Chemotherapie bei Brustkrebs – ja oder nein?

Biomarker-Tests bringen derzeit keinen Erkenntnisgewinn

Köln - 05.12.2016, 17:15 Uhr

Derzeit entscheiden Ärzte aufgrund des klinischen Befundes, ob eine Chemotherapie notwendig ist oder nicht. (Foto: karelnoppe / Fotolia)

Derzeit entscheiden Ärzte aufgrund des klinischen Befundes, ob eine Chemotherapie notwendig ist oder nicht. (Foto: karelnoppe / Fotolia)


Ist nach einer Brustkrebs-OP zusätzlich eine Chemotherapie notwendig oder nicht? Um diese Frage zu beantworten, kommen in manchen Fällen Biomarker-Tests zum Einsatz. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat den Nutzen dieser Tests nun bewertet. Das Fazit: Derzeit kann man bei klinisch hohem und genetisch niedrigem Risiko nicht guten Gewissens von einer Chemotherapie abraten.

Bei bestimmten Brustkrebs-Patientinnen eingesetzte Gen-Tests bringen nach derzeitigem Stand keinen klaren Erkenntnisgewinn bei der Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie. „Der tatsächliche 'Mehrwert' der Biomarker-Tests für die Betroffenen kann erst beurteilt werden, wenn weitere Ergebnisse der laufenden Studien vorliegen», teilte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln am Montag mit. Die Experten hatten vorläufige Ergebnisse der sogenannten MINDACT-Studie ausgewertet.

Mit einer Chemotherapie nach der Entfernung eines Tumors wollen Ärzte, mögliche Metastasen eliminieren  und so Rezidiv verhindern. Wie hoch das Risiko dafür ist, schätzen Mediziner in erster Linie über klinische Werte wie Alter, Zahl der betroffenen Lymphknoten, Tumorgröße und pathologische Untersuchungen des Gewebes ab. Doch gibt es bestimmte Konstellationen, bei denen eine Entscheidung für oder gegen die Chemotherapie schwierig ist. In diesen Fällen erhoffen sich Mediziner von bestimmten Gentests entscheidende Hinweise. Sie untersuchen im Erbgut die Aktivität von Genen, die Auswirkungen auf eine Wiederkehr des Tumors haben.

Bei 20.000 ist der Benefit einer Chemotherapie unklar

In Deutschland erkranken jährlich 70 000 Frauen an Brustkrebs, etwa 80 Prozent von ihnen erleiden nach heutigem Ermessen nie mehr ein Rezidiv, heißt es beim IQWiG. Demnach lässt sich grob geschätzt bei 20 000 Patientinnen nicht sicher sagen, ob sie von einer Chemotherapie profitieren. Bei ihnen ist unklar, ob sie ohne Chemotherapie ein Rezidiv erleiden würden, beziehungsweise ob ihr Krebs überhaupt darauf ansprechen würde. „Wenn das nicht der Fall ist, ist eine Chemotherapie eine unnötige Belastung“, hieß es vom Institut.

In solchen Fällen könnten Biomarker-Tests bei der Entscheidung helfen. Derzeit gibt es in Deutschland vier verschiedene solcher Systeme. Das IQWiG hat sich Studien zu ihnen genauer angeschaut. Die Statistiker wollten wissen, ob die Tests jene Frauen sicher identifizieren, die auf eine Chemotherapie verzichten können.



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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