Rx-Preisbindung

EuGH-Urteil bald Thema im Bundestag

Berlin - 25.10.2016, 07:00 Uhr


Schon in der kommenden Sitzungswoche wird der Gesundheitsausschuss über die Folgen des EuGH-Urteils diskutieren, erklärte der Vorsitzende Edgar Franke gegenüber DAZ.online. Der SPD-Politiker sieht klaren gesetzlichen Handlungsbedarf – und Probleme für kleine Apotheken in der Fläche.

Das Urteil, mit dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Rx-Boni-Verbot für EU-ausländische Versandapotheken gekippt hat, hat nicht nur die Apothekerschaft aufgewühlt. Auch unter Gesundheitspolitikern werden die Folgen des Urteils bereits intensiv diskutiert, da viele fürchten, dass insbesondere kleine Apotheken in strukturschwachen Regionen den Wettbewerb mit ausländischen Versandapotheken kaum bestehen könnten. So hat die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) eine Bundesratsinitiative für ein Rx-Versandhandelsverbot angekündigt, der sich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen anschließen wollen.

Das Thema wird bald auch den Bundestag beschäftigen, wie der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) gegenüber DAZ.online erklärte: „Es wird in der nächsten Sitzungswoche sicherlich schon vorberaten werden“, sagte er – diese beginnt am 7. November. Gleichzeitig verwies er darauf, dass auch das Bundesgesundheitsministerium sich des Themas schon angenommen habe.

Als Ausschussvorsitzender will Franke sich derzeit nicht klar positionieren, stattdessen warnt er vor voreiligen Reaktionen. „Ich glaube, man sollte das Urteil wirklich prüfen und gesetzgeberisch keinen Schnellschuss machen“, betonte der Gesundheitsexperte.

Negative Auswirkungen

Seiner Ansicht nach ist das Urteil sowohl ein „Wohlfahrtsgewinn aller chronisch Kranken“ als auch eine Gefahr für kleine Apotheken. Einerseits würden Patienten profitieren, die lange Zeit und ohne nötige Beratung Arzneimittel beziehen – andererseits fürchtet Franke Versorgungsprobleme, wenn sich ausländische Online-Apotheken anders als deutsche Apotheken nicht an die Preisbildung halten müssen. „Für die Apotheken in Düsseldorf oder München ist es kein Problem, aber es ist ein Problem für die Apotheken in der Fläche“, betonte Franke. „Das würde sich in Deutschland objektiv negativ auswirken.“

Für den SPD-Gesundheitspolitiker ist eindeutig, dass nun eine gesetzgeberische Regelung nötig sei. „Es ist eine Wettbewerbsverzerrung, das muss man klar sagen“, erklärte er. „Man muss überlegen, wie man die kleineren Apotheken stärken kann“, sagte Franke. Eine Lösung sei vonnöten, die „vernünftig ist und die Versorgung verbessert“. 

Wie fair ist der Wettbewerb?

Wie schon früher gebe es jetzt Bestrebungen, den Handel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln für Versandapotheken einzuschränken, erklärte der Politiker. „Man würde das Urteil damit im Grunde genommen neutral schalten“, sagte er. „Da muss man sehen, ob das ein gangbarer Weg und vernünftig ist.“ Die SPD sei jedoch schon zuvor für eine „vorsichtige Liberalisierung“ gewesen. „Wettbewerb ist an sich nichts Schlechtes“, betonte Franke. Verschiedene Varianten müssten nun geprüft werden.

Allerdings sieht er durch den Internet-Handel auch eine klare Wettbewerbsverzerrung, da Versandapotheken wie auch Online-Banken deutlich weniger Kosten für Infrastruktur und Personal haben. „Genauso ist es mit einer Online-Apotheke auf der einen Seite und einem kleinen Apotheker vor Ort auf der anderen Seite, der Beratung macht und Ansprechpartner für Patienten ist“, sagte Franke.

Ausnahmen müssen gut begründet werden

Die Entscheidung des Gerichts sei zwar überraschend gewesen, passe aber ins große Bild. „Wenn man sich die Grundstrukturen in Europa anschaut ist es so, dass insgesamt die ganzen Urteile auf Deregulierung zielen“, erklärte der SPD-Politiker. Die Tendenz sei klar, dass der gemeinsame Binnenmarkt favorisiert und nationale Regelungen europarechtlich hinterfragt werden. „Deshalb müssen wir nationale Regelungen immer besonders gut begründen“, betonte Franke. „Ich bin ein Befürworter davon, dass die bewährten Prinzipien unter dem Dach Europa unangetastet bleiben“, sagte er – um nationale Besonderheiten beispielsweise bei der Sozialversorgung berücksichtigen zu können.

