Monopolkommission

„Sanfter” Wettbewerb mit flexibler Service-Pauschale

Berlin - 28.11.2016, 16:30 Uhr

Die Grünen-Fachtagung war gut besucht. Die geladenen Gäste neben den beiden Grünen-Politikerinnen Katja Dörner und Kordula Schulz-Asche: Reinhard Busse (TU Berlin), Klaus Holthoff-Frank (Monopolkommission), Friedemann Schmidt (ABDA) und Max Müller (DocMorris) (v.l.). (Foto: ks / DAZ.online)

Die Grünen-Fachtagung war gut besucht. Die geladenen Gäste neben den beiden Grünen-Politikerinnen Katja Dörner und Kordula Schulz-Asche: Reinhard Busse (TU Berlin), Klaus Holthoff-Frank (Monopolkommission), Friedemann Schmidt (ABDA) und Max Müller (DocMorris) (v.l.). (Foto: ks / DAZ.online)


Das 2010 von der Monopolkommission vorgeschlagene Modell eines „sanften Preiswettbewerbs“ für Apotheken ist heute aktueller denn je. Davon ist Klaus Holthoff-Frank von der Monopolkommission überzeugt. Bei einem Fachgespräch der Grünen im Bundestag warb er erneut für diesen Ansatz.

„Konsequenzen aus dem EuGH-Urteil für die Arzneimittelversorgung“ – so lautete der Titel eines Fachgesprächs, zu dem die Grünen-Bundestagsfraktion am heutigen Montag geladen hatte. Das Thema war offensichtlich spannend: Der Saal im Paul-Löbe-Haus war bis auf den letzten Platz besetzt. Den „fachlichen Input“ für die spätere Podiumsdiskussion lieferte unter anderem der Generalsekretär der Monopolkommission, Klaus Holthoff-Frank.

Unter ihrem damaligen Vorsitzenden Justus Haucap hatte die Monopolkommission in der Vergangenheit bereits für einige Unruhe bei Apothekern gesorgt. Sie hatte bereits in ihren Gutachten im Jahr 2006 – und noch deutlicher 2010 – den aus ihrer Sicht mangelnden Wettbewerb im Bereich der Apotheken aufgegriffen. Den Ausweg sah sie in einem sogenannten „sanften Preiswettbewerb“  für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Seinerzeit trafen die Vorschläge des Gremiums, dessen Aufgabe es ist, die Bundesregierung zu beraten, in der Politik auf wenig Wiederhall. Dies räumte Holthoff-Frank ein. Doch heute seien die Vorschläge noch immer aktuell und die Rechtslage nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober eine andere. Und so sind für den seit 2012 amtierenden Generalsekretär die Ideen der Kommission von damals klar die bessere Alternative zum derzeit geforderten „Verbot von Versandapotheken“, wie er sagte. Schließlich spielten die Versandapotheken gerade auf dem Land eine wichtige Rolle.

Zunächst warf Holthoff-Frank ein Blick auf die heute wichtigen Wettbewerbsparameter der Apotheken. Das ist an erster Stelle der Standort: Apotheken sind entweder an Orten mit viel Laufkundschaft, etwa in Fußgängerzonen, oder dort, wo Ärzte ansässig sind und sie auf viele „Krankenscheine“ setzen können – gemeint waren „Rezepte”, wie ein Zuhörer nach mehrfacher Verwendung des Begriffs klarstellte. Weil es auf dem Land weniger Ärzte gebe, seien es hier auch weniger Apotheken. Weitere Wettbewerbsfaktoren seien beispielsweise Öffnungszeiten, das Sortiment, Beratungsleistungen, die Freundlichkeit des Personals oder Zugaben. Kein Parameter sei jedoch der Preis – jedenfalls wenn es um verschreibungspflichtige Arzneimittel geht. Es gebe hier auch keine Preissensibilität bei den Patienten, stellte er fest. Offenbar bedauert er dies – und sieht es nicht als Vorteil für den Patienten an, der in gesundheitlicher Not nicht erst noch die Preise unterschiedlicher Apotheken prüfen muss.

