Nach Todesfällen

Gröhe plant einheitliche Prüfungen für Heilpraktiker

Berlin - 26.09.2016, 17:00 Uhr

Schröpfen ja, Infusionen nein? Nach Todesfällen ist eine Diskussion um Kompetenzen und Befugnisse von Heilpraktikern entbrannt. (Foto: Kzenon / Fotolia)

Schröpfen ja, Infusionen nein? Nach Todesfällen ist eine Diskussion um Kompetenzen und Befugnisse von Heilpraktikern entbrannt. (Foto: Kzenon / Fotolia)


Bundesregierung muss erhebliche Lücken eingestehen

Für Schulz-Asche bestehen aktuell große Probleme. „Die Bundesregierung kann in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage nicht verschweigen, dass es erhebliche Lücken in der Regulierung des Heilpraktikerberufs gibt“, erklärt sie in einer Stellungnahme. Ein Verweis auf die Selbstverantwortung und allgemeine gesetzliche Vorgaben sei auch im Hinblick auf die Vorfälle in Brüggen nicht ausreichend. „Die Bundesregierung ist nun angehalten, gemeinsam mit den Heilpraktikerverbänden für einheitliche, hochwertige und verbindliche Ausbildungsstandards zu sorgen und in Zusammenarbeit mit den Ländern Melde- und Dokumentationspflichten für Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker durchzusetzen“, schreibt die Grünen-Politikerin.

Sie nimmt an, dass die „Lücken in der Kompetenzverteilung“ zwischen Ländern und Bund „gerade Scharlatanen und unseriösen vermeintlichen Heilbringern in die Hände spielen“. Auch verweist Schulz-Asche auf „die klaffenden Lücken von Informationen über den Berufsstand“.

Ein Mindestmaß an Qualitätssicherung

Auch Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, erneuert seine zuvor schon gegenüber DAZ.online geäußerte Kritik an der Bundesregierung. „Bundesweit einheitliche Standards für den Heilpraktikerberuf sind überfällig“, erklärt er in einer Stellungnahme. Das gelte nicht nur für die Zulassungsprüfung, wie sie die Bundesregierung nun einführen will, sondern auch für die Ausbildung. „Was bei Gesundheitsberufen selbstverständlich ist, sollte künftig auch für Heilpraktiker gelten“, erklärt er.

Nur so würde „ein Mindestmaß an Qualitätssicherung“ auch bei Heilpraktikern möglich, sagt Brysch. „Und nur so kann das Vertrauen der verunsicherten Patienten zurückgewonnen werden. Das sollten endlich auch die Interessenvertreter in den Heilpraktiker-Verbänden erkennen.“

Brysch fordert „eindeutige Vorgaben“, was ein Heilpraktiker tun darf und was nicht. „Sowohl für Heilpraktiker als auch für ihre Heilmittel darf nicht länger gelten: Alles ist erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist“, erklärt er. Im Sinne des Patientenschutzes müsse diese Regel umgekehrt werden: „Verboten ist, was nicht erlaubt ist“, betont Brysch. „Denn sonst kann kreative Therapie auch tödlich enden.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Heilpraktiker

von Kerstin Marx-Broos am 27.09.2016 um 14:30 Uhr

Nur weil hier ein Heilpraktiker so verantwortungslos gehandelt hat, müssen jetzt ganz viele verantwortungsbewusste darunter leiden!!! Wieviele Scharlatane unter den Schulmediziner gibt es denn, da wird leider nicht wirklich was geändert. Erst vor kurzem wurde wieder ein Bericht in der Zeitung veröffentlicht, wo ein junges Mädchen an einem Anarisma gestorben ist weil der Arzt im Krankenhaus es mit Migräne nach Hause geschickt hat. Die Mutter kämpft schon seit Jahren um Gerechtigkeit, aber der Arzt wurde vor Gericht freigesprochen!
Von daher, warum müssen jetzt alle HP unter dem einen Fall leiden???

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AW: Wieso leiden?

von Christian Becker am 29.09.2016 um 8:47 Uhr

Die "verantwortungsbewussten", wie auch immer die jetzt in der Realität aussehen (ich kenne keine Heilpraktiker persönlich oder als Patient - aber in Diskussionen tauchen die "verantwortungsvollen" immer wieder auf), müssen doch gar nicht leiden. Es geht doch darum, für zukünftige Heilpraktikeraspiranten die Hürden höher zu gestalten. Das sollte die verantwortungsvollen Heilpraktiker, denen nur die Gesundheit ihrer Patienten am Herzen liegt und nicht der durch esoterische, nicht nachgewiesen wirksame oder nachgewiesen unwirksame Methoden erwirtschaftete Profit, überaus freuen.
Denn wenn die Prüfungen jetzt "noch schwerer" werden, dann wächst weniger Konkurrenz nach.

"Heilpraktiker"

von Andreas Kronsbein am 27.09.2016 um 12:33 Uhr

Solange Heilpraktiker ihren Patienten jeden ungeprüften und dubiosen Müll verabreichen dürfen, nützt eine verschärfte Prüfung gar nix. Heilpraktiker sollten den Patienten nur in D zugelassene, nicht rezeptpflichtige AM verabreichen dürfen.

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AW: Sic transit...

von Peter Behnke am 27.09.2016 um 20:53 Uhr

Contergan, Lipobay, Vioxx... schon vergessen?

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