Die Urteilsbegründung des EuGH kann der Jurist dabei nicht wirklich nachvollziehen. Das Gericht hatte infrage gestellt, ob die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel tatsächlich eine nötige Voraussetzung für die Versorgung in der Fläche ist. Stattdessen hatten die Richter ihre Entscheidung unter anderem damit begründet, dass kleine Apotheken auf dem Land davon profitieren könnten, wenn sie überdurchschnittliche Preise nehmen könnten.

Argumente überzeugen nicht

„Ich glaube nicht, dass diese Argumentation unbedingt schlüssig ist“, sagte Franke. „Wenn ich eine kleine Apotheke habe, glaube ich nicht, dass ich in der Lage bin, höhere Preise zu nehmen, weil ich ein Monopol habe“, erläutert er. Ausschlaggebend sei vielmehr, wie viele Arzneimittel verkauft werden – doch sei die Zahl auf dem Land oft geringer.

Der SPD-Politiker sieht Chancen, dass eine Gesetzesänderung innerhalb der nächsten zwei Monate beschlossen werden könnte. „Das wäre schon ambitioniert, aber es könnte dieses Jahr noch klappen“, erklärte er. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


6 Kommentare

Franke

von Frank ebert am 25.10.2016 um 12:09 Uhr

Kein Kommentar wegen der Netiqutte. Sie verstehen es einfach nicht !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Sehr geehrter Herr Dr. Franke,

von gabriela aures am 25.10.2016 um 10:34 Uhr


erlauben Sie mir zu Ihren Ausführungen und Überlegungen einige Anmerkungen, bzw. Fragen :

Sie konstatieren einen „Wohlfahrtsgewinn aller chronisch Kranken….einerseits würden Patienten profitieren, die lange Zeit und ohne Beratung Arzneimittel beziehen….“

1.Ich frage mich, WO Sie einen Vorteil sehen ?
Montärer Natur kann er nicht sein, da (bisher) nur ein Rabatt auf die Zuzahlung geben werden darf, was in Form eines Gutscheines erfolgen soll, da die volle Zuzahlung quittiert wird (Aussagen von Max Müller, DocMo).
Es gibt also für die GKV keine Einsparungen.
Es ist - wenn auch nicht direkt- eine Belastung der Solidargemeinschaft der Versicherten, auch wenn DocMo das natürlich „rechtssicher“ gestaltet.

2. Auch Chroniker müssen sich ihre (Folge)Rezepte in der Arztpraxis abholen - nicht im Internet, nicht per Post (außer in Aushnahmefällen, die nicht relevant sein dürften), also muß auch „der Chroniker“ das Haus verlassen, um sein Rezept zu bekommen.
Wo profitiert er da bitte vom Versand, wenn er i.d.R. an einer der „viel zu vielen Apotheken in (s)einem Ort“ vorbeikommt ?
Wo sieht die SPD da eine Erleichterung für das Procedere ?

3. Sollte jemand aufgrund seines schlechten Zustandes nicht mehr in der Lage sein, selber zum Arzt zu gehen, so ist er vermutlich Bewohner einer entsprechenden Pflegeeinrichtung oder wird zuhause umsorgt .
Im ersten Fall bestehen jetzt schon Kooperationen zwischen Heimen und örtlichen Apotheken - mit mehrfacher täglicher Belieferung.
Im zweiten Fall kümmern sich die pflegenden Angehörigen und hier ergibt sich durchaus ein Beratungsbedarf !

4. Apropos Beratungsbedarf:
Dieser besteht auch bei Chrionikern - welchen Sinn macht sonst der kürzlich eingeführte Medikationsplan, der genau auf diese Patientengruppe abzielt ?

Ich könnte noch stundenlang schreiben….da wären Sie aber sicher minderbegeistert !

Ich hoffe auf die (ideologiefreie) Einschätzung der Sitaution und hoffe ,trotz aller Arbeit, auf eine Antwort Ihrerseits.

