Lobbyarbeit zur Preisbindung

ABDA will sich mit Ärzten und Buchhändlern verbrüdern

Berlin - 02.11.2016, 17:00 Uhr

Buch- und Arzneimittelpreise bald beide unter Beschuss? Die ABDA warnt davor, dass mit einer wackelnden Rx-Preisbindung auch Festpreise in anderen Bereichen infrage gestellt werden könnten. (Foto: dpa)

Buch- und Arzneimittelpreise bald beide unter Beschuss? Die ABDA warnt davor, dass mit einer wackelnden Rx-Preisbindung auch Festpreise in anderen Bereichen infrage gestellt werden könnten. (Foto: dpa)


Die ABDA hat in ihrer Post-EuGH-Kampagne offenbar einen neuen Kurs eingeschlagen: Dem Vernehmen nach redet die ABDA-Spitze nun mit Berufsgruppen, die ebenfalls von einer festen Preisbindung profitieren, wie etwa Ärzte oder Buchhändler. Die Apotheker wollen darauf hinweisen, dass das Grundprinzip „Gleicher Preis, gleiche Leistung“ in vielen Berufssparten jetzt auf dem Prüfstand stehe.

Nach Informationen von DAZ.online hat die ABDA ihre Mitgliedsorganisationen auf einen neuen Kurs in der aktuellen politischen Arbeit hingewiesen: An erster Stelle steht bei den Apothekern nach wie vor das Rx-Versandverbot. Natürlich hat man sich aber in Berlin die Frage gestellt: Was passiert, wenn das Versandhandelsverbot politisch scheitert? Greift die Politik dann zur Entscheidung, die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente komplett zu kippen, um das Problem irgendwie noch vor der Bundestagswahl „vom Tisch zu haben“?

Um sich vor einem solchen Szenario zu schützen, will die ABDA darüber informieren, welche grundsätzlichen, gesellschaftlichen Auswirkungen es haben könnte, wenn die Preisbindung im Bereich der Rx-Arzneimittel fällt. Inhaltlich will die ABDA darauf hinweisen, dass auch andere Festpreise fallen oder infrage gestellt werden könnten, wenn die Rx-Preisbindung nicht mehr existiert. Die Vertreter der Apotheker sind sich sicher: Das Prinzip „Gleicher Preis für gleiche Leistung“ würde dann zuerst in vielen Bereichen des Gesundheitswesens infrage gestellt werden.

Die ABDA-Spitze hat dem Vernehmen nach auch schon diverse Gesprächstermine mit den Spitzen der Verbände anderer Freier Berufe organisiert. Unter anderem will man sich mit den Spitzen der Ärzteschaft treffen. Denn: Die Ärzte haben für ihre Leistungen zwar keine Preisbindung. Aber durch die Gebührenordnung gibt es sowohl im kassenärztlichen als auch im privatärztlichen Bereich immer die gleiche Bezahlung für die gleiche Leistung. Auch die Ärzte dürften wenig Interesse daran haben, dass diese Konstellation kippt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Buchpreise freigeben

von Gregor Huesmann am 02.11.2016 um 19:58 Uhr

Die Buchpreisbindung verstehe ich schon seit langem nicht. Ein Vergleich mit Arzneimitteln ist völlig unangebracht. Arzneimittel sind lebensnotwendig, Bücher ein Freizeitvergnügen. Warum fordert niemand die Aufhebung der Festpreise bei Büchern?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Buchpreise freigeben

von Andreas Grünebaum am 05.11.2016 um 22:50 Uhr

der arme Buchhändler - wo auch immer. Braucht noch nicht mal mehr die alte , blinde Oma von Gegenüber...

bedingt vergleichbar....

von Martin am 02.11.2016 um 17:48 Uhr

Liebe ABDA,

so edel wie der Gedanke ist, so daneben könnte es gehen. Die Intentionen der Preisbindungen für Bücher und Arzneimittel sind nämlich durchaus verschieden.

Die Befürworter sehen im Buch kein gewöhnliches Produkt, sondern ein Kulturgut, das auf keinen Fall dem freien Markt ausgeliefert sein dürfte.
Die Buchpreisbindung wird argumentativ mit dem Ziel gestützt, ein flächendeckendes Angebot von Büchern als Kulturgut sicherzustellen und hierdurch für die Verlage eine Quersubvention anspruchsvoller Titel oder Fachliteratur mit kleiner Auflage zu ermöglichen. Man befürchtet, daß bei Abschaffung Bestseller zwar billiger werden könnten, wissenschaftliche Literatur aber unbezahlbar teuer.
Zusätzlich wird oft argumentiert, daß durch die Buchpreisbindung der Erhalt kleiner und unabhängiger Buchhandlungen möglich ist, da diese die Titel zu gleichen Preisen wie Ketten oder Internetversender anbieten können.

Aber wie ist die Realität im Buchhandel ? Trotz der Buchpreisbindung erhalten größere Händler immer größere Nachlässe im Einkauf und kleinere Buchhandlungen werden auf diese Weise benachteiligt. Die Konzentration auf die Argumentation der Erhaltung des "Kulturgutes" führte dazu, daß durchaus ein Konsens hierüber besteht. Nur leider unter dem Vorzeichen, daß der Vertriebsweg keine Rolle spielt.
Zugang zum "Kulturgut Buch" ist möglich über klassischen Buchhandel jeder Größe, über Internetversand oder auch durch jeden Supermarkt.
In dieser Diskussion steht "Kulturgut Buch" im Mittelpunkt, nicht der Vertriebsweg.

Wir sollten enorm aufpassen, daß unsere Bemühungen nicht dazu führen, "Arzneimittel als Ware der besonderen Art" gesellschaftlich positiv zu verankern, aber gleichzeitig dazu führen, daß Vertriebswege außerhalb der Vor-Ort Apotheke sogar noch stärker thematisiert werden als bisher. Denn aktuell sehen wir im europäischen Kontext einen klaren Feind und der heißt RX Versand. Im gleichen Kontext gibt es aber viele Begehren und eines davon ist auch die Apothekenpflicht für das eine oder andere Produkt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gleichpreisigkeit & Konkurrenz aus dem Ausland

von Leikert Jürgen am 02.11.2016 um 17:31 Uhr

Ärzte und Buchhandlungen als Beispiel für ein bewährtes System der Gleichpreisigkeit mit ins Boot zu holen, ist wichtig.
Man könnte aber die öffentliche Diskussion auch mal zusätzlich auf die Krankenkassen lenken. Die haben ja auch eine staatliche Monopolstellung in Deutschland. Die 4,9 % Verwaltungskosten könnte man sicher auch senken, wenn man den deutschen Markt für preiswertere ausländischen Krankenkassen öffnet. Ob die Krankenkassenhotline 600 km entfernt in Deutschland oder im europäischen Polen sich meldet, spielt ja nun keine Rolle, oder?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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