Nach Hurrikan Matthew

Apotheker ohne Grenzen hilft in Haiti

Port-au-Prince - 27.10.2016, 17:00 Uhr


Nach dem schweren Hurrikan sind viele Gebiete Haitis verwüstet, hunderte Menschen starben. Apotheker ohne Grenzen hilft aktuell vor Ort, um die Arzneimittelversorgung sicherzustellen und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten einzuschränken. DAZ.online sprach mit der Geschäftsführerin Eliette Fischbach über die aktuelle Lage. 

Als Hurrikan Matthew Anfang Oktober über Haiti zog, hinterließ er vielerorts Verwüstung und Verzweiflung. Mehr als 800 Personen starben, viele wurden verletzt oder erkrankten beispielsweise aufgrund der schlechten Hygiene-Situation. Apotheker ohne Grenzen engagiert sich bereits seit dem Jahr 2008 in Haiti und hat unter anderem ein Gesundheitszentrum mit aufgebaut. Nach dem Hurrikan hat der Verein schnell reagiert: Zwei Apothekerinnen sowie die Geschäftsführerin Eliette Fischbach reisten Mitte Oktober nach Haiti. Vor ihrer Rückkehr am Donnerstag nach Deutschland telefonierte DAZ.online mit Fischbach, die sich in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince aufhielt.

DAZ.online: Mit wie vielen Kollegen sind Sie nach Haiti gereist, Frau Fischbach – und wie war ihr erster Eindruck?

Fischbach: Ich bin letzte Woche Sonntag zusammen mit einem Team von zwei Apothekerinnen, die Mitglieder bei Apotheker ohne Grenzen und geschulte Einsatzkräfte sind, hier angekommen. Ich bin in Port-au-Prince, weil ich von hier aus die letzten Tage die Koordination übernommen habe. Die Kolleginnen sind auf dem Weg ins Einsatzgebiet im Süden der Insel.

Ich bin das zweite Mal auf Haiti, das erste Mal 2012. Bereits im Jahr 2010 hatten wir einen Nothilfeeinsatz, der in ein Langezeitprojekt übergegangen, in Léogâne. Dort haben wir ein Gesundheitszentrum aufgebaut. Port-au-Prince macht wie auch 2012 einen sehr chaotischen Eindruck. Es ist eine Stadt, die ich mit keinem meiner anderen Einsätze in Afrika in Einklang bringen kann. Im Unterschied zu 2012 ist es nicht schwer, Behördenvertreter zu kontaktieren. Hier gab es auch Regenfälle, aber keine solche Zerstörungen wie in anderen Teilen der Insel. Die Menschen sind sehr arm, es geht den meisten sehr schlecht – unabhängig vom Hurrikan. Daher fällt es in Haiti sehr schwer, zwischen Akuthilfe und Entwicklungshilfe zu unterscheiden, weil die Standards allgemein sehr schlecht sind.

DAZ.online: Wo ist die Hilfe derzeit denn am Wichtigsten?

Fischbach: Unser Einsatzgebiet befindet sich in einem Departement im Süden, das sehr schwer betroffen ist. In der Region leben rund 80.000 Menschen, viele davon nicht in Städten sondern im Hinterland. Wir haben eine amerikanische NGO als medizinischen Partner gefunden, der auch vor Ort ist. Wir werden ein Lager aufbauen mit einer Apotheke, die wir nächste Woche bestücken werden. Mobile Teams mit Krankenschwestern werden zusammen mit unseren Apothekern in die Regionen gehen, wo die Menschen seit dem Hurrikan noch keinen Arzt gesehen haben.

DAZ.online: Was sind denn die größten medizinischen Herausforderungen?

Fischbach: Neben einem medizinischen Kit, das viele Arzneimittel enthält, die in solchen Fällen notwendig sein, haben die Teams auch ein Cholera-Kit mit dabei. So sind wir darauf vorbereitet, falls die Cholera-Fälle weiter steigen werden. Nach dem Erdbeben im Jahr 2010 ist Cholera neu auf Haiti eingeführt worden, seitdem ist das Land die Krankheit nicht mehr losgeworden. Es ist ein schwelendes Problem. Durch den Hurrikan wurde sauberes mit verschmutztem Wasser vermischt, was zu einem Anstieg der Cholera-Fälle geführt hat. Aber es gibt auch andere Erreger, die genauso gefährlich sind.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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