Versandhandel

Kassen wollen an die Rx-Boni

Stuttgart - 28.10.2016, 13:25 Uhr

Das EuGH hat den Bonuskuchen angerichtet. Dass die Kassen diesen nicht ganz den Versicherten überlassen wollen, war klar – falls sich das jetzt nicht ohnehin demnächst erledigt hat. (Foto: sashkin / Fotolia)

Das EuGH hat den Bonuskuchen angerichtet. Dass die Kassen diesen nicht ganz den Versicherten überlassen wollen, war klar – falls sich das jetzt nicht ohnehin demnächst erledigt hat. (Foto: sashkin / Fotolia)


Um wie viel Geld geht es eigentlich?

DocMorris schätzt das Einsparpotenzial auf 500 Millionen Euro. Die Rabattverträge haben im vergangenen Jahr mehr als das Siebenfache dieser Summe eingespart, nämlich 3,61 Milliarden. Insgesamt lagen die Ausgaben der gesetzlichen Kassen für Arzneimittel 2015 bei knapp 35 Milliarden Euro. 2016 lagen sie in den ersten beiden Quartalen noch etwas höher als im Vorjahr.

Doch möglicherweise haben sich alle Ideen von DocMorris und den Kassen erledigt. Das Vorhaben von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, den Rx-Versand zu verbieten, dürfte keinem von beiden schmecken. Denn damit wären alle Pläne hinfällig. Der Vorstandsvorsitzende des AOK Bundesverbandes, Martin Litsch, hatte schon gegenüber der FAZ erklärt, man könne den Versandhandel nicht mehr zurückdrehen. Ein Verbot wäre das falsche Signal. Den Gesetzgeber warnte Litsch davor, „Schnellschüsse“ zu produzieren und alle Lösungswege zu prüfen.

GKV-Spitzenverband hält Verbot  für nicht zeitgemäß

Aber genau Letzteres soll Gröhe getan haben. „Der Minister habe zwischen verschiedenen Optionen abgewogen und sich schließlich für das Verbot entschieden,“ heißt es in der Rheinischen Post. Dies bestätigte auch eine Ministeriumssprecherin. Die Reaktionen der Kassen haben erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten lassen. So hält der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Johann-Magnus von Stackelberg im 21. Jahrhundert eine ganze Branche per Gesetz vom Online-Versandhandel ausschließen zu wollen, für nicht zeitgemäß. Zur Arzneimittelversorgung sollten seiner Ansicht nach alle Vertriebswege, die eine sichere Versorgung garantieren, genutzt werden – ob Pick-up-Stellen, Versandhandel oder die traditionelle Apotheke an der Ecke. Vor diesem Hintergrund sollte die Entscheidung des EuGH nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance begriffen werden, erklärte er. Von Stackelberg erkennt außer den Lobbyinteressen der niedergelassenen Apotheker keinen Grund, warum der Online-Versandhandel mit Medikamenten pauschal verboten werden sollte. 

DocMorris hat bereits, bevor es konkrete Pläne für ein Rx-Versandverbot gab, angekündigt, gegebenenfalls vor das Verfassungsgericht zu ziehen. In der FAZ vom Freitag wird Heinrich noch zitiert, dass er nicht davon ausgehe, dass der Versandhandel mit Verschreibungspflichtigem ganz verboten wird.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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