Verstorbene Krebspatienten

Der Heilpraktiker und die Verschreibungspflicht

Stuttgart - 04.10.2016, 09:30 Uhr

Das „Biologische Krebszentrum“ in Brüggen-Bracht: Nach Todesfällen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. (Foto: dpa)

Das „Biologische Krebszentrum“ in Brüggen-Bracht: Nach Todesfällen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. (Foto: dpa)


Der Heilpraktiker verstieß offenbar gegen andere Pflichten

Offen ist allerdings ohnehin, ob nachgewiesen werden kann, inwiefern 3-BP die Todesfälle verursacht hat. „Faktisch ist über die Wirkungsweise ziemlich wenig bekannt“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Das stellt uns in der strafrechtlichen Betrachtung vor erhebliche Herausforderungen.“ Die Gerichtsmedizin könne hierzu bislang fast nichts sagen, dabei wäre der Wirkungsnachweis für die strafrechtliche Betrachtung entscheidend.

Doch offenbar hat der Heilpraktiker gegen eine andere Vorschrift verstoßen: Bei der Selbstherstellung von Arzneimitteln muss er dies vorab der zuständigen Gesundheitsbehörde anzeigen, was er jedoch nicht tat. Dieser Aspekt kann strafrechtlich relevant werden, wenn es durch die nicht angezeigte Herstellung zu einem minderwertigen Produkt kam, wie der Sprecher betont. Jedoch bedarf es auch hier noch weiterer Ermittlungen. „Da es für 3-BP keine Referenzgröße gibt, ist die Frage, was „minderwertig“ ist, ausgesprochen schwierig“, erklärte er.

War die Substanz „völlig harmlos“?

Doch laut einem Apotheker, der die Substanz für Ärzte und Heilpraktiker in Deutschland hergestellt hat, sei 3-BP „völlig harmlos“ – wenn es richtig hergestellt wird. Die Lösung sei mit einem pH-Wert von 2 an sich sehr sauer. „Wir passen den pH-Wert an und überprüfen das Endprodukt“, sagte der Apotheker gegenüber DAZ.online. Offen ist, inwiefern der Heilpraktiker die entsprechenden Kenntnisse hatte. Der Apotheker sagte, er hätte mehr als 1400 Ampullen des Mittels verkauft – ohne dass es zu Problemen gekommen sei. Inzwischen musste er eine Rückrufaktion starten. Er habe dem Heilpraktiker in Brüggen-Bracht auch einige wenige Ampullen verkauft. Doch wie die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich bestätigte, stellte der Heilpraktiker das Mittel für die verstorbenen Patienten selber her.  

Außerdem untersucht die Staatsanwaltschaft, inwiefern der Internetauftritt des Heilpraktikers zulässig war: Er warb damit, dass 3-BP „das aktuell beste Präparat zur Tumorbehandlung“ ist und besser wirke „als die heutigen Chemotherapeutika“. 

Laut dem Sprecher kooperiere der Heilpraktiker mit den Ermittlungsbehörden. Die Klärung des Falls wird jedoch wohl noch eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Derweil erhoben Politiker aller Bundestagsfraktionen Forderungen, den Bereich der Alternativmedizin zukünftig strenger zu regeln.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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