Nationale Strategie

China will die traditionelle Medizin wiederbeleben

Stuttgart - 13.12.2016, 17:30 Uhr

Das Ephedrakraut wird in der Traditionellen Chinesischen Medizin unter anderem bei Lungenerkrankungen eingesetzt. (Foto: marilyn barbone)

Das Ephedrakraut wird in der Traditionellen Chinesischen Medizin unter anderem bei Lungenerkrankungen eingesetzt. (Foto: marilyn barbone)


Wie die chinesische Regierung bekanntgab, will sie die Traditionelle Chinesische Medizin deutlich ausbauen. Innerhalb von drei Jahren soll jeder Bürger Zugang zu Versorgung mit traditioneller Medizin haben – auch um Gesundheitsausgaben einzusparen. Das Land sieht darüber hinaus weitere Exportchancen.

Obwohl moderne evidenzbasierte Medizin in China auch außerhalb der Metropolen immer mehr Verbreitung findet, ist die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) im Land weiterhin prominent vertreten. Landesweit gab es 2015 nach Informationen der Regierung rund 4.000 Krankenhäuser, die auf TCM spezialisiert sind, mehr als 40.000 Gesundheitszentren sowie rund 450.000 Heilberufler, die TCM praktizieren. Im vergangenen Jahr habe es 910 Millionen Patientenbesuche in TCM-Zentren gegeben.

In der vergangenen Woche hat die Regierung von Präsident Xi Jinping nun ein Strategiepapier vorgelegt, das helfen soll, die traditionellen Heilverfahren im Land auszubauen. TCM habe in seiner langen Geschichte „einzigartige Ansichten über das Leben, die Gesundheit und Erkrankungen sowie die Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten“ erbracht, heißt es. In dem Papier schreibt das Informationsbüro des chinesischen Staatsrats, das die TCM auch durch Innovation immer wertvoller geworden sei.

TCM hilft der chinesischen Nation

„Die TCM wurde vollständig in China entwickelt – und ist nun in der Lage, Gesundheitsdienstleistungen für den kompletten Lebenszyklus der Bürger anzubieten“, erklärte der Direktor der Staatsverwaltung für Traditionelle Chinesische Medizin, Wang Guoqiang, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Seine Behörde gehört zum Ministerium für Gesundheitswesen und Familienplanung.

TCM und „westliche“ Medizin hätten unterschiedliche Stärken, erklärte Wang. In China arbeiteten sie zusammen, was er als eine für den Ausbau des Gesundheitssektors einzigartige Eigenschaft ansieht. Das Strategiepapier behauptet, TCM habe auch bei der Verhinderung und Behandlung von großen Epidemien eine wichtige Rolle gespielt. „Die chinesische Nation hat unzählige Naturkatastrophen, Kriege und Seuchen überlebt und entwickelt sich weiterhin gut“, heißt es. „In diesem Prozess hat die TCM einen großartigen Beitrag geleistet“ – und das mit „relativ niedrigen Kosten“.  

„TCM entstammt der chinesischen Kultur“, schreibt die Regierungsbehörde weiter. Sie solle in Bezug auf ideologische Aspekte, den rechtlichen Status und die akademische Weiterentwicklung der westlichen Medizin gleichgestellt werden.  

TCM soll Kosten sparen – und zum Exportschlager werden

Innerhalb der vergangenen sechs Jahre sei laut offiziellen Statistiken der Anteil von Dienstleistungen durch TCM-Einrichtungen von 14 auf rund 16 Prozent leicht angestiegen. Dabei seien die Kosten im Bereich der ambulanten Behandlung in TCM-Kliniken rund 12 Prozent und im stationären Sektor rund 24 Prozent unter denen von Allgemeinkrankenhäusern gelegen. Die Regierung sieht die TCM-Pharmaindustrie auch als Wachstumsmarkt – der 2015 fast 30 Prozent des gesamten Arzneimittel-Umsatzes ausgemacht habe.

TCM würde es allen Ländern auf der Welt ermöglichen, die schnell wachsenden Arzneimittelausgaben zu reduzieren, erklärte der Direktor der Staatsverwaltung für Traditionelle Chinesische Medizin Wang. Und in dem neuen Papier heißt es: „Die chinesische Regierung ist bestrebt, die Entwicklung traditioneller Medizin in aller Welt voranzubringen.“

Forschung spielt keine große Rolle

Das neue Papier setzt auf eine ebenfalls in diesem Jahr beschlossene „nationale Strategie“ auf, wie auch auf frühere Schritte der Regierung. Im vergangenen Jahr hatte der Staatsrat ein TCM-Gesetz erlassen, das die gesetzliche Grundlage für den Pharmabereich ausgearbeitet hat. Laut dem neuen Papier könne mit all diese Maßnahmen die TCM „wiederbelebt“ und in eine neue Entwicklungsstufe überführt werden.

Auf die Erforschung möglicher Wirkzusammenhänge traditioneller Verfahren geht die Behörde nur am Rande ein – und verweist auf bestehende Infrastruktur für klinische Studien und Institute zur Standardisierung der Arzneistoffe. Im vergangenen Jahr hatte die chinesische Pharmakologin Tu Youyou den Nobelpreis den Nobelpreis für Medizin und Physiologie erhalten – für die Entwicklung eines Extrakts aus dem auch in der TCM verwendeten Einjährigen Beifuß zum Malaria-Mittel Artemisinin. Doch eine Strategie für den Ausbau weiterer Forschung zur TCM fehlt in dem Papier. 

Auch in China gibt es in Sachen TCM immer wieder kritische Stimmen, wenn Patienten beispielwiese durch die Anwendung fragwürdiger Methoden oder die Unterlassung erprobter Therapien Schaden erleiden

Komplementäre Therapien: Traditionelle chinesische Medizin (TCM)

Erschienen in DAZ Ausgabe 22/2015 als Teil der DAZ-Reihe „Komplementäre Therapien".

Weitere Themen dieser Reihe: 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

China will die traditionelle Medozin wiederbeleben.

von claudia am 14.12.2016 um 12:31 Uhr

Ich hoffe, das betrifft nicht auch die Bären auf den Gallenfarmen, denen in Käfigen, kaum grösser als sie selbst, jahrelang auf qualvollste Art Galle abgezapft wird:
http://www.geo.de/natur/tierwelt/9886-rtkl-china-die-qual-der-galle-baeren

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