Studien zu legalem Konsum

In Düsseldorf und Bern sollen Apotheken Cannabis abgeben

Stuttgart - 12.12.2016, 12:10 Uhr

Kontrollierter Anbau, legale Abgabe: In Europa gibt es viele Bestrebungen, Cannabis-Konsum zu legalisieren. (Foto: openrangestock / Fotolia)

Kontrollierter Anbau, legale Abgabe: In Europa gibt es viele Bestrebungen, Cannabis-Konsum zu legalisieren. (Foto: openrangestock / Fotolia)


Apotheken sollen statt „Cannabis-Social-Clubs“ Cannabis abgeben

DAZ.online: Wie stehen die Chancen, dass die Studie bewilligt und finanziert wird?

Müller: Wir sind zuversichtlich. Gemäß dem uns vorliegenden Rechtsgutachten ist die Umsetzung im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts bewilligungsfähig. Eine solche Bewilligung wäre eine Ausnahmebewilligung für den Anbau, die Einfuhr, die Herstellung und das Inverkehrbringen von Cannabis, die das dafür zuständige Bundesamt für Gesundheit gestützt auf Artikel 8 des Betäubungsmittelgesetzes erteilen kann. Da ein solches Forschungsvorhaben als Humanforschungsprojekt einzustufen ist, ist zuvor die Einholung einer Bewilligung der kantonalen Ethikkommission nötig. Aktuell ist die Studie bei der Kantonalen Ethikkommission eingereicht. Die Bewilligung ist noch ausstehend. Sobald diese Bewilligung vorliegt, werden wir die nächsten Schritte in Angriff nehmen.

DAZ.online: Was wären Alternativen zu einem legalen Verkauf in Apotheken? Warum untersuchen Sie präferiert den Weg über die Apotheken?

Müller: Grundsätzlich könnte ein regulierter Verkauf auch über andere Strukturen als die Apotheken erfolgen. Denkbar wären zum Beispiel auch spezialisierte Cannabis-Geschäfte oder „Cannabis-Social-Clubs“ wie in Spanien. Wir haben uns im Rahmen des Pilotprojekts für die Apotheken entschieden, weil damit eine bestehende, hochprofessionelle Infrastruktur genutzt werden kann. Die Apotheken genießen das Vertrauen der Bevölkerung und haben das nötige Fachwissen im Umgang mit Betäubungsmitteln. Auch verfügen die Apotheken bereits über Dispositive betreffend Sicherheit und Kontrolle und kennen die Herausforderung, Kundinnen und Kunden auf Probleme anzusprechen.

DAZ.online: Haben Sie bereits Feedback seitens der Apotheker auf Ihren Studienansatz bekommen? Wie waren die Reaktionen?

Müller: Ja. Anfang Juni haben Gemeinderätin Franziska Teuscher und ISPM-Direktor und Studienleiter Prof. Matthias Egger anlässlich der Vereinsversammlung des Stadtbernischen Apothekervereins den Anwesenden das Forschungsprojekt zur Cannabisregulierung vorgestellt. Das Vorhaben stieß auf offene Ohren, erntete aber auch Kritik. Während die einen den Kontakt zu Cannabiskonsumentinnen und Cannabiskonsumenten als Chance für die Prävention sehen, steht für andere die Glaubwürdigkeit der Apotheken auf dem Spiel. Rund 15 Apothekerinnen und Apotheker signalisierten Interesse an einer Teilnahme.

DAZ.online: Was sehen Sie als das größere Problem an? Dass es überhaupt Konsum von Cannabis gibt oder das Schwarzmarkt-Geschehen – und warum?

Müller: Bis jetzt wurde bei Cannabis hauptsächlich auf Repression gesetzt – mit mäßigem Erfolg. Wir brauchen in unserer Arbeit einen anderen Fokus: Es ist an der Zeit, die Prävention und die Aufklärung zu verstärken. Und das können wir nur erfolgreich tun, wenn wir den Konsum entkriminalisieren und den Cannabis-Markt regulieren. Denn über einen regulierten Markt können wir Einfluss nehmen auf die Qualität des Cannabis, können sicherstellen, dass Cannabis nur an Erwachsene verkauft wird und wir treten in Kontakt mit den Konsumenten, weil diese das Cannabis nicht mehr auf der Straße kaufen, sondern in einer Apotheke, einem konzessionierten Laden oder Club. So erkennen wir auch den problematischen Umgang mit Cannabis besser und können dort gezielt mit unseren Kampagnen und unserem Beratungsangebot ansetzen.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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