Frauenärzte raten

Pausenlos verhüten bei Migräne

Stuttgart - 07.09.2016, 14:57 Uhr

Nicht alle Pillen eignen sich für Migränepatientinnen mit zyklusabhängigen Attacken. (Foto: areeya_ann / Fotolia)

Nicht alle Pillen eignen sich für Migränepatientinnen mit zyklusabhängigen Attacken. (Foto: areeya_ann / Fotolia)


Bei vielen Migränepatientinnen im gebärfähigen Alter werden die Kopfschmerzattacken durch Hormonschwankungen ausgelöst. Diesen Zusammenhang gilt es zu erkennen. Denn viele Arzneimittel zur Prophylaxe wirken dann nicht. Außerdem können manche Kontrazeptiva die Symptomatik verstärken.

Kurz vor der Monatsblutung bis zum dritten Blutungstag: In diesem Zeitfenster klagen viele Migräne-geplagte Frauen besonders häufig über Kopfschmerzattacken. Einem Bericht der Ärztezeitung zufolge stehen bei etwa einem Drittel der Patientinnen die Beschwerden zumindest teilweise im Zusammenhang mit der Menstruation. 

„Es wird angenommen, dass der Abfall der Blutspiegel weiblicher Hormone am Zyklusende diese Migräneattacken auslöst", erklärt der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Dr. med. Christian Albring.

Gängige Prophylaxemittel wirken nicht

Häufig sind diese Anfälle dann länger und schwerer als die, die nicht hormonabhängig sind. Außerdem wirkt ein Teil der Substanzen, die vorbeugend bei Migräne verwendet werden, etwa Betablocker, Flunarizin, Topiramat oder Magnesium nicht. Daher ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen Zyklus und Migräne-Attacken zu erkennen, zum Beispiel um eine geeignete Therapie zu ermöglichen.

Aber dieser Zusammenhang muss auch bei der Auswahl der Verhütungsmethode berücksichtigt werden muss. Darauf weist der Berufsverband der Frauenärzte anlässlich des Nationalen Kopfschmerztages hin, der diese Woche stattgefunden hat.

So fällt bei Frauen, die mit hoch dosierten kombinierten Kontrazeptiva verhüten, in der sogenannten „Pillenpause“ der Hormonspiegel stark ab. Das kann bei Migränepatientinnen die Kopfschmerzsymptomatik verstärken oder eine Attacke erst auslösen. Die Frauenärzte raten daher zu niedriger dosierten Präparaten, bei denen die Hormonschwankungen nicht so ausgeprägt sind. Empfohlen wird alternativ eine Einnahme im Langzyklus, bei der die Pille bis zu sechs Monate ohne Pause durchgenommen wird.

Die Migräneattacken treten dann erst bei der Abbruchblutung auf – und nicht mehr monatlich. Oft werden sie auch deutlich schwächer oder bleiben sogar ganz aus. Ebenfalls geeignet sind Kontrazeptiva, die nur ein Gestagen enthalten (z.B. „Minipille“). Auch sie werden ohne Pause durchgenommen. Der Abfall der Hormonspiegel fällt somit weg. 

Kurzzeitprophylaxe mit Naproxen

Anders ist die Situation bei Migräne mit fokalen neurologischen Symptomen – auch als Migräne mit Aura bezeichnet. Frauen mit dieser Form der Migräne haben von Haus aus ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Kombinierte Kontrazeptiva sind kontraindiziert, da sie die Gefahr zusätzlich erhöhen. Daher sollte in diesen Fällen auf Östrogen-haltige Mittel verzichtet und mit Gestagenen alleine verhütet werden.

Besteht kein Verhütungswunsch, kann eine Kurzzeitprophylaxe mit Naproxen versucht werden. Die Einnahme erfolgt fünf Tage vor und während der Periode, je zweimal 500 mg. Laut Leitlinie sind auch Triptane wie Naratriptan (Formigran® und Generika; 2 × 1 mg), Sumatriptan (Imigran und Generika®; 2 × 25 mg ) oder Frovatriptan  (Allegro®;1 × bzw. 2 × 2,5mg) , die über einen Zeitraum von fünf bis sechs Tagen eingenommen werden, wirksam. Dabei handelt es sich allerdings um einen Off-label-Use. Zudem können sich die Attacken dadurch verschieben. heißt es in der Leitlinie.

Bei schwer beeinträchtigten Frauen kann die hormonelle Langzeitprophylaxe auch unabhängig vom Verhütungswunsch erwogen werden.

Weniger Beschwerden durch Rauchstopp

Ein weiterer Aspekt bei der Bekämpfung der Kopfschmerzen, auf den die Frauenärzte in ihrer Mitteilung hinweisen, ist das Rauchen, genauer, mit dem Rauchen aufzuhören. Immer wieder beraten sie Frauen mit zyklischen Kopfschmerzen, die gleichzeitig Raucherinnen sind, heißt es. So sollte den Frauen  klar sein, dass sich dadurch ihr Risiko für Schlaganfälle sehr deutlich erhöhe. Außerdem beobachteten sie häufig, dass die Kopfschmerzattacken seltener werden, wenn die Patientinnen aufhörten zu rauchen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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