Daniel Föst, Generalsekretär FDP Bayern

 „Wir brauchen keine Phantomdebatte über Apothekenketten“

Berlin - 30.09.2016, 07:00 Uhr

Keine Liberalisierungsvision: Daniel Föst, Generalsekretär der FDP Bayern, widerspricht seinem Parteikollegen Fischbach und meint, dass es im Apothekenmarkt derzeit kieinen Handlungsbedarf gebe. (Foto: FDP Bayern)

Keine Liberalisierungsvision: Daniel Föst, Generalsekretär der FDP Bayern, widerspricht seinem Parteikollegen Fischbach und meint, dass es im Apothekenmarkt derzeit kieinen Handlungsbedarf gebe. (Foto: FDP Bayern)


Mit seinen Äußerungen zur Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes sorgte der FDP-Politiker Matthias Fischbach für Aufsehen in der Apothekerschaft. Nun wird klar: Für seinen Vorschlag zur Liberalisierung des Apothekenmarktes wird Fischbach voraussichtlich keine Mehrheiten in der FDP finden. Das zumindest erklärt der Generalsekretär der FDP Bayern, Daniel Föst, im Interview mit DAZ.online.

DAZ.online: Herr Föst, auf die Aussagen ihres Parteikollegen Matthias Fischbach zur Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes haben Sie verärgert reagiert. Warum?

Daniel Föst: Erstens haben wir in der FDP einen Erneuerungsprozess durchlaufen: Wir haben uns vorgenommen, Probleme zu lösen. Und eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes löst keine Probleme, es ist eine Phantomdebatte. Unser Apothekensystem funktioniert gut. Zweitens gibt es im Gesundheitswesen viele andere, wirklich existierende Missstände, die die FDP Bayern thematisiert und angehen will.

DAZ.online: Welche wären das?

Föst: Es gibt große Probleme im Krankenhausbereich: Die OP-Zahlen sind außer Balance geraten, und in vielen Bereichen gibt es eine Überversorgung im stationären Bereich. Auch im Arzneimittelbereich gibt es Probleme: Wir steuern bei Arzneimitteln auf Lieferengpässe zu und haben überhaupt keinen Notfallplan für die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass in Deutschland eine Arzneimittel-Rohstoff-Reserve gebildet wird. Wir importieren im Arzneimittelbereich fast alle Wirkstoffe aus dem Ausland. Im Krisenfall müssen wir in der Lage sein, selbst Arzneimittel herzustellen.

DAZ.online: Ihr Parteikollege ist der Meinung, dass die großen Marken der Apothekenketten ein Qualitätsversprechen seien. Was sagen Sie dazu?

Föst: Gerade die FDP steht dafür, dass Qualität auch aus kleinen und mittelgroßen Unternehmen kommen kann. Warum ein Konzern eine bessere Qualität anbieten kann als eine kleine, inhabergeführte Apotheke, erschließt sich mir überhaupt nicht. Sie sehen ja beispielsweise in England, dass die Beratung in den Filialen der großen Ketten nicht immer auf höchstem Niveau abläuft, von der Unabhängigkeit der Beratung ganz zu schweigen.

Ziemlich sicher, dass der Antrag keine Mehrheit findet

DAZ.online: Dennoch könnte es einen Antrag beim Landesparteitag zur Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes geben. Sie sind der Generalsekretär. Gibt es dafür Mehrheiten in der FDP Bayern?

Föst: Ich glaube nicht. Die freien Berufe sind einer der wichtigsten und größten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. Liberalisierte Systeme aus anderen Ländern zeigen mehr Nach- als Vorteile. Versuchen Sie mal, in England einen Scheidungsanwalt zu finden. Das ist für keine Kanzlei lukrativ, deswegen macht das keiner. Ebenso sehe ich das bei den Apotheken: Es gibt nichts Besseres als die unabhängige, persönliche Beratung eines Top-ausgebildeten Pharmazeuten. Deswegen bin ich mir ziemlich sicher, dass ein solcher Antrag keine Mehrheit finden wird.

DAZ.online: 2011 hat eine ähnliche Idee der Jungen Liberalen auf dem Landesparteitag fast eine Mehrheit gefunden. Damals ging es sogar um die Aufhebung der Preisbindung.

