AOK-Bundesverband zum AMVSG

AOK will Apothekern weniger Geld für Rezepturen geben

Berlin - 08.12.2016, 23:20 Uhr

Weit voneinander entfernt: Der AOK-Bundesverband sieht keinen Grund für die Honorarerhöhung der Apotheker und fordert sogar eine Absenkung der Vergütung im Rezepturbereich. (Foto: dpa)

Weit voneinander entfernt: Der AOK-Bundesverband sieht keinen Grund für die Honorarerhöhung der Apotheker und fordert sogar eine Absenkung der Vergütung im Rezepturbereich. (Foto: dpa)


Der AOK-Bundesverband spricht sich in seiner Stellungnahme zum Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz vehement gegen eine Honorarerhöhung für die Apotheker aus. Der Kassenverband findet sogar im Gegenteil, dass die Apotheker an einer bestimmten Stelle für Rezepturen derzeit schon zu viel abrechnen können.

In der kommenden Woche treffen sich im Bundestag alle wichtigen Fachverbände aus dem Gesundheitswesen, um über das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) zu beraten. Für die Apotheker enthält das Gesetz eine wichtige Honoraranpassung in den Bereichen Rezepturherstellung und BtM-Abgabe. Für die Abwicklung von BtM-Rezepten sollen die Pharmazeuten künftig 2,91 Euro erhalten. Im Bereich der Rezepturherstellung können die Apotheker künftig ein neues Fixhonorar in Höhe von 8,35 Euro (abzüglich Kassenabschlag) abrechnen.

Der AOK-Bundesverband hat beim Bundestag am heutigen Donnerstag seine Stellungnahme zu dem Gesetz eingebracht. Die politische Vertretung der elf AOKen in Deutschland lehnt eine Erhöhung des Apothekenhonorars ab. Das Königsargument des Verbandes: Es liegen keine Daten vor, die eine solche Anpassung rechtfertigen würden. So heißt es in dem Papier: „Es erscheint fraglich, ob die Honoraranpassung anhand der tatsächlichen Kosten- und Einnahmesituation der Apotheker gerechtfertigt ist. Bisher sind keine belastbaren Nachweise über die wirtschaftliche Notwendigkeit vorgelegt worden.“ Der AOK-BV weist auch auf das noch laufende Gutachten zum Honorar hin, das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben worden war. Diese Ergebnisse sollten abgewartet werden.

AOK-BV will Festzuschlag deckeln

Statt es dabei zu belassen, fordert der Kassenverband eine Änderung, die die Vergütung der Apotheker im Rezepturbereich verringern würde. Zur Erklärung: Derzeit können die Apotheker bei Rezepturen einen Festzuschlag in Höhe von 90 Prozent des Einkaufspreises des verwendeten Arzneimittels abrechnen.

Doch der AOK-BV sieht in dieser Regelung einen Fehler: Denn auch wenn der Apotheker bei der Herstellung nur Teile einer Packung des Fertigarzneimittels zur Rezepturherstellung verwende, könne er 90 Prozent des Preises der gesamten Packung in Rechnung stellen. „Dies führt insbesondere bei hochpreisigen Fertigarzneimitteln dazu, dass bei der Preisbildung Gewinnmargen entstehen, die im Verhältnis z. B. zur Herstellung von parenteralen Zubereitungen und Abrechnung der anteilig verarbeiteten Fertigarzneimittel als unverhältnismäßig hoch anzusehen sind“, heißt es in der Stellungnahme.

Der Verband rechnet beispielsweise vor, dass bei dem Festzuschlag einer Standard-Rezeptur aus Ammonaps Granulat grundsätzlich 1436,71 Euro abgrechnet werden könnten, obwohl die ganze Packung gar nicht verwendet worden sei. Die AOKen wünschen sich daher, dass im Gesetz zu verankern sei, dass künftig nur noch die tatsächlich verwendeten Mengen in Rechnung gestellt werden. Außerdem solle der Zuschlag gedeckelt werden: Mehr als 250 Euro sollten die Pharmazeuten pro Rezeptur nicht mehr abrechnen dürfen, fordert der Kassenverband.

