Indien

„Superbugs“ im Pharma-Abwasser

Remagen - 21.10.2016, 14:00 Uhr

Unheimliche Superbugs. (Foto: macrovector / Fotolia)

Unheimliche Superbugs. (Foto: macrovector / Fotolia)


Im Flieger nach Europa?

Neben ethischen gibt es aber auch noch andere konkrete Bedenken: „Es ist eine Bedrohung weltweit, wenn Abwässer mit resistenten Erregern in die Umwelt geraten“, wird der Leiter der Abteilung zur Überwachung von Antibiotikaresistenzen am Berliner Robert-Koch-Institut Tim Eckmanns von der ARD-Tagesschau in einem Kommentar zitiert. „Die Erreger können ins Trinkwasser und zu Tieren kommen und darüber auch zum Menschen.“ Reisende könnten diese dann weiter transportieren, im Zweifel in wenigen Flugstunden bis nach Europa.  

Überall auf der Welt

Ein umfangreicher Review der beiden indischen Wissenschaftler Ritu Gothwal und Thhatikkonda Shashidhar vom Indian Institute of Technology in Hyderabad, der im Jahr 2014 im Fachjournal „CLEAR – soli air water“ erschienen ist, erlaubt eine breitere Sicht der Dinge. Hiernach hat die grassierende Verwendung der Antibiotika dafür gesorgt, dass sie überall auf der Welt in natürlichen und künstlichen Systemen zu finden sind. So wurde über die Kontamination von Boden, Sedimenten, Schlamm, Grundwasser, Abwasser, Leitungswasser, Oberflächenwasser (Seen, Bäche, Flüsse, Meer) und Pflanzen mit Antibiotika berichtet. Die Mehrheit der Studien beziehe sich bis dato auf Nordamerika, Europa und China. Unter anderem wiesen mehrere spanische Flüsse, der Po und der Arno in Italien, die französische Seine und der Hoje in Schweden Antibiotika-Befunde auf.   

Kläranlagen als Brutstätten

Kläranlagen sind nach Schilderung der Autoren neben der Produktionslagen für Arzneimittel und Krankenhäuser in ihrem jeweiligen lokalen Umfeld die Hauptquellen, über die die Antibiotika in die natürlichen Systeme gelangen. Aufgrund ihrer besonderen „Lebensbedingungen“ gelten sie sogar als prominente Brutstätten für arzneimittelresistente Kulturen. Detaillierte Analysen von  Klärschlamm aus Kläranlagen verschiedener Länder wie Kanada, China, Spanien, Schweden und USA hätten über Akkumulationen von Antibiotika berichtet. Das heißt, dass die betreffenden Anlagen diesbezüglich insuffizient sind. Was mit den Antibiotika in solchen Anlagen passiert, wisse man nicht genau. Ein Teil werde wahrscheinlich durch Prozesse wie Sorption, biologischen Abbau, Photodegradation und Oxidation abgebaut oder verändert. Die Interaktion der Stoffe und ihrer Metaboliten mit anderen toxischen organischen und anorganischen Komponenten im Klärschlamm und die biologische Potenz dieser Mischungen bleibe jedoch bis dato ein „Geheimnis“.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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