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Medikationsplan – Was Apotheker wissen müssen

Stuttgart - 30.09.2016, 11:30 Uhr

Ein Wegweiser zum Start des neuen Medikationsplans kann Apotheker (Grafik:
BillionPhotos.com/Fotolia | Dok.: Bruhn; cae/DAZ | Montage: joh/DAZonline)

Ein Wegweiser zum Start des neuen Medikationsplans kann Apotheker (Grafik: BillionPhotos.com/Fotolia | Dok.: Bruhn; cae/DAZ | Montage: joh/DAZonline)


Der Countdown läuft: Am 1. Oktober 2016 geht der erste bundesweit einheitliche Medikationsplan an den Start. Worauf müssen Apotheken vorbereitet sein?  DAZ.online gibt Tipps.

Mediaktionsplan – Was Apotheker wissen müssen

Es war ein weiter und nicht gerade einfacher Weg zum ersten Medikationsplan. Ärzte, Apotheker, Fachärzte – wer hat welche Kompetenzen und Pflichten? Wer bekommt welche finanzielle Unterstützung für den Dienst am Patienten, im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit? Wie auch immer: Ab dem 1. Oktober gibt es das viel diskutierte Stück nun, zunächst in Papierform. Ab 2019 soll der Medikationsplan über die elektronische Gesundheitskarte digital abrufbar sein. Er steht gesetzlich versicherten Patienten zu, die dauerhaft mindestens drei systemisch wirkende Arzneimittel anwenden – und diese Patienten stehen dann mit ihrem Plan in der Apotheke. Was dürfen Apotheker beisteuern? Was müssen Apotheker leisten?

Wer hat Anspruch auf den Medikationsplan?

Gesetzlich Versicherte dürfen ab dem 1. Oktober einen Medikationsplan einfordern. Voraussetzung: Sie müssen mindestens drei systemisch wirkende Arzneimittel über einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen anwenden. Privatpatienten haben keinen Anspruch auf den neuen Medikationsplan. Es gibt allerdings Extra-Vereinbarungen mit einzelnen Privatkassen, so können zum Beispiel Apotheker für AXA-Versicherte 30 Euro für einen Medikationscheck abrechnen.

Wer erstellt den Medikationsplan?

Die originäre Erstellung eines Medikationsplans fällt in den Zuständigkeitsbereich der Ärzte, vorzugsweise in den der Hausärzte. Fachärzte sind nur dann gefordert, wenn der Patient keinen Hausarzt hat.

Apotheker sind nicht verpflichtet, den vom Arzt gefassten Plan auf arzneimittelbezogene Probleme zu prüfen. Es steht ihnen natürlich jederzeit frei, dies zu tun. Augenfällige Interaktionen sollten mit dem Arzt besprochen werden.

Wer aktualisiert den Medikationsplan?

Hausärzte, Fachärzte und Apotheken.

Die Aktualisierung des Medikationsplans ist keine „Kann-Option“. Sie ist ab 1. Oktober Pflicht. Für Apotheken gilt dies allerdings nicht in allen Fällen:

Müssen Apotheker den Medikationsplan aktualisieren, wenn der Patient keine Arzneimittel kauft?

Nein. Wörtlich heißt es im Gesetz: „Auf Wunsch des Versicherten hat die Apotheke bei Abgabe eines Arzneimittels eine insoweit erforderliche Aktualisierung des Medikationsplans vorzunehmen“ (§ 31a Absatz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch). Die unentgeltliche Dienstleistung der Apotheke hinsichtlich Medikationsplan ist folglich an eine Arzneimittelabgabe gekoppelt. Die Verpflichtung zur Aktualisierung betrifft somit auch nur Arzneimittel, die der Patient in der Apotheke bezieht. Er muss also entweder sein Rezept in der Apotheke einlösen oder Arzneimittel aus dem Sortiment der Selbstmedikation kaufen. 

Ein Privatpatient kommt mit einem Medikationsplan in die Apotheke ...

... dieses Szenario wird wahrscheinlich eher rar gesät sein, da in privaten Krankenversicherungen versicherte Patienten vom Anspruch auf den neuen Medikationsplan ausgenommen sind. Sind Apotheker dennoch in der Pflicht, Medikationspläne dieser Patientengruppe auf den aktuellen Therapiestand zu bringen?