AOK-Bundesverband will Zyto-Verträge beibehalten

Der AOK-Bundesverband beschwert sich zudem über die Begründung der Bundesregierung zur Erhöhung des Apothekenhonorars. Die Bundesregierung hatte die Anpassungen unter anderem mit der Sicherstellung der Versorgung und dem Aufwand der Apotheker begründet. Aus Sicht der AOK bekommen die Apotheker nun aber mehr Geld, ohne dass die Regierung ein neues Leistungsspektrum für Versicherte benennt. „Änderungen beim Leistungsspektrum, bei der Versorgungsqualität oder im Hinblick auf die regionalen Versorgungsangebote bleiben ausdrücklich aus“, heißt es in dem Papier.

Der Kassenverband sorgt sich daher auch darüber, dass die Apotheker künftige Honorarforderungen auf Basis dieser Argumente geltend machen könnten. „Mit dieser Regelung dürfte der Grundstein für künftige, intensive Debatten über weitere, zügige Honorarsteigerungen für Apotheker gelegt werden: Weder wird definiert, was eine Sicherstellung der Versorgung in diesem Kontext konkret umfasst bzw. wann sie als gefährdet anzusehen ist, noch ist der in der Begründung verborgene „Regionalansatz“ klar umrissen – erst recht nicht im Hinblick auf Pflichten für die Apotheker bzw. Rechte für die Versicherten. In dieser Form ist die Regelung ein Blankoscheck für die Apotheken für Vergütungssteigerungen ohne weitere Verpflichtungen.“

AOK will Zyto-Modell weiterführen

Das AMVSG enthält neben der Honoraranpassung für Apotheker mehrere Neuregelungen im Bereich der Arzneimittelpreisbildung. Die Bundesregierung will in erster Linie die Beschlüsse aus dem Pharmadialog umsetzen. Mit dabei sind Maßnahmen im Bereich der Vertraulichkeit von Arzneimittelpreisen, einer Umsatzschwelle für neue Medikamente sowie einem Arzneimittel-Informationssystem für Ärzte. Außerdem hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) noch mehrere Maßnahmen zur Zytostatika-Versorgung in das Gesetz eingebaut. Künftig sollen die Kassen die Versorgung mit Krebsarzneimitteln nicht mehr bei Apotheken ausschreiben dürfen. Vielmehr sollen die Kassen mit den Herstellern der verwendeten Arzneimittel Rabattverträge abschließen.

Da die AOK Vorreiterin des Systems der Apotheken-Verträge ist, widerspricht sie auch dieser Neuregelung. Der AOK-BV, der die Ausschreibungen im Auftrag einzelner AOKen durchgeführt hatte, weist darauf hin, dass das Ausschreibungssystem über Jahre hinweg problemlos funktioniert habe. „Zu Unrecht“ seien die Verträge in den vergangenen Monaten kritisiert worden. Wie schon zuvor, behauptet der Bundesverband, dass die AOK-Verträge die Versorgung sogar näher an den Patienten herangeholt hätten, weil sich Lieferwege teilweise verkürzt hätten. Die AOKen wollen die Apotheken-Verträge daher behalten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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8 Kommentare

Unsere lieben Götter von der Krankenkasse

von Alexandra Massen am 12.12.2016 um 10:54 Uhr

Von welchem "neuen Leistungsspektrum" spricht denn die AOK? Seit Jahren verrichten wir ständig neue Aufgaben, an denen ganz sicher nicht die Apotheker verdienen, sondern die Krankenkassen, vor allem die AOK. Diese Aufgaben verrichten wir unentgeltlich, weil wir einfach zu doof sind, gemeinsam aufzutreten und ausserdem keine richtige Lobby haben, auch wenn die Öffentlichkeit das anders sehen mag, weil sie bewusst falsch informiert wird.
Wenn also endlich mal eine geringfügige Erhöhung der Apothekerbezüge erfolgen sollte, ist das allenfalls eine nicht mal ansatzweise adäquate Annäherung des Entlohnens von Aufgaben, die in der Vergangenheit von uns gratis erledigt wurden.
Zum anderen möchte ich mal sehen, ob auch nur EIN EINZIGER Angestellter oder Vorstand der AOK oder einer anderen Krankenkasse auch seit Jahren zum gleichen Gehalt arbeitet! Schade, daß deren Gehaltserhöhungen nicht die Apotheker bestimmen können oder wenigstens die Versicherten!
Ich habe die ständigen Anfeindungen so satt! Wenn sie wenigstens gerechtfertigt wären, aber sich ständig gegen falsche Vorurteile und bewusst falsch gestreute Informationen über Apotheken und Apotheker verteidigen zu müssen, zermürbt einen einfach.
Das Geschrei ist erst dann groß, wenn die Apotheken weg sind und nachts um 4 keiner mehr das Nasenspray für 1,94 € holen kann.

