Schizophrenie-Erhaltungstherapie

Placebokontrollierte Studien können Patienten schaden

Remagen - 15.09.2016, 08:00 Uhr

Placebokontrollierte Studien zur Rezidivprophylaxe können Patienten gefährden, schreiben die Autoren im BMJ. (Foto: Photographee.eu / Fotolia)

Placebokontrollierte Studien zur Rezidivprophylaxe können Patienten gefährden, schreiben die Autoren im BMJ. (Foto: Photographee.eu / Fotolia)


Notfallmedikation nicht immer wirksam

Die Autoren wollen dieser Argumentation aber trotzdem nicht recht folgen. Sie äußern vielmehr die Sorge, dass die Rückfälle bei den Patienten dauerhafte Schäden auslösen könnten und dass die Notfallmedikation in den Studien nicht immer wirksam sei, um einen Rückfall zu verhindern. Außerdem verletzte die Einbeziehung eines Placebo-Arms das klinische „Equipoise (Gleichgewichts)“-Prinzip, nach dem in einer randomisierten Prüfung immer die beste verfügbare Behandlung als Kontrolle zu verwenden ist. Auch für die Prüfärzte sei es konfliktbehaftet, denn sie müssen stets zum Besten des Patienten handeln. Last not least könne hierdurch auch das Arzt-Patienten-Verhältnis nachhaltig belastet werden.

Auch wissenschaftlich nicht das Optimum

Zudem führen sie wissenschaftliche Argumente gegen den Einsatz von Placebo in solchen Studien ins Feld. So könnte deren statistische Aussagekraft durch hohe Patienten-Ausfallraten beeinträchtigt werden. Außerdem könnte es zur unfreiwilligen Entblindung kommen, wenn die Patienten merken, dass sie keine aktive Therapie mehr bekommen. 

Es geht auch ohne 

Andere Studien-Formen mit einer aktiven Kontrolle im Sinne eines Nicht-Unterlegenheits-Designs sind für die Wissenschaftler eine gangbare Alternative. Sie beziehen sich hierzu auf mehrere breit verwendete Antipsychotika für die Erhaltungstherapie bei Schizophrenie, die ohne Placebo-kontrollierte Studien zur Rezidivprophylaxe zugelassen wurden, zum Beispiel Risperidon (sowohl oral als auch als langwirksame Injektion), Amisulprid und Olanzapin-Pamoat. Für neue Medikamente, die einen ähnlichen Wirkmechanismus wie ein bereits zugelassenes haben, halten sie es für ausreichend, sich auf den Nachweis der kurzfristigen Wirksamkeit zu verlassen. Und auf Daten zu vorhandenen Arzneimitteln und Design-Strategien für die Erhaltungstherapie, die keine Placebos verwenden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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