Beratungs-Quickie

Off Label - Alprazolam als Schlafmittel

München / Stuttgart - 01.12.2016, 07:00 Uhr

Schlaflosigkeit: Wenn Schäfchen zählen nicht hilft, greifen viele Ärzte bei ihren Patienten auf Benzodiazepine zurück. (Foto: Dmitry Pichugin / Fotolia)

Schlaflosigkeit: Wenn Schäfchen zählen nicht hilft, greifen viele Ärzte bei ihren Patienten auf Benzodiazepine zurück. (Foto: Dmitry Pichugin / Fotolia)


Beratungs-Basics

Das Benzodiazepin Alprazolam wirkt angstlösend, beruhigend und muskelentspannend. Der Wirkstoff passiert die Blut-Hirn-Schranke und bindet im Gehirn an den GABA-Rezeptor. Dadurch verstärkt Alprazolam die hemmende Wirkung des Neurotransmitters GABA im Zentralnervensystem (ZNS).

Alprazolam wird zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen angewandt. Bei Angsterkrankungen ist Alprazolam nicht als alleinige Maßnahme einzusetzen, vor allem nicht, wenn Depressionen mit einhergehen. Andernfalls kann eine depressive Symptomatik unter Umständen verstärkt und dadurch das Risiko eines Suizids erhöht werden.

Die Kundin nimmt seit drei Wochen abends eine Tablette vor dem Schlafen ein. Die Verordnung als Schlafmittel bei Schlafstörungen ist zwar häufig, allerdings hat Alprazolam dafür keine Zulassung. Es handelt sich somit um einen Off-Label-Use.

Für die Behandlung mit Benzodiazepinen gilt der Grundsatz, die Dosis so gering und die Anwendungsdauer so kurz wie möglich zu halten. Die übliche Tagesdosis liegt bei 0,5 - 4 mg Alprazolam, aufgeteilt in mehrere Einzelgaben. Bei älteren Patienten ist eine Dosisreduktion erforderlich. Oft reicht bei dieser Patientengruppe eine Dosierung von 0,25 bis 0,5 mg Alprazolam vor dem Schlafengehen aus. Die Tabletten sind teilbar. Die Dosis ist zusammen mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen. Eine Toleranzentwicklung ist möglich.

Die Behandlung mit Alprazolam muss aufgrund möglicher Rebound-Effekte, die zwei bis vier Tage nach abruptem Absetzen auftreten können, auf jeden Fall ausgeschlichen werden. Bereits ab einer Anwendungsdauer von mehr als einer Woche sollte zur Vermeidung von Entzugssymptomen das Absetzen schrittweise erfolgen (maximal 0,5 mg alle drei Tage).

Um die Gefahr einer psychischen und physischen Abhängigkeit zu minimieren, ist die maximale Anwendungsdauer einschließlich der Absetzphase auf acht bis zwölf Wochen zu begrenzen.

Ältere Kunden, die zum ersten Mal ein Benzodiazepin einnehmen, sind auf die erhöhte Sturzgefahr während der Einnahme von Alprazolam (durch Schwindel, Benommenheit und Bewegungs- und Gangunsicherheit) hinzuweisen.

Insbesondere bei älteren Patienten kann es zu psychiatrischen sowie „paradoxen“ Reaktionen wie Unruhe, Reizbarkeit, Aggressivität, Halluzinationen, Psychosen und anderen Verhaltensstörungen kommen, die einen Therapieabbruch erforderlich machen.

Weitere mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem Sedierung (in diesem Fall erwünscht), Ataxie, Kopfschmerzen, Depressionen, Gewichtsveränderungen und selten Atemdepression bei Patienten mit chronischer Atemwegserkrankung. 

Die Reaktionsfähigkeit kann unter der Behandlung eingeschränkt sein.

Der Kundin ist die Gefahr der psychischen und physischen Abhängigkeit mit Entzugs- und Reboundphänomenen zu vermitteln. Feinfühlig ist sie darauf hinzuweisen, dass ihr das Präparat nur kurzfristig bei Angstsituationen, die durch die Trauer ausgelöst werden, eine Hilfe sein kann. 



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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