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Einmalherstellung

von Benjamin Lieske am 10.12.2016 um 9:06 Uhr

Naja, da das Granulat 1600 Euro im EK kostet ist die Einmalherstellung schon wieder ein Verlustgeschäft (wenn die hier erwähnten Zahlen stimmen). Bereichern sieht für mich anders aus.

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Begründung der AOK

von S. Just am 09.12.2016 um 7:35 Uhr

Das Beispiel der AOK macht das Argument "wir", die Apotheken, bekämen schon genug (zu viel?) für die Rezepturherstellung, meines Erachtens unglaubwürdig.
Wie oft werden denn hochpreisige Ausgangsstoffe verwendet? Gerade Ammonaps...sagt doch die EMA: "Ammonaps wurde unter „außergewöhnlichen Umständen“ zugelassen, da aufgrund der Seltenheit der
Krankheit zum Zeitpunkt der Zulassung nur begrenzte Informationen vorlagen."

Hier versucht die AOK die Regel auf Grund der Ausnahme abzuschaffen.

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Gehaltsbegrenzung für Kassenkontrolleure

von Dr. Peter Post am 08.12.2016 um 22:17 Uhr

Nicht nur tausende Apotheker verdienen sich goldene Nasen durch Abrechnung von Rezepturen unter Verwendung von teuren Fertigarzneimitteln, nein, auch zehntausende Kassenverwaltungsfachangestellte erhalten Wahnsinnsgehälter zu Lasten der Solidargemeinschaft ohne erforderliche Leistung, weil die Kontrolle von Beitragseingängen durch selbst erstellte Einzüge offensichtlich überflüssig ist.

Im übrigen fehlt im AMVSG noch der Ausgleich für apothekerliche Leistungen bei der Rabattarzneimittelabgabe, nämlich a) Abschaffung des Kassenrabatts auf dieselben, weil die ja schon rabattiert sind und b) Rabattarzneimittelabgabezuschlag (z.B. € 20) für das Herausfinden des jeweils rabattierten Produkts.

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Rezeptur

von Anna Pioda am 08.12.2016 um 18:36 Uhr

Mit der Vergütung der meisten Rezepturen kann nicht mal die Putzfrau für die Rezeptur bezahlt werden.
Und wenn das Personal im Handverkauf mit der Beratung Gewinn macht, dann gehört dieser nicht in die Hände der KK.

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Weihnachtsgans

von Christian Springob am 08.12.2016 um 18:22 Uhr

Seit Jahren sind wir die Sklaven der Krankenkassen, sorgen mit großem technischen Aufwand - eigenfinanziert - dafür, dass alleine durch Rabattverträge millardenschwere Einsparungen gemacht werden, die zum Mästen der Krankenkassen verwendet werden. Diese bekommen den Hals nicht mehr voll. Anstatt mal fair mit Vertragspartnern umzugehen, wird man an allen Ecken und Kanten kontrolliert, selbst der Dreck unter den Fingernägeln wird einem nicht gegönnt. Rezepturen - damit können wir nicht reich werden - fordern im Alltag viel Zeit, die bekanntlich Geld kostet. Hinzu kommen die aufwändigen Dokumentationsvorschriften. Anstatt hier ordentlich honoriert zu werden, schnattern die fetten Gänse noch nach mehr Futter von denen, die mit am wenigsten Kosten im System verursachen. Pfui über solch ein Verhalten.

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AW: Weihnachtsgans

von Anna Pioda am 08.12.2016 um 18:38 Uhr

Mit der Vergütung der meisten Rezepturen kann nicht mal die Putzfrau für die Rezeptur bezahlt werden.
Und wenn das Personal im Handverkauf mit der Beratung Gewinn macht, dann gehört dieser nicht in die Hände der KK.

AW: Weihnachtsgans

von Gerrit Linnemann am 09.12.2016 um 10:10 Uhr

Besser kann man es nicht beschreiben!

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