Neue Darreichungsformen?

Supramolekulare „hohle Kürbisse“ als neue Wirkstofftransporter

Stuttgart - 17.11.2016, 09:00 Uhr

Genügend Platz: Eine Klasse von Makromolekülen könnte zukünftig für den Wirkstofftransport eingesetzt werden, schreiben Forscher in einer neuen Studie. (Foto: barmalini / Fotolia)

Genügend Platz: Eine Klasse von Makromolekülen könnte zukünftig für den Wirkstofftransport eingesetzt werden, schreiben Forscher in einer neuen Studie. (Foto: barmalini / Fotolia)


Lipophile Substanzen wie Steroide eignen sich besonders

„Unser Spezialgebiet sind die Cucurbiturile, und wir haben nach Bereichen gesucht, in denen unsere Wirtsverbindungen anderen etablierten Transportern wie Cyclodextrinen, Liposomen, Hydrogelen und anderen deutlich überlegen sind“, erklärt Werner Nau, Professor für Chemie und spezialisiert auf supramolekulare Chemie an der Jacobs Universität Bremen. „Unsere Studien haben gezeigt, dass sich die Cucurbiturile besonders gut zum Einschluss und Transport von lipophilen Verbindungen eignen. Auf der Suche nach medizinisch und biologisch interessanten lipophilen Substanzen sind wir dann auf Steroide gestoßen“, erklärt der Professor. Aber auch andere lipophile Wirkstoffe könnten mit den Cucurbiturilen komplettiert und transportiert werden. „Bei Steroiden geht es aber besonders gut“, sagt Nau.

Zu den Steroiden oder Steroid-haltigen Wirkstoffen gehören etwa der Entzündungshemmer Cortisol, die Hormone Testosteron und Estradiol sowie die Muskelrelaxanzien Pancuronium und Vercuronium. Die medizinischen Anwendungsgebiete erstrecken sich dementsprechend von der Behandlung von Asthma, Neurodermitis, Multipler Sklerose und Morbus Crohn bis hin zur Anästhesie. Da sich Steroide als lipophile, also „fettliebende“ Substanzen, nur schwer in Wasser lösen lassen, werden sie bei ihrer Anwendung als Arzneimittel stets mit Wirkstofftransportern verbunden. Bislang werden dazu Cyclodextrine verwendet, ringförmige aus verknüpften Glucose-Molekülen aufgebaute Zucker.

Weniger unerwünschte Wirkungen und günstiger in der Herstellung

Die Cyclodextrine haben allerdings einige Nachteile: Sie beschleunigen die Auflösung so stark, dass manche Menschen die Einnahme von Steroiden schlecht vertragen, so die Wissenschaftler. Das liege auch daran, dass eine relativ hohe Dosis der Wirkstofftransporter gegeben werden müsse, um die Wasserlöslichkeit zu erreichen. „Wir haben festgestellt, dass die Wirtsklasse der Cucurbiturile eine höhere Affinität zu den für den medizinischen Einsatz entscheidenden Steroiden hat als die der Cyclodextrine“, erklärt Frank Biedermann, promovierter Chemiker und als Wissenschaftler am Institut für organische Chemie des KIT an den Untersuchungen beteiligt. Daher könne man von den nun untersuchten Wirkstofftransportern weniger einsetzen, was auch weniger unerwünschte Wirkungen mit sich bringe.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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