Pharma-Gesetz

BMG prüft Änderungen an Zyto-Ausschreibungen

Berlin - 05.09.2016, 12:15 Uhr

Kehrtwende im Hause Gröhe? Das BMG will die derzeitige Ausschreibungspraxis der Krankenkassen bei Zytostatika überprüfen, im April hieß es noch, dass man keinen Anlass zur Änderung sehe. (Foto: dpa)

Kehrtwende im Hause Gröhe? Das BMG will die derzeitige Ausschreibungspraxis der Krankenkassen bei Zytostatika überprüfen, im April hieß es noch, dass man keinen Anlass zur Änderung sehe. (Foto: dpa)


Kehrtwende im Hause Gröhe?

Das BMG versprach den Vertretern der Fachverbände, die derzeitige Versorgungspraxis kritisch zu überprüfen. Auch gegenüber DAZ.online sagte eine Ministeriumssprecherin: „Das BMG ist mit den Beteiligten im Kontakt, um die Sicherstellung der Versorgung der Patientinnen und Patienten mit parenteralen Zubereitungen durch Exklusivverträge sowie den Willen des Gesetzgebers nach freier Wahl der Apotheke durch den Versicherten im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts zu überprüfen.“

Welche Optionen das Ministerium derzeit diskutiert, wollte die Sprecherin allerdings nicht verraten. Nur so viel: Das BMG setze sich nachdrücklich für eine wohnortnahe Versorgung, faire Wettbewerbsbedingungen und die Stärkung mittelständischer Strukturen in der Zytostatikaversorgung aufbauend auf der derzeitigen Sicherstellung durch Zytostatika herstellende öffentliche Apotheken, die sich gegebenenfalls Herstellbetriebe und Krankenhausapotheken bedienen, ein.

Noch im April verteidigte das BMG die Zyto-Verträge

Und: Noch im April hatte das Ministerium die Ausschreibungen verteidigt. Nach einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion teilte das BMG damals mit, dass es egal sei, welche Apotheke den Arzt beliefere, solange die Belieferung rechtzeitig ausgeführt werde.

Fraglich ist, wie groß der Spielraum des BMG überhaupt ist. Seit 2009 ist es Krankenkassen nämlich grundsätzlich erlaubt, die Versorgung mit parenteralen Zubereitungen auszuschreiben, wenn das Recht der Versicherten zur freien Apothekenwahl erhalten bleibt. Hinzu kommt das richtungsweisende Urteil des Bundessozialgerichtes, das der AOK Hessen im November 2015 erlaubt hatte, einen Apotheker zu retaxieren, der Ärzte ohne exklusiven Versorgungsauftrag belieferte. Das Gericht urteilte damals, dass das Patientenwahlrecht nur dann stärker sein könne als das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn es hierfür zwingende medizinische Gründe gibt.

Doch nicht nur die Fachverbände drängen auf eine Änderung an der Ausschreibungspraxis. Dem Vernehmen nach sehen mehrere Gesundheitspolitiker die Ausschreibungen der Krankenkassen skeptisch. Beim Ministerium sollen schon vor der Fachanhörung zum AM-VSG Nachfragen einiger Abgeordneten-Büros eingegangen sein. Die Politiker wollen wissen, was das Ministerium in dieser Angelegenheit unternehmen möchte. Sollte das BMG die Zyto-Verträge also nicht selbst im Gesetzentwurf des AM-VSG unterbringen, haben die Fraktionen dazu noch eine zweite Chance während des Gesetzgebungsverfahrens im Bundestag.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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