Nein. Es bleibt den Apotheken freilich unbenommen, diesen Service anzubieten. Ist der Kunde darüber im Voraus aufgeklärt worden, ist es auch legitim – anders als beim bundeseinheitlichen Medikationsplan – hierfür eine Gebühr zu erheben.

Was ergänzen und ändern Apotheker?

  1. Verschreibungspflichtige Arzneimittel, die noch nicht im Plan erfasst sind. Der Patient löst das Rezept hierfür in der Apotheke ein.
  2. Änderungen bei Arzneimittelnamen, wenn Rabatt-Arzneimittel abgegeben werden müssen.
  3. OTC-Arzneimittel

Wer darf in der Apotheke den Medikationsplan ändern?

Das ist eine Frage, die tatsächlich nicht ganz eindeutig zu beantworten ist. Ist nur der Approbierte oder das gesamte pharmazeutische Personal berechtigt? Der BMP-Vertrag hält sich bedeckt oder macht es sich einfach: die Apotheke. 

Geändert wird, wenn es pharmazeutisch Sinn macht. Über pharmazeutischen Sinn entscheidet das pharmazeutische Personal – wenn der Apothekenleiter der pharmazeutischen Beratungstätigkeit seines pharmazeutischen Personals zugestimmt hat. Das regelt die Apothekenbetriebsordnung in § 20. Dies vorausgesetzt, dürfen Apotheker und PTA die Aktualisierung des Medikationsplans vornehmen. Aber auch Personen, die noch in der Ausbildung zum Apotheker oder zur PTA sind, Pharmazieingenieure, Apotheken- und Apothekerassistenten.

Wie ergänzen Apotheker?

In der Sprache der Patienten. Der Medikationsplan soll den Patienten unterstützen, seine Arzneimittel regelmäßig und richtig einzunehmen. Entsprechend ist es wichtig, dass die Sprache des Medikationsplans patiententauglich ist und dieser den Plan auch versteht. Anlage 3 zur Vereinbarung gemäß § 31a Abs. 4 Satz 1 SGB V gibt konkrete Hinweise, wie Darreichungsformen und Dosiereinheiten in eine patientenfreundliche Sprache transformiert werden können. So sollten Filmtabletten schlicht als Tabletten bezeichnet werden, Fertigspritzen werden zu Spritzen und Dosieraerosol zum einfachen Spray. Diese Vorgaben sind verpflichtend, allerdings nicht, wenn handschriftlich geändert wird. 

Nicht immer werden mit einer vereinfachten Bezeichnung alle Spezifikationen des Arzneimittels vollständig abgedeckt. Wird die Augen- und Nasensalbe zur Salbe vereinfacht, so erfordert dies eine weitere Detailierung, dass der Patient die Salbe wiederum korrekt und an den richtigen Körperstellen anwendet. Die Spalte „Hinweis“ im Medikationsplan bietet Raum für derartige Spezifikationen.

Im Sinne der Lesbarkeit sollten jedwede Ergänzungen im Umfang überschaubar bleiben. Apotheker und Ärzte sollen sich hier auf das Wesentliche beschränken.

Brauchen Apotheker eine spezielle Software für den Mediaktionsplan?

Der Medikationsplan verfügt in der rechten oberen Ecke über einen 2D-QR-Code. Dieser kann von gewöhnlichen Barcode-Scannern nicht gelesen werden. Apotheken-Softwarehäuser haben sich dieser Lücke angenommen. So hat beispielsweise Awinta ein Zusatzmodul entwickelt (Awinta Medikationsplanmanager) und rüstet derzeit Apotheken, die mit ihrer Software arbeiten, damit aus. Der Medikationsplan wird beim Scannen des Codes erkannt, kann elektronisch geändert und abschließend für den Patienten neu ausgedruckt werden.

Apotheken, die bislang nicht mit einer entsprechend fähigen Soft- und Hardware ausgestattet sind, dürfen den Medikationsplan manuell ändern. Diese Möglichkeit der handschriftlichen Aktualisierung steht Apotheken bis zum 31. Dezember 2018 offen.

