Landtagswahlen

Wen sollten Apotheker in Mecklenburg-Vorpommern wählen?

Berlin - 29.08.2016, 13:40 Uhr

Neue Zusammensetzung: Der Landtag im Schweriner Schloss steht vor einer Zeitenwende und vor einer schwierigen Mehrheitsbildung, wenn man den Umfragen glaubt. (Foto: dpa)

Neue Zusammensetzung: Der Landtag im Schweriner Schloss steht vor einer Zeitenwende und vor einer schwierigen Mehrheitsbildung, wenn man den Umfragen glaubt. (Foto: dpa)


In den kommenden zwei Wochen stehen zwei wichtige Landtagswahlen an. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern dürfte es große Veränderungen bei der Zusammensetzung des neuen Landtages geben. DAZ.online hat bei den Parteien nachgefragt, wie um Apotheker als Wähler geworben wird.

Glaubt man den derzeitigen Umfragen, steht der Schweriner Landtag vor einer Zeitenwende. Denn aus dem Stand könnte es eine Partei ins Parlament schaffen, die bei der Wahl im Jahr 2011 noch nicht einmal gegründet war. Die Alternative für Deutschland (AfD) steht in den Wählerumfragen im Nordosten teilweise bei 21 Prozent. Die rechtspopulistische Partei hat könnte somit sogar zweitstärkste Kraft im Parlament werden.

Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) führt derzeit eine Große Koalition mit der CDU an. Die Sozialdemokraten waren vor fünf Jahren mit 35,6 Prozent der Zweitstimmen Wahlgewinner. Die CDU kam auf 23 Prozent, es folgten die Linke (18,4 Prozent), die Grünen (8,7 Prozent) und die NPD (6 Prozent der Zweitstimmen).

Glaubt man den derzeitigen Umfragen, steht der Schweriner Landtag vor einer Zeitenwende. Denn aus dem Stand könnte es eine Partei ins Parlament schaffen, die bei der Wahl im Jahr 2011 noch nicht einmal gegründet war. Die Alternative für Deutschland (AfD) steht in den Wählerumfragen im Nordosten teilweise bei 21 Prozent. Die rechtspopulistische Partei könnte somit sogar zweitstärkste Kraft im Parlament werden.

Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) führt derzeit eine Große Koalition mit der CDU an. Die Sozialdemokraten waren vor fünf Jahren mit 35,6 Prozent der Zweitstimmen Wahlgewinner. Die CDU kam auf 23 Prozent, es folgten die Linke (18,4 Prozent), die Grünen (8,7 Prozent) und die NPD (6 Prozent der Zweitstimmen).

Aus gesundheitspolitischer Sicht ist Mecklenburg-Vorpommern nicht zu vernachlässigen. Das Flächenland mit rund 1,6 Millionen Einwohnern dient in der Gesundheitspolitik immer häufiger als Paradebeispiel für die so häufig angeprangerte, drohende Unterversorgung auf dem Land. Hinzu kommt, dass junge Menschen das Land immer häufiger verlassen – nach der Wende haben mehr als 900.000 Menschen ihrer Heimat im Nordosten den Rücken gekehrt. Insbesondere in den Binnendörfern wohnen fast ausschließlich ältere Menschen. Doch ist die Versorgungslage wirklich so schlimm, wie sie dargestellt wird? Und wie würden die Parteien mit Versorgungslücken in der Arzneimittelversorgung umgehen? DAZ.online hat bei allen im Landtag vertretenen Parteien (außer der NPD) und der AfD nachgefragt…

Was denkt die SPD über…

...den Status quo der Arzneimittelversorgung in Mecklenburg-Vorpommern?

Gar nichts. Die SPD teilte uns mit, dass Sie der Anfrage aus terminlichen Gründen nicht entsprechen könne.

Was denkt die CDU über…

…den Status quo der Arzneimittelversorgung in Mecklenburg-Vorpommern?

CDU M-V: Die gegenwärtige Situation in der Arzneimittel-Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern wird von der CDU insgesamt und auch in den ländlichen Räumen als bedarfsgerecht bewertet. Es sind keine Anhaltspunkte oder Hinweise bekannt, dass  es zu Engpässen bei der Beratung und Versorgung der Bevölkerung in MV gekommen ist. Auch bei den Apothekennotdiensten, also der Versorgung der Bevölkerung außerhalb der regulären Öffnungszeiten, sind zurzeit keine Schwierigkeiten bekannt.

…die Attraktivität des Standortes Mecklenburg-Vorpommern für zukünftige Apotheken-Gründungen?

CDU M-V: Der CDU sind die Auswirkungen einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung und der damit einhergehenden Veränderungen in einer Vielzahl von Lebensbereichen bewusst. Deshalb wurde mit der CDU in der 6. Legislatur eine Enquete-Kommission des Landtages eingesetzt, welche das Thema „Älter werden in MV“ ausgiebig untersucht und auch Lösungsvorschläge erarbeitet hat. Dabei wurde auch dargestellt, dass heute schon die Versorgung flexibel und bedarfsdeckend ausgerichtet ist und insbesondere Rezeptsammelstellen (verknüpft mit Botendiensten) und Zweitapotheken helfen könnten, infrastrukturelle Problemlagen zu überwinden.

…die besondere Unterstützung von Landapotheken?

CDU M-V: Auch die Unterstützung von Landapotheken sowie eine Verknüpfung von Apotheken mit mobilen Einzelhandelsangeboten sind Maßnahmen, die in diesem Zusammenhang zu prüfen sind. Zudem gelangt die Enquete-Kommission in ihren Bewertungen zu dem Schluss, dass durch Apotheken zukünftig auch weitere Aufgaben im Bereich der Koordination, Prävention und Rehabilitation oder der Telemedizin übernommen werden sollten.

…Video-Apotheken und Abgabeautomaten auf dem Land?

CDU M-V: Skeptisch beobachtet die CDU die Idee, Arzneimittel durch einen Video-Abgabeautomaten an die Bevölkerung zu bringen. Dabei darf aus unserer Sicht die Hauptaufgabe einer Apotheke, die Beratung und Aufklärung der Kunden über mögliche Neben- und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, nicht zu kurz kommen. Es wäre daher zu prüfen, ob dies sichergestellt werden kann und ob eine solche Form der Arzneimittelabgabe durch die Bevölkerung akzeptiert wird.

…eine stärkere Einbindung von Versandapotheken auf dem Land?

CDU M-V: Versandapotheken und stationäre Apotheken mit Versandmöglichkeit haben