Mit den besten Grüßen,

Gabriela Aures
Rathaus Apotheke
Untere Marktstr. 5
85080 Gaimersheim


P.S. Rechtschreibfehler bitte entschuldigen ….

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Sehr geehrter Herr Dr. Franke,

von gabriela aures am 25.10.2016 um 10:34 Uhr


erlauben Sie mir zu Ihren Ausführungen und Überlegungen einige Anmerkungen, bzw. Fragen :

Sie konstatieren einen „Wohlfahrtsgewinn aller chronisch Kranken….einerseits würden Patienten profitieren, die lange Zeit und ohne Beratung Arzneimittel beziehen….“

1.Ich frage mich, WO Sie einen Vorteil sehen ?
Montärer Natur kann er nicht sein, da (bisher) nur ein Rabatt auf die Zuzahlung geben werden darf, was in Form eines Gutscheines erfolgen soll, da die volle Zuzahlung quittiert wird (Aussagen von Max Müller, DocMo).
Es gibt also für die GKV keine Einsparungen.
Es ist - wenn auch nicht direkt- eine Belastung der Solidargemeinschaft der Versicherten, auch wenn DocMo das natürlich „rechtssicher“ gestaltet.

2. Auch Chroniker müssen sich ihre (Folge)Rezepte in der Arztpraxis abholen - nicht im Internet, nicht per Post (außer in Aushnahmefällen, die nicht relevant sein dürften), also muß auch „der Chroniker“ das Haus verlassen, um sein Rezept zu bekommen.
Wo profitiert er da bitte vom Versand, wenn er i.d.R. an einer der „viel zu vielen Apotheken in (s)einem Ort“ vorbeikommt ?
Wo sieht die SPD da eine Erleichterung für das Procedere ?

3. Sollte jemand aufgrund seines schlechten Zustandes nicht mehr in der Lage sein, selber zum Arzt zu gehen, so ist er vermutlich Bewohner einer entsprechenden Pflegeeinrichtung oder wird zuhause umsorgt .
Im ersten Fall bestehen jetzt schon Kooperationen zwischen Heimen und örtlichen Apotheken - mit mehrfacher täglicher Belieferung.
Im zweiten Fall kümmern sich die pflegenden Angehörigen und hier ergibt sich durchaus ein Beratungsbedarf !

4. Apropos Beratungsbedarf:
Dieser besteht auch bei Chrionikern - welchen Sinn macht sonst der kürzlich eingeführte Medikationsplan, der genau auf diese Patientengruppe abzielt ?

Ich könnte noch stundenlang schreiben….da wären Sie aber sicher minderbegeistert !

Ich hoffe auf die (ideologiefreie) Einschätzung der Sitaution und hoffe ,trotz aller Arbeit, auf eine Antwort Ihrerseits.

Mit den besten Grüßen,

Gabriela Aures
Rathaus Apotheke
Untere Marktstr. 5
85080 Gaimersheim


P.S. Rechtschreibfehler bitte entschuldigen ….

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

EuGH

von Dr. Radman am 25.10.2016 um 9:51 Uhr

Es hilft wirklich nur RX-Boni-Verbot
...und zwar schnell.

Oder alles freigeben.

Eine dritte Möglichkeit wird nur zu langen Prozessen führen und den Sachverhalt sehr komplizieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: EuGH

von Bernd Jas am 25.10.2016 um 10:49 Uhr

Ja, super, eine dritte Möglichkeit mit langen Prozessen und sehr komplizieren Sachverhalten, dass ist genau das richtige für den Deutschen, insbesondere für uns deutsche Apotheker.
Heureka; wir sind die Quadratur der Kreise, Ellipsen und aller runden Formen die man eckig stauchen kann.

Chronisch Kranke...

von Rolf Lachenmaier am 25.10.2016 um 8:56 Uhr

Chronisch Kranke benötigen also laut Ihnen, Hr. Edgar Franke, KEINERLEI Beratung...
Das sind so die Momente, bei denen sich mir die Fußnägel hochrollen. Sie haben die Geschichte mit dem Medikamentenplan und Arzneimittelsicherheit schon so ein bisschen verstanden, hoffe ich. Gerade bei chronisch Kranken ist es doch wichtig Veränderungen via (Blick-)Kontakt nicht nur beim Arzt festzustellen und denen auf den Grund zu gehen. Sonst wird Ihre angekündigte "Wohlfahrt" des Patienten schnell zur "Himmelfahrt"...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.