Schweiz

Apothekenmargen geraten unter Druck

Basel - 28.11.2016, 11:05 Uhr

Ausgaben für Arzneimittel in der Schweiz: Bund prüft Margen. (Foto: Schlierner / Fotolia)

Ausgaben für Arzneimittel in der Schweiz: Bund prüft Margen. (Foto: Schlierner / Fotolia)


Bei den Handelsmargen für Arzneimittel in der Schweiz ist noch Luft, glaubt die Organisation der Schweizer Krankenversicherer santésuisse. An diesen „Speck“ will man nun ran.

Nach Angaben des Schweizer Krankenkassenverbandes santésuisse belasteten die Ausgaben für Arzneimittel die Prämienzahler in der Grundversicherung im Jahr 2015 mit rund 6 Milliarden Schweizer Franken. Davon flossen 1,7 Milliarden Franken als Handelsmarge an die Apotheken, Ärzte und die ambulante Versorgung durch die Krankenhäuser. Das sollen nach Berechnungen des Verbandes 458 Millionen Franken mehr sein als in europäischen Vergleichsländern. Diese Erkenntnisse hat der Verband aus seinem fünften internationalen Margenvergleich gezogen. Die Direktorin von santésuisse Verena Nold zu den Folgen für die Versicherten: „Die Medikamentenmargen müssten eigentlich einer wirtschaftlichen Leistungserbringung entsprechen, das tun sie aber nicht. Die Prämienzahler bezahlen unnötig 1,5 Prämienprozente zu viel.“

Deutlich über den effektiven Kosten

Wie der Schweizer „Tages-Anzeiger“ berichtet, führt der Kassenverband die hohen Margen auf überholte Annahmen zurück. Seien doch die heutigen Entschädigungen für das Bestellen und Lagern von Medikamenten zu einer Zeit festgelegt worden, als die Zinsen noch höher waren. Außerdem habe die Informatik das Handling vereinfacht. Die aktuellen Spannen lägen deshalb deutlich über den effektiven Kosten. Dies müsse nun korrigiert werden, meint santésuisse und fordert deshalb vom Gesetzgeber eine zügige Absenkung.

Überprüfung der Margen läuft schon

Offenbar ist die Botschaft angekommen, denn laut Tages-Anzeiger will der Bund jetzt handeln. Man sei derzeit daran, die Margen zu überprüfen, wird Michaela Kozelka, Mediensprecherin des Bundesamts für Gesundheitsschutz (BAG), in einer der letzten Ausgaben zitiert. Das BAG ist für die Gestaltung der Margen zuständig. Neben der Aktualisierung des Berechnungsmodells gehe es auch darum, unerwünschte Anreize bei der Medikamentenabgabe zu verringern. 

Letzte Anpassung vor zehn Jahren

Für die Anpassung der Margen braucht es dann eine Verordnungsänderung. Letztmals hat der Schweizer Bundesrat diese vor zehn Jahren modifiziert. Trotz einer Empfehlung des Preisüberwachers im Jahr 2010 wurden seither keine weiteren Anpassungen nach unten vorgenommen. Was der Bund nun genau plant, will Kozelka laut Tages-Anzeiger noch nicht verraten. Man werde aber „gewisse Parameter aktualisieren“, womit mehrere Millionen Franken eingespart werden könnten. Im Verlauf des nächsten Jahres wolle der Bund entsprechende Vorschläge in die Anhörung schicken. 

Für die Ärzte „kein großes Geschäft mehr“

Der Apothekerverband Pharmasuisse sei bereit, die Entschädigungen neu anzusehen, teilt der Tages-Anzeiger weiter mit. Pharmasuisse-Präsident Fabian Vaucher habe vorgeschlagen, mit der eigentlichen Vertriebsmarge künftig nur noch die Kapital- und Logistikkosten abzugelten. Allerdings müsse die Beratungsleistung in den Apotheken besser entlohnt werden. Unter dem Strich sehe Vaucher kein großes Sparpotenzial.

Einen günstigen Nebeneffekt könnten etwaige Einschnitte bei den Margen allerdings haben, denn die Politik nimmt auch die selbstdispensierenden Ärzte ins Visier. Werde die Marge noch weiter gesenkt, sei die Medikamentenabgabe durch den Arzt „fast nicht mehr kostendeckend“, soll Urs Stoffel, Vorstandsmitglied des Schweizer Ärzteverbandes FMH verlauten lassen haben. Bereits heute, so Stoffel, sei die Selbstdispensation „kein großes Geschäft mehr“.

Wie funktioniert der Margenvergleich?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) der Schweiz stützt sich für die Preisfestsetzung der Medikamente auf neun Referenzländer (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Österreich und Schweden). Diese Länder wurden auch für den Margenvergleich herangezogen. Die Marge in diesen Ländern wurde als Differenz zwischen dem Fabrikabgabepreis und dem Publikumspreis (Fabrikabgabepreis der Hersteller plus Handelsmarge) ohne Mehrwertsteuer berechnet und um die unterschiedlichen Niveaus der Vergleichsländer bei Löhnen, Mieten und Zinsen bereinigt. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.