teil, wobei knapp 1500 auf die medikamentöse Intervention randomisiert waren. Achtzehn Studien verwendeten ein Placebo in der Vergleichsgruppe. Die Dauer der Interventionsperiode reichte von zwölf bis 48 Wochen und die Dauer der Nachuntersuchung (Follow-up) ab Baseline von sechs Monaten bis zu 100 Wochen. 

Primäre Zielparameter: Änderung des BMI und Gewichtsabnahme

Die primären Zielparameter in den Studien waren Veränderungen des Body-Mass-Indexes, Gewichtsveränderungen und Nebenwirkungen. Bei Kindern wird der BMI häufig in etwas abgewandelter Form bestimmt, nämlich unter Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht, Gewicht und Höhe (BMI z-Score). Nach den Ergebnissen von 16 Studien (1884 Teilnehmer) lag die mittlere BMI-Änderung in den Kontrollgruppen zwischen einer Senkung um 1,8 kg/m2 und einem Anstieg um 0,9 kg/m2 , während in den Interventionsgruppen eine durchschnittliche Senkung des BMI  um 1,3 kg/m2 festgestellt wurde. Der gleiche Effekt trat für die Gewichtsveränderung ein. Im Schnitt verloren Kinder und Jugendliche in den Interventionsgruppen 3,9 kg mehr Gewicht als diejenigen in den Kontrollgruppen (11 Studien, 1180 Teilnehmer). Beide, die BMI- und die Gewichtsabnahme zeigten sich unter den Wirkstoffen Sibutramin, Metformin und Orlistat. 

Nebenwirkungen unter Verum und Placebo

Im Schnitt berichteten die Studienautoren 24 schwere Nebenwirkungen in den Interventions-Gruppen und 17 in den Vergleichsgruppen, jeweils pro 1000 Teilnehmer. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen in den Orlistat-und Metformin-Studien waren gastrointestinale Störungen (z. B. Diarrhoe und leichte Bauchschmerzen) und in den Sibutramin-Studien erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie), Verstopfung und hoher Blutdruck. Die Fluoxetin-Studie berichtete über trockenen Mund und lose Stühle.

Geringer oder sehr geringer Evidenzgrad 

Die Cochrane-Autoren bewerten den Evidenzgrad der Befunde zur Wirksamkeit insgesamt als gering oder sehr gering. Als Gründe hierfür wird die zu geringe Anzahl an Studien pro Ergebnisparameter und an eingeschlossenen Kinder oder Jugendlichen angeführt, neben den Abweichungen in der  Studienergebnissen. Außerdem halten sie die Follow-up-Zeiträume nach der medikamentösen Intervention in vielen Fällen für zu kurz. Hinzu kommen hohe Dropout-Raten von insgesamt 25 Prozent.

Metformin, Orlistat und Sibutramin wirken

Immerhin zeigt die Datenauswertung nach der Schlussfolgerung der Reviewer, dass  pharmakologische Interventionen (hier: Metformin, Sibutramin, Orlistat und Fluoxetin) bei adipösen Kindern und Jugendlichen geringe Auswirkungen auf die Senkung des BMI und das Körpergewicht haben können. Um die langfristigen Effekte jeder pharmakologischen Intervention umfassend beurteilen zu können, seien jedoch weitere Studien mit ausreichender Aussagekraft und längerfristigem Follow-up erforderlich.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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