Großbritannien

Apotheken-Sparpaket sorgt für Empörung

Berlin - 07.11.2016, 16:50 Uhr

Heftige Einsparungen: Das englische Gesundheitsministerium will den Apothekern einen Teil ihres Gehaltes streichen und eine neue Notrufnummer nur für Apotheken einführen. (Foto: Celesio)

Heftige Einsparungen: Das englische Gesundheitsministerium will den Apothekern einen Teil ihres Gehaltes streichen und eine neue Notrufnummer nur für Apotheken einführen. (Foto: Celesio)


Auch Bedarfsplanung wird geändert

Um die Versorgungsdichte zu verbessern, sollen Bestands-Apotheken, die mehr als eine Meile von der nächsten Apotheke entfernt sind und nach der Abgabemenge nicht im obersten Quartal liegen, in ein neues Pharmacy Access Scheme (PhAS) eingebunden werden können. Die etwa 1350 Apotheken, die hierfür infrage kommen, erhalten für 2016/17 eine zusätzliche Zahlung von durchschnittlich rund 11.600 Pfund und für 2017/18 etwa 17.600 Pfund pro Jahr. Damit sollen sie die Einschnitte beim Gesamtbudget teilweise abfangen können. Das System soll vom 1. Dezember bis Ende März 2018 laufen.

Single Activity Fee für mehrere Leistungen

Auch bezüglich der Einzelvergütungen für die Services soll sich einiges ändern. So werden diverse Einzelhonorare, etwa für die Abgabe, die Belieferung von Wiederholungsverordnungen und die Monatsgebühr für den electronic prescription service (EPS), in einer einzigen Gebühr zusammengefasst (Single Activity Fee, SAF). Diese soll zunächst bei 1,13 Pfund pro abgegebenem Präparat liegen.

Qualitätsbezogene Vergütung

Darüber hinaus werden ab April 2017 qualitätsbezogene Vergütungen eingeführt, mit denen die Apoheken ihr „Salär“ weiter aufbessern können. Hierfür werden für 2017/18 bis zu 75 Millionen Pfund aus dem CPCF-Budget bereitgestellt. Das ist aber kein Selbstgänger. Apotheken, die Qualitäts-assoziierte Honorare abrechnen wollen, müssen nachweisen, dass sie bestimmte Kriterien erfüllen. Hierzu sollen sie zwei Mal im Jahr evaluiert werden. Das Honorar richtet sich dann danach, wie viele Kriterien sie erfüllen und wie viele „Review Points” sie gesammelt haben.

Notrufnummer für Apotheken

Weiterhin sollen die Apotheken sich mehr in die Notfallversorgung einbringen, und zwar im Hinblick auf Wiederholungsverordnungen für rezeptpflichtige Arzneimittel, aber auch bei der Behandlung geringfügiger Gesundheitsstörungen. Dies soll die Notfallversorgung über Ärzte und Krankenhäuser in England spürbar entlasten. In beiden Fällen sollen die Patienten über die Notrufnummer 111 direkt in die nächstgelegene Apotheke dirigiert werden. Bereits ab Januar 2017 will der NHS England beide Modelle in der Praxis evaluieren.

Förderung der klinischen Pharmazie

Außerdem wird ein neuer Pharmacy Integration Fund (PhIF) mit einem Finanzrahmen von 42 Million Pfund für 2016 bis 2018 eingerichtet, der die Apotheken bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen im Bereich der klinischen Pharmazie unterstützen soll.

Auswirkungen ungewiss

Zusammen mit dem Maßnahmen-Paket hat das Gesundheitsministerium ein Dokument vorgelegt, in dem dessen mögliche Auswirkungen beurteilt werden (Impact Assessment Document). Hiernach lässt sich derzeit nicht abschätzen, wie viele Apotheken infolgedessen von der Schließung bedroht sind. Die National Pharmacy Association will die Pläne deswegen gerichtlich anfechten. Ihr Vorsitzender Ian Strachan erklärt: „Es ist beschämend, dass man uns in eine Lage gebracht, in der wir keine andere Option mehr sehen.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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