Wegen EuGH-Streit

ABDA tritt unter Protest aus Managed-Care-Verband aus

Berlin - 07.12.2016, 09:00 Uhr

Keine Lust mehr auf BMC: Die ABDA ist aus dem Bundesverband Managed Care ausgetreten, weil der die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes forderte und die Apotheker als eigentliche Gewinner des EuGH-Urteils sieht. (Foto: dpa)

Keine Lust mehr auf BMC: Die ABDA ist aus dem Bundesverband Managed Care ausgetreten, weil der die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes forderte und die Apotheker als eigentliche Gewinner des EuGH-Urteils sieht. (Foto: dpa)


Der „Bundesverband Managed Care“ beheimatet große Gesundheitsverbände, Pharmaunternehmen und Krankenkassen – und verliert nach Informationen von DAZ.online nun die ABDA als Mitglied. Grund: Eine Presseerklärung, in der der Verband Apotheker als EuGH-„Gewinner“ sah und gegen das Mehrbesitzverbot plädiert. Eine andere Apotheker-Vereinigung ist allerdings noch Mitglied.

Eine Presseerklärung des Bundesverbands Managed Care (BMC), in dem Apotheker indirekt als die eigentlichen Gewinner des EuGH-Urteils erklärt werden, erregte die Gemüter vieler Apotheker. Brisant: Die ABDA ist selber Mitglied in diesem Dachverband, der eigenen Angaben zufolge innovative Versorgungsmodelle unterstützt und sich als Innovationsforum im Gesundheitswesen versteht. Die Antwort falle kurz aus – aber „umso deutlicher“, erklärt Pressesprecher Reiner Kern auf Nachfrage von DAZ.online. „Wir haben im zurückliegenden Monat – Ende November – eine schriftliche außerordentliche Kündigung gegenüber dem BMC ausgesprochen“, sagt er.

Während Kern nach Veröffentlichung der Erklärung des BMC zunächst erklärt hatte, die ABDA wolle das Gespräch mit dem BMC aufnehmen, sah sie wohl keine Aussicht auf eine einvernehmliche Beilegung der Auseinandersetzung. „Das ist hausintern diskutiert und besprochen worden als die richtige und vernünftige Reaktion auf die Pressemitteilung des BMC zum EuGH-Urteil“, sagt Kern. Die Äußerungen seien in keiner Weise mit der ABDA als betroffenem Mitglied diskutiert und besprochen worden. „Mehr dazu gibt es nicht zu sagen“, erklärt der Pressesprecher. 

Goodbye Gründungsmitglied

Die ABDA war quasi eines der Gründungsmitglieder des BMC, welcher 1997 seine Arbeit aufnahm. „Wesentlicher Beweggrund dafür war, der wachsenden Bedeutung der Vernetzung von Akteuren im Gesundheitswesen Rechnung zu tragen“, erläutert ABDA-Sprecher Kern. Dem Verband gehören viele Pharmafirmen, Krankenkassen, Gesundheitsdienstleister oder Verbände von Heilberuflern an, die sich insbesondere auch einer Zusammenarbeit und „integrierten Versorgung“ auf lokaler Ebene verschrieben haben – beispielsweise über Selektivverträge.

Der BMC hatte in seiner Presseerklärung geschrieben, durch das EuGH-Urteil öffne sich die „Tür für den Arzneimittel-Versandhandel“ wie auch eine „flexiblere Preisgestaltung in der deutschen Apothekenlandschaft“. Der Verband sieht dies als Chance für Pharmazeuten: „Neue Wettbewerbsparameter im Apothekenmarkt haben enormes Entwicklungspotenzial für das Berufsbild des Apothekers“, erklärt der Vize-Vorstand des BMC, Ralf Sjuts. Laut Geschäftsführerein Susanne Ozegowski solle nun auch die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes angepackt werden – und Apotheken sollten vermehrt in Verträge zur Integrationsversorgung nach § 140b SGB V einbezogen werden. „Selektivverträge stellen nur für denjenigen ein Problem dar, der nicht mitmacht“, sagte sie in der Erklärung. 

Droht ein weiterer Apotheker-Austritt?

Mit der niedersächsischen Apothekerkammer ist noch eine zweite Apothekerorganisation Mitglied im BMC. „Wir teilen die kritische Einschätzung der ABDA in dieser Angelegenheit uneingeschränkt“, erklärt deren pharmazeutischer Geschäftsführer Frank Dombeck auf Nachfrage gegenüber DAZ.online. „Nebulöse Aussagen einer ‚Weiterentwicklung‘ und ‚Chance‘ für die Apotheker hören sich schön an, bleiben aber darüber hinaus ohne konkrete Substanz“, kritisiert er. Von daher erwecke die Pressemitteilung seiner Ansicht nach den Eindruck, dass hier „finanziell stark engagierten Förderern“ eine Plattform gegeben werde.

Doch die Kammer will – anders als die ABDA – dem Verband noch eine Chance geben. Der „Gedanke einer Interessengruppen-übergreifenden Zusammenarbeit“ möglichst vieler Akteure stünde im Mittelpunkt, erklärt Dombeck. „Das ist auch unser Anliegen gewesen als wir uns vor rund zwei Jahren für eine Mitgliedschaft ebenda entschieden haben“, erläutert er. Es sei „wesentlich einfacher und bequemer“, sich immer auf eine „kritisch destruktive Art“ in die Mitgestaltung großer Herausforderungen wie die unserer Gesundheitsversorgung der Zukunft zu reduzieren – als auch einmal über Partikularinteressen hinaus „über den Tellerrand“ zu blicken.

Zusammenarbeit statt Flickschusterei

„Keiner der zahlreichen Protagonisten unseres diversifizierten Gesundheitssystems wird die Herausforderungen alleine bewältigen können“, betont der Geschäftsführer. Von daher bedürfe es des „ideologisch unvoreingenommenen Miteinanders“: Dombecks Einschätzung nach setze man sich ansonsten „fahrlässig der jahrelangen ‚Flickschusterei‘ der Politik“ aus. „Vor einem Austritt aus einem Verband, dem man freiwillig beigetreten ist, sollte zunächst der Dialog mit dem Verband über die geäußerten Inhalte und Meinungen stehen“, betonte Dombeck. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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