Prä-Expositionsprophylaxe von HIV

AIDS-Hilfe fordert Kostenerstattung von Truvada

Stuttgart - 28.11.2016, 17:15 Uhr

Truvada ist bislang noch selten in der Hand von Menschen aus Risikogruppen. Verbände fordern nun die Kostenerstattung durch Krankenkassen. (Foto: mbruxelle / Fotolia)

Truvada ist bislang noch selten in der Hand von Menschen aus Risikogruppen. Verbände fordern nun die Kostenerstattung durch Krankenkassen. (Foto: mbruxelle / Fotolia)


In einem gemeinsamen Appell fordern mehrere Verbände die Erstattung von Truvada zur Prä-Expositionsprophylaxe für Risikogruppen. Ein wirksames Mittel gegen HIV-Infektionen dürfte nicht ungenutzt bleiben, erklären sie. Aufgrund hoher Kosten sei das Arzneimittel faktisch nicht verfügbar.

Seit dem Sommer dieses Jahres ist Truvada® nicht nur zur Therapie der HIV-1-Infektion und zur „Post-Expositionsprophylaxe“ (PEP) nach einem Kontakt mit eventuell HIV-kontaminierten Körperflüssigkeiten zugelassen, sondern auch für die Vorbeugung: Die antiretrovirale Fixkombination aus Emtricitabin und Tenofovir kann zur Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) verordnet werden, um Menschen vor einer HIV-Infektion zu schützen.

Die Monatspackung Truvada® schlägt mit 820 Euro zu Buche – wobei sich die Kostenübernahme laut einer aktuellen Studie auch finanziell schnell rechnet. Doch während Krankenkassen die Kosten für die HIV-Behandlung übernehmen, ist dies bei der Vorbeugung noch nicht der Fall. „Damit ist die PrEP für die meisten Menschen faktisch nicht verfügbar“, erklären nun die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG), die Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) und die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) in einer gemeinsamen Stellungahme.

Anpassung des Infektionsschutzgesetzes oder der Impfrichtlinie

Doch da Truvada® die Zahl der Neuerkrankungen nachhaltig senken könne, sei die Zeit „reif für die Einführung der medikamentösen HIV-Prophylaxe in Deutschland“, erklären die Verbände. Sie fordern die Bundesregierung und den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf, „so schnell wie möglich die nötigen Maßnahmen einzuleiten“. Um die Kostenerstattung zu ermöglichen, sollte das Infektionsschutzgesetz oder die Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA angepasst werden.

Die Gruppe der Menschen, für die die PrEP in Frage kommt – laut den Verbänden vor allem schwule und bisexuelle Männer mit häufigen ungeschützten sexuellen Kontakten – sei überschaubar. Gleichzeitig fänden ohne diese Schutzmöglichkeit viele HIV-Infektionen statt. 

Preissenkung sei Schlüssel für HIV-Prävention

Darüber hinaus fordert die AIDS-Hilfe mit ihren Partnern den Truvada®-Hersteller Gilead wie auch andere zukünftige Hersteller auf, PrEP-Arzneimittel „zu einem sehr viel niedrigeren Preis“ anzubieten. „In der Herstellung ist es billig“, erklären die Verbände. „Die Preissenkung ist der Schlüssel zum Einsatz der PrEP in der  Prävention.“

„Im Praxisalltag erleben wir immer wieder Menschen, die sich vor HIV schützen möchten, denen der Schutz mit Kondomen aber nicht immer gelingt“, erklärte Knud Schewe vom Verband der HIV-Ärzte dagnä. „Endlich können wir auch diesen Menschen etwas anbieten“, sagte er laut einer Stellungnahme. Aus ärztlicher Sicht sei es nicht länger verantwortbar, sie abzuweisen. „Das Ergebnis sind vermeidbare HIV-Infektionen“, betonte Schewe.

In anderen Ländern schon Standard

Zwar wird PrEP „das Kondom nicht ersetzen“, wie Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe erklärte. Sexuelles Verhalten sei oft nicht rational steuerbar, erklärte die AIDS-Hilfe – auch würden starke Gefühle wie Leidenschaft oder Angst genauso wie verinnerlichte Handlungsmuster, Alkohol oder Drogen eine wichtige Rolle spielen. Daher benötigten einige Menschen die medikamentöse Prophylaxe, um HIV-negativ zu bleiben. „Die PrEP muss daher ein weiterer Baustein der HIV-Prävention werden“, sagte Urban.

Die Verbände verwiesen darauf, dass auch die Weltgesundheitsorganisation WHO sowie UNAIDS den Einsatz der PrEP empfehlen. In den USA, Frankreich und Norwegen sei die medikamentöse Prophylaxe bereits im Einsatz.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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