Pharmaabsprachen auf dem Prüfstand

Viel Geld für nichts

München - 24.10.2016, 07:00 Uhr

Es fließt viel Geld zwischen Pharmaunternehmen. (Foto: vege / Fotolia)

Es fließt viel Geld zwischen Pharmaunternehmen. (Foto: vege / Fotolia)


Schmerzhafte Sanktionen

Auch ohne solche Maßnahmen sanktionieren die Kartellbehörden bereits heute Reverse Payments. Für die betroffenen Unternehmen ist dies oftmals schmerzhaft, denn die Bußgelder betragen teilweise mehrere hundert Millionen Euro. Darüber hinaus könnten Personen oder Sozialleistungsträger, die aufgrund solcher Vereinbarungen einen Schaden erlitten haben, Schadensersatz verlangen.

So hat die Europäische Kommission im Dezember 2013 Johnson & Johnson ein Bußgeld von 10,8 Millionen Euro und Novartis von 5,5 Millionen Euro auferlegt, weil sie einen Generikahersteller im Rahmen eines Co-Promotion Agreements bezahlt hatten. Damit sollte der Markteintritt des Fentanyl-Generikums, eines Schmerzmittels, verzögert werden.

Im April 2011 leitete die Kommission ein Verfahren gegen den Originalhersteller Cephalon und das Generikaunternehmen Teva ein. Grund war ein Vergleichsvertrag, der einen gerichtlichen Streit zwischen Cephalon und Teva in den USA gütlich beilegte. Nach dieser Vereinbarung verpflichtete sich Teva unter anderem zur Nichtvermarktung von Generika mit dem Wirkstoff Modafinil.

Lundbeck im Fokus der EU

Im Fall des dänischen Pharmakonzerns Lundbeck nahm die EU-Kommission gleich sechs Vereinbarungen unter die kartellrechtliche Lupe, die das Unternehmen mit Generikaherstellern geschlossen hatte. Insgesamt zahlte Lundbeck an diese etwa 66,8 Millionen Euro, damit sie ihre Citalopram-Generika, ein Antidepressivum, für eine vereinbarte Zeit nicht vermarkten.

Der Deal kam Lundbeck letztlich teuer zu stehen. Denn die EU-Kommission verhängte ein Bußgeld von etwas mehr als 146 Millionen Euro – allein die Strafe für Lundbeck betrug mehr als 93 Millionen Euro. Die Entscheidung der EU-Kommission wurde neulich vom Gericht der Europäischen Union bestätigt, ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da die betroffenen Unternehmen sie vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten können.

Fischmann hofft, dass eine härtere kartellrechtliche Sanktionierung von Reverse Payments nicht nur entstandene Schäden wiedergutmacht, sondern auch einen abschreckenden Charakter entfaltet. Für die Pharmahersteller könnte es dann richtig teuer werden.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Die andere Seite der Medaille

von Jonas Fischer am 25.10.2016 um 10:20 Uhr

Diese Berichtertattung scheint mir doch etwas einseitig zu sein. Die forschenden Pharmaunternehmen werden hier als die bösen, teuer vermarkenden Monster dargestellt. Aber was stekt dainter? Sie forschen! Das bedeutet, sie stecken viel Zeit und Geld in ein Produkt, dass dann irgendwann mal auf den Markt kommt - oder auch nicht. Ein Großteil der Projekte wird nämlich gar nicht auf en Markt gebracht, weil es bestimmte Kriterien nicht erfüllt. Auch das verteuert den Forschungsprozess für neue Produkte. Das Patent schützt das Produkt für maximal 20 Jahre. Das bedeutet, dass in dieser Zeit die Kosten für die Forschung wieder eingeholt werden müssen. Bis das Patent bewilligt ist, sind oft schon einge Jahre verstrichen.
Generika-Hersteller machen es sich da einfach: Sie nehmen sich die Produkte, deren Patente abgelaufen sind und kochen sie nach. Kein Geld für Forschung und Entwicklung. Es mag ja auf den ersten Blick eine gute Sache sein, dass die Medikamente billiger werden, aber es geht zu Kosten der forschenden Pharmaunternehmen. Dementsprechend muss man sich dann auch im Klaren sein, dass die Unternehmen weniger Geld in neue Produkte investieren. Es zeichnet sich schon ab: viele Unternehmen bauen Stellen ab oder geben sogar ihre Standorte in Deutschland auf.
Ich will damit nicht sagen, dass ich die Praktik der Reserve Payments gut heiße. Ich will hiermit nur mal aufzeigen, warum die Medikamente das kosten, was sie kosten.

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