Verstorbene Krebspatienten

Der Heilpraktiker und die Verschreibungspflicht

Stuttgart - 04.10.2016, 09:30 Uhr

Das „Biologische Krebszentrum“ in Brüggen-Bracht: Nach Todesfällen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. (Foto: dpa)

Das „Biologische Krebszentrum“ in Brüggen-Bracht: Nach Todesfällen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. (Foto: dpa)


War die Substanz verschreibungspflichtig?

Doch umstritten ist aktuell ein anderer Punkt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erklärte zwischenzeitlich, 3-BP sei nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) verschreibungspflichtig. Paragraph 48 sagt, dass Arzneimittel mit Wirkstoffen, deren Wirkungen in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind, der Verschreibungspflicht unterliegen. „Bei 3-Bromopyruvat (3-BP) handelt es sich nach hiesiger Einschätzung um einen solchen Stoff“, betont das BfArM. „Damit dürfen entsprechende Arzneimittel (Fertigarzneimittel sowie Rezeptur- und Defekturarzneimittel) zur Anwendung beim Menschen nur bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden.“

Diese Aussage enthält eine erhebliche Brisanz, denn somit wären viele Wirkstoffe verschreibungspflichtig, die von Heilpraktikern angewandt werden. Doch diese dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel nur an Patienten abgeben, wenn ihnen ein Rezept eines Arztes vorliegt. Für den Bereich der Alternativmedizin könnte dieser Aspekt daher erhebliche Auswirkungen haben.

Unklare Erkenntnislage

„Da wir dazu noch keine abschließende Bewertung der entsprechenden Ordnungsgremien haben, muss die Frage erstmal offenbleiben“, erklärte der Sprecher. So werde noch geklärt, inwiefern die vom Heilpraktiker selber hergestellte Lösung mit 3-BP als Arzneimittel zu werten ist: Eine Interpretation sei, dass es sich um ein fertiges Medikament handeln muss, um unter die Verschreibungspflicht zu fallen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Derzeit wird noch geprüft, inwiefern es bei einer Eigenherstellung und direkten Verabreichung durch den Heilpraktiker anders aussieht. „Weil das eine relativ amorphe Erkenntnislage ist, sage ich dazu gar nichts“, erklärte er.

Dass diese Fragen erst jetzt aufgebracht wurden, könnte für den Heilpraktiker aus Brüggen-Bracht positive Auswirkungen haben: Nach dem Stand der Erkenntnisse hätte er die Anwendung von 3-BP wahrscheinlich als zulässig ansehen dürfen, sagte der Sprecher. Auch hätte es laut den bisherigen Recherchen damals wenig bis keine Erkenntnisse gegeben, dass es sich um einen bedenklichen Stoff handeln würde.  



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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