Föst: Das ist fünf Jahre her, und Fakt ist: der Antrag wurde damals abgelehnt. Schauen Sie sich doch mal unser Wahlprogramm für die Landtagswahlen 2013 an: Da haben wir den Apothekern mit einer Positivformulierung den Rücken gestärkt.

„Beziehung zu Apothekern hat sich positiv entwickelt“

DAZ.online: Haben Sie mit Matthias Fischbach nach seinen Äußerungen eigentlich gesprochen?

Föst: Logo. Es ist ja auch überhaupt nicht schlimm, dass er eine eigene, andere politische Meinung hat. Das muss es sogar geben. Aber ich habe versucht, ihn darauf hinzuweisen, dass schon der Originalautor in seinem Beitrag Denkfehler hatte.

DAZ.online: Sie meinen den Blog-Beitrag von Frederik Roeder, veröffentlicht in der Online-Ausgabe der deutschen Huffington Post.

Föst: Genau. Roeder hatte in dem Beitrag Apothekern und Ärzten ja unter anderem vorgeworfen, dass sie sich schöne Mallorca-Urlaube machen. Ich habe Matthias gesagt, dass solche Polemik nicht zur FDP passt. Die FDP setzt sich für mittelständische Unternehmer ein. Wer ein Risiko eingeht, wer Menschen in Lohn und Brot nimmt und Verantwortung trägt, der muss auch von seiner persönlichen Arbeit profitieren können und auskömmlich leben dürfen.

DAZ.online: Fürchten Sie, dass die ohnehin schon angeschlagene Beziehung zwischen Apothekern und FDP sich durch die Äußerungen ihres Parteikollegen weiter verschlechtert?

Föst: Nach Ihrem Artikel haben mich auch die Vertreter der bayerischen Apothekerschaft kontaktiert. Ich habe ihnen gesagt, dass wir in erster Linie Politik für die Bürger machen und keine Interessenspolitik. Allerdings muss ich auch konstatieren, dass die Beziehung zwischen uns und den Apothekern sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt hat. Denn nicht nur die Apotheker merken, dass die FDP im Bundestag und im Bayerischen Landtag fehlt. In vielen Diskussionen wird auf gesundheitspolitischer Ebene zurzeit der Blick auf den mittelständischen Unternehmer vermisst. Die FDP hatte diesen stets. Viele Interessengruppen merken, dass der nun fehlt.

DAZ.online: 2018 wird in Bayern erneut gewählt. Derzeit sind Sie nicht im Landtag vertreten. Was will die FDP Bayern gesundheitspolitisch anbieten, um wieder einzuziehen?

Föst: In den Umfragen stehen wir derzeit zwischen 4 und 6 Prozent, wir sind also auf einem guten Weg. Grundsätzlich ist es für eine liberale Kraft schwer, sich zwischen Freien Wählern, der CSU, der SPD und den Grünen Gehör zu verschaffen. Wir werden uns zunächst in den Fachausschüssen mit den einzelnen Politikbereichen für das Wahlprogramm beschäftigen und das Programm anschließend auf einem Parteitag beschließen. Wir glauben an die Menschen, an Freiheit und Verantwortung und an die soziale Marktwirtschaft. Das gilt auch in der Gesundheitspolitik.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Gesundheit und FDP, ein anhaltendes Mysterium!

von Heiko Barz am 30.09.2016 um 12:11 Uhr

Ihr Wort , Herr Föst, in Gottes Ohr, was ist es Wert, wenn es zu einer Jamaikakoalition im Herbst 2017 kommt, und die jungen "Wilden" von Grün und Gelb sich einig sind, die Apothekenlandschaft zu destabilisieren nur um politisches "Profil" zu erlangen?
Solchen wirren Köpfen entspringen ja auch Gedanken, : der Apothekerberuf stagniert auf der Basis mittelalterlicher Gilde-und Ständekultur.
Auch wenn es gelingt, diese Jungpolitiker einzunorden , werden sie immer diese mentale Verirrung weiter tragen und zu einem gewissen Zeitpunkt wieder an den Bürger bringen.

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