Forschungsfreiheit in Mainz

Streit um Boehringer-Verträge erreicht den Landtag

Mainz - 01.09.2016, 09:00 Uhr

Der Landtag wird nicht nur renoviert, auch innen rumort es: Sind die Millionen-Verträge illegal? (Foto: Berthold Werner / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)

Der Landtag wird nicht nur renoviert, auch innen rumort es: Sind die Millionen-Verträge illegal? (Foto: Berthold Werner / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)


Ärger über die Antworten der Landesregierung

Inwiefern kannte das Ministerium die umstrittenen Verträge, und hat es sie geprüft? Die teils sehr ausweichenden Antworten des Staatssekretärs ärgerten die CDU-Abgeordnete Dorothea Schäfer, wie sie DAZ.online sagte. Doch insgesamt sei sie – wie alle anderen Abgeordneten, die sich äußerten – froh über das finanzielle Engagement der Stiftung. „Das Ministerium hat immer gesagt, es ist in Ordnung“, sagte Schäfer. „Wenn das das Ergebnis ist, freut es mich.“

Für Helga Lerch (FDP) begannen die Irritationen in der Angelegenheit damit, dass die Uni nur ausgewählte Journalisten in die Verträge gucken ließ – der SWR-Reporter Thomas Leif musste sich das Recht auf dem Klageweg erstreiten. „Das geht gar nicht“, sagte sie auf Nachfrage. „Das war eine ungünstige Geschichte, da war Geschmäckle dabei“, erklärte Lerch gegenüber DAZ.online. Es sollte nichts dagegen sprechen, Verträge öffentlich zu machen, wenn es nichts zu verbergen gibt.

Irritation über Verstoß gegen Standards

Die Grünen-Politikerin Lemke will den Fall nutzen, um Fragen um Forschungsfreiheit und Transparenz neu im Landtag zu diskutieren. Sie sehe es als sehr ernstzunehmendes Anliegen, die Frage im Parlament zu stellen, ob die Forschungsfreiheit so gelebt wird, wie es sich in der Demokratie passe, sagte sie. Von Uni-Präsident Krausch erwarte sie nach wie vor die angekündigte Änderung der Verträge. Außerdem will sie Richtlinien des Deutschen Stifterverbandes zukünftig zum Standard machen: In dieser Vereinigung, der Ex-Boehringer-Chef Andreas Barner vorsteht, haben sich verschiedenste Stiftungen zusammengeschlossen und einen „Code of Conduct“ erarbeitet.

„Irritierend finde ich, wenn es ‚Codes of Conduct‘ gibt und Herr Barner sie rausgibt – und die Verträge sie nicht einhalten“, sagte Lemke. Barner ist auch Vorsitzender des Hochschulrats der Uni Mainz und könnte angesichts der anhaltenden Diskussionen dort demnächst auch wieder mit dem Thema zu tun haben.

Nicht zur Sprache kamen bei der Ausschusssitzung im Mainzer Landtag ein neuer Fall: Für eine große Gesundheitsstudie hatte die Unimedizin Mainz dem Boehringer-Konzern Mitspracherechte bei Publikationen eingeräumt. Die Forschungsfreiheit dürfte die Parlamentarier daher noch eine Weile begleiten. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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