Bei handschriftlichen Änderungen empfiehlt es sich, den Code unkenntlich zu machen. Dies beugt vor, dass beispielsweise beim nächsten Arztbesuch der veraltete Plan eingelesen wird. 

Wie sieht`s mit dem Datenschutz aus?

Patientenbezogene Daten sind sensibel, der Datenschutz ein rechtlich heikler Bereich. Benötigen Apotheker eine zusätzliche Einwilligungserklärung der Patienten? Oder sind sie datenschutzrechtlich durch die Vereinbarungen einer vielleicht bestehenden Kundenkarte abgesichert?

Fein raus sind Apotheker – zumindest bis Ende 2018 – wenn sie lediglich manuelle Änderungen am Plan vornehmen. Eine elektronische Datenverarbeitung und -speicherung findet hier nicht statt.

Hat der Patient keine Kundenkarte, ist auch dann keine Einwilligungserklärung vonnöten, wenn die Apotheke die Daten nach Ausdrucken des neuen Plans sofort wieder löscht.

In den allermeisten Fällen haben Multimedikationspatienten eine Stammapotheke und dort eine Kundenkarte. Nun hat jede Apotheke ihre ganz eigenen Datenschutzformulare hierfür – pauschale Aussagen, ob mit einer Einverständniserklärung zur Kundenkarte gleichermaßen auch die Daten zum Medikationsplan abgedeckt sind, sind somit nicht einfach möglich. 

Datenschutzexperte und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Torsten Gerhard, sieht Apotheker dann rechtlich abgesichert, wenn eine bereits erfolgte, schriftlichen Einwilligung zur Kundenkarte Sätze wie „patientenbezogene Daten zu meiner Medikation“ umfassen. 

Ein expliziter Bezug „ Alle Daten im Rahmen des Bundeseinheitlichen Medikationsplans“ stellt nach Ansicht des Juristen die sicherste Variante dar.

Das können Apotheker ihren Patienten mitgeben: Merkblatt 

Der beste Medikationsplan ist unnütz, wenn der Patient diesen nicht zu seinen jeweiligen Arzt- und Apothekenbesuchen mitbringt. Die ABDA hat auf ihrer Homepage bereits im August 2016 eine Merkhilfe speziell für Patienten hinterlegt, die konkret die Vorteile des Medikationsmanagements für Patienten aufzeigt. Die DIN A4-große Information kann von Apotheken ausgedruckt und den Medikationsplan-Patienten mit an die Hand gegeben werden. Insbesondere zur Einführung des Medikationsplans unterstützt diese Maßnahme das Verständnis beim Patienten – und hoffentlich seine Adhärenz.

Die aktuelle  Ausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung beleuchtet ausführlich die Baustelle Medikationsplan, Zerplatzte Träume der Apotheker hierbei und wirft das Rampenlicht auf den Medikationsplan – ein Theater.

Hilfreiche Links und Vorlagen für den Apotheken-Alltag



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Danke für den Überblick

von Andreas P. Schenkel am 30.09.2016 um 18:47 Uhr

Wie ich schon vermutet hatte: Bei Arzneiabgabe ist Apotheke u.U. verpflichtet, dieses abgegebene AM als Gratisleistung zu ergänzen. Ansonsten nicht. Oder mit Obolus gemäß apothekeneigener Gebührentabelle.

Und vor allem: Kurz und knapp. Wobei ich noch selbst am Überlegen bin: Besser handschriftlich ein paar Worte dazuschreiben (ich kann auch schön schreiben, wenn ich langsam schreibe) oder ausdrucken und drantackern? Handschriftlich geht rascher und tut's genauso, zumindest wenn's Schönschrift ist. Der Apotheker als Kalligraph, sozusagen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Drei - nicht mehr als drei

von Michael Schmitz am 30.09.2016 um 12:04 Uhr

".. die dauerhaft mehr als drei Arzneimittel einnehmen" ist nicht ganz korrekt. Einen Anspruch auf den Mediplan gibt es bei der Einnahme von drei oder mehr Arzneimitteln.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Mindestens drei Arzneimittel ...

von Celine Müller am 30.09.2016 um 12:13 Uhr

Lieber Herr Schmitz, vielen Dank für Ihren richtigen Hinweis. Es wurde geändert.

Viele Grüße

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