Obergrenze zum Schutz vor Ausbeuter-Apotheken

Holthoff-Frank ist überzeugt, dass der Vorschlag der Monopolkommission für einen „sanften Preiswettbewerb“ allen Beteiligten nutzen würde. Der Ansatz des Modells: Die Krankenkassen sollen den Apotheken nur noch den Großhandelseinkaufspreis erstatten. Zuzahlungen und das bisherige Packungshonorar sollen wegfallen. Details zur derzeitigen Zusammensetzung des Fixhonorars ließ Holthoff-Frank lieber aus – „die 16 Cent sind, glaube ich, für den Notdienst“, sagte er. Stattdessen sollen Apotheken sodann selbst bestimmen, welche „Service-Pauschale“ sie vom Kunden verlangen. Sie könnte zwischen null und zehn Euro liegen und damit im Bereich der heutigen Zuzahlungen. Diese Obergrenze würde die Monopolkommission dabei akzeptieren – damit Kunden in Not nicht ausgebeutet werden, etwa wenn eine Apotheke im Nachtdienst eine Monopolstellung einnehmen, wie Holthoff-Frank betonte.

Profitieren könnten von diesem Modell am Ende alle, ist er überzeugt. Die Kassen müssten weniger zahlen, die Patienten könnten gegebenenfalls sparen, je nachdem wie hoch die Pauschale ist. Für die Apotheken sei es auch gut. Zum einen bliebe der Anreiz für Qualitätswettbewerb: Wer gut berate, könne auch eine höhere Pauschale nehmen, sagte der Geschäftsführer der Monopolkommission. Ebenso könnten Apotheken in ländlichen Regionen höhere Pauschalen nehmen.

Holthoff-Frank räumte ein, dass es praktische Probleme – ein paar „Baustellen“ – geben könnte, will man dieses Modell umsetzen. So lasse es etwa die Preisbildung insgesamt außer Betracht. Und es bleibe offen, wie man mit Versicherten umgeht, die von der Zuzahlung befreit sind. Letzteres könne allerdings relativ einfach gelöst werden: Die Patienten gingen zunächst in Vorleistung, könnten sich die gesamte Pauschale dann aber von der Krankenkasse erstatten lassen.

Keine Evidenz fürs Apothekensterben

Zuletzt widmete sich Holthoff-Frank noch dem Thema „Apothekensterben“. Hier ist die Position der Monopolkommission klar. Sie schließe sich da ganz dem Urteil des EuGH an, dass es keine Evidenz dafür gebe, dass freie Preise zu einem Apothekensterben führen. Die Umsätze (!) der Apotheken seien in den vergangenen Jahren beständig gestiegen. Der Anteil des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln am Gesamtmarkt sei minimal – die Angaben schwanken zwischen 0,5 und 3 Prozent. Von der Service-Pauschale sei eher eine positive Steuerungswirkung zu erwarten: Möglicherweise könnte es eine Apotheke weniger in der Fußgängerzone geben, was zu verkraften wäre, dafür gäbe es größeren Anreiz, sich auf dem Land anzusiedeln.

Holthoff-Franks Fazit: Der Verzicht auf Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Arzneimittel führt zu Ineffizienzen und nicht zu einer besseren Arzneimittelversorgung. Hingegen sei der Preiswettbewerb im Interesse der Patienten und nutze den Apotheken auf dem Land eher, als dass er ihnen schade.  



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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8 Kommentare

Lach

von Peter Lahr am 29.11.2016 um 13:37 Uhr

LoL, das ist so ziemlich das Dümmste was ich in den letzten Tagen gelesen habe.

Kasse erstattet uns den Einkaufspreis. OK. Alleine hier habe ich schon bis zu beiden Ohren gegrinst, denn dann kann sie auch direkt mit dem GH abrechnen, wäre zumindest der Retax in Zukunft egal.

Patient zahlt unserer Honorar bzw, das was die Kasse bisher gezahlt hat.
Hier sollte man erstmal den Kassenabschlag canceln, also Mindestzuzahlung für den Patienten die Differenz von EK zu EK+3%+8,51+anteiliger Mwst.

Bei einem Präparat für, zum Glück nicht allzu häufig, 1000€ VK würde das für den Patienten bedeuten: EK brutto zahlt die Kasse: 960,20€
Patient zahlt: 8,51€+25€+6,20€ anteiliger MwSt. Mindestpreis: 39,80€

Für die durchschnittliche 40€ Packung aber "nur" 11,01€ allerdings sind das 6,01€ mehr als die bisherigen 5€. Auch sieht man, dass man mit einer Obergrenze von 10€ betriebswirtschaftlich nicht weit kommen würde wenn man weiss, wie angespannt heute schon die Gewinnsituation bei RX und den heutigen Aufschlägen ist.

Zurück zum Text:
Diese Aufschläge müssten wir also MINDESTENS verlangen und sie müssten auch marktgerecht regelmässig nach oben korrigiert werden wenn wir nun die einmalige Chance dazu bekommen.
Denn, den bei uns gelebten, wirtschaftlichen Widerspruch: Sinkende Preise bei gleichzeitig steigenden Kosten zu verlangen, SO dummdreist waren bisher nur die Krankenkassen in ihrer Denke und ihren Forderungen. Leider aber auch seit Jahren erfolgreich.

Aber es geht ja noch weiter, der Clou zum "Wohle des Patienten":
Wir dürfen ihm diese Zuzahlung erlassen. Ok, dann verkaufen wir demnächst unentgeltlich RX, why not. Öhhhhm, Hä?
Das ist ein Aufruf zur selbstauferlegten Sklaverei, noch schlimmer, denn dass die Kassen uns zukünftig unsere Unterkunft und Essen stellen sehe ich nirgendwo geschrieben. Gequirlte Sch*** ist also noch eine harmlose Beschreibung für diesen Vorschlag (Hirnschlag beim Ideengeber ist wohl eher zutreffend)...

Jetzt aber das Krönchen auf dem Häufchen, die wirklich schillerndste, vor Blödheit triefende Frage:
Was macht man mit den befreiten Patienten?
Zum Einen dürften auf den ERSTEN Blick diese extrem in ihrer Anzahl steigen, da der Patient der vormals 10€ Zuzahlung hatte jetzt mit fast mindestens 10€, maximal, Glivec *überleg* 610€ konfrontiert ist.
Die Kasse winkt fadenscheinig mit der Zuzahlugsbefreiung, aber das ist logischerweise eine Lüge:
DENN, die Kasse stellt es UNS frei, den Aufschlag zu kassieren. Wenn nun ein Patient zu UNS kommt und die Kohle zahlt, mit dem Hintergedanken er würde ja befreit werden und das ziemlich zügig: Falsch!

Die Kasse würde ihm sagen, sie MÜSSEN diese Zuzahlung nicht bezahlen somit MÜSSEN wir das auch nicht und somit müssen wir ihnen auch keine Befreiung ausstellen für etwas von dem sie sich selber befreien könnten indem sie zum richtigen Sklaven ähh Apotheker gehen. WIR zahlen nur was wir müssen, den Einkaufspreis.

Der Patient würde also gezwungenermaßen im Internet bestellen oder bei einem von uns, der auf diese moderne Art der Sklaverei (ohne Essen und Unterkunft) steht.
Die Zuzahlungsbefreiung wandert somit für alle ins Reich der Theorie.

So, und nun abschließend der OOOOOBERHAMMER der als Kirsche im Sahnebett auf dem Krönchen sitzt:
Zum Schutz der Patienten:
Es soll eine Zuzahlungsobergrenze festgelegt werden!

Also ICH verstehe den Spruch "welch Brot ich ess´des Lied ich sing" aber wenn die Krankenkassen UNS nur noch den EK erstatten so haben sie NULL, NIX, NADA das Recht uns irgendwelche Vorschriften zu machen, denn Brot bekommen wir nicht mehr von ihnen. Ansprüche auf Mitsprache bei der Preisgestaltung nach dem generös erstatteten Einkaufspreis??? Mit welchem Recht??? Der Staat ebensowenig, da die Zuzahlung Privatsache wird. Denn wenn es mir offen steht auf jeden Cent Ertrag zu verzichten, so steht es mir auch zu jeden Preis zu nehmen, im Falle des teueren Präparates halt meine bisherige Spanne oder eventuell auch mehr.

Aber vielleicht ist der Vorschlag ja auf alle Handelsstufen vorgesehen und hier wurde nur ein Teil veröffentlicht und wir regen uns umsonst auf.
Also nach dem Motto:
Kasse zahlt UNS den Taxe GH EK, WIR aber zahlen dem GH den HAP und der GH dem Hersteller den Herstellungspreis. Jeder kann jedem alles erlassen aber maximal 10€ aufschlagen bzw. ganz frei entscheiden..

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Herr, wirf Hirn vom Himmel

von Thomas Luft am 29.11.2016 um 0:14 Uhr

Also mal angenommen, wir würden uns auf so ein Modell (Großhandelseinkaufspreis wird von den Krankenkassen erstattet. Zuzahlungen und das bisherige Packungshonorar sollen wegfallen) einigen, frage ich mich wie das funktionieren soll. Eine durchschnittliche Apotheke hat derzeit 30.000 Packungen pro Jahr. Wenn wir da auf das komplette "Packungshonorar" in Höhe von 8,35 minus 1,49 Kassenabschlag -also 6,86 Euro- verzichten würden, kostet das jede "durchschnittliche" Apotheke mit einem Umsatz von 2,1 Mio Euro 30.000 mal 6,86 Euro ROHERTRAG! Das sind schlappe 205.800 Euro und damit mehr, als das durchschnittliche Betriebsergebnis vor Steuern und Abgaben von 136.000 Euro.

Verzeihung, können die Damen und Herren "Experten" etwa alle nicht rechnen?

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Auswirkungen

von Karl Friedrich Müller am 28.11.2016 um 20:27 Uhr

Habs mal überschlagen: Dieser "sanfte " Wettbewerb würde mich ( jede andere Apotheke vermutlich auch)
70% meines Einkommens kosten. Wenn dann noch der Großhandel auf die Idee kommt, die Konditionen zu halbieren, hab ich gar nichts mehr.
Es ist schon sehr einfach, anderen in die Tasche zu fassen.
Diese dummen Schwätzer wollen das vielleicht sogar.

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Ausbeuter sind genau wer?

von Karl Friedrich Müller am 28.11.2016 um 17:12 Uhr

sanfter Wettbewerb - schon das ist ein unsäglicher Quatsch.
Dieser Wettbewerb sieht dann so aus, dass die Apotheke keinen Aufschlag mehr nehmen soll...
Warum denken so viele Hirntote, dass die Apotheken irrsinnige Überschüsse erwirtschaften, die breit in die Landschaft gestreut werden können...
Der Patient hat keine Preissensibilität für Rx. Muss er auch nicht haben. Weil ihn das gar nichts an geht. Sachleistungsprinzip. Die Preissensibilität erledigt die KK für ihn....sozusagen...
"Ausgebeutet" werden schlicht nur die Apotheken, jetzt schon und mit dem Model so weit, dass ALLE schließen.

Es ist erschreckend, wie viele Leute über Dinge reden, von denen sie GAR NICHTS verstehen. Und auch noch meinen, Experten zu sein. Wie kommen solche Unwissenden überhaupt in solche Positionen? Gekauft? Erschleimt? Fachwissen kann es nicht sein.
Wieso funktioniert das Land überhaupt noch?
Weil es solche Idioten wie uns gibt, die täglich 12 Stunden arbeiten, dazu Notdienste machen und sich dafür noch öffentlich von Idioten runtermachen lassen müssen (Ausbeuter Apotheken)
Entschuldigung. Wenn ich beleidigt werde, keile ich zurück.

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Pauschale

von Peter Bauer am 28.11.2016 um 17:12 Uhr

Keine Ahnung wieso dieser Mensch seinen Mund zu einem Thema aufmacht,von dem er ganz offensichtlich überhaupt keine Ahnung hat.Wieso soll es den Apotheken auf dem Land besser gehen?Hält er die Landbevölkerung für zurückgebliebener als die Menschen in der Stadt?Ich denke die Versandapotheken sind gerade für die Landbevölkerung ein immer wichtiger werdendes Instrumentarium?Was ist mit Zuzahlungsbefreiung?Wer bezahlt die Auswahl von Rabattartikeln?Das schlimmste ist,dass dieser geistige Durchfall auch noch wahrscheinlich von irgendwem bezahlt werden muß,und wahrscheinlich nicht zu knapp?!?!Keinerlei qualitätsorientierte Preissensitivität.

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Hohes Fachwissen

von Anita Peter am 28.11.2016 um 17:10 Uhr

Eigentlich müsste man jemanden, der den Unterschied zwischen Krankenschein und Rezept nicht kennt, sofort das Micro abdrehen. Hier dürfen sich Menschen äussern, die von der Materie 0 Ahnung haben. Das ist sehr gefährlich!

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Krankenscheine

von Frank ebert am 28.11.2016 um 16:41 Uhr

Was für ein Depp !

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AW: Krankenscheine

von Der Ausländer am 28.11.2016 um 16:51 Uhr

Sehr gut zusammengefasst. Leider gibt davon viel zu viele. Und die Anzahl derer will nicht enden. Es ist zum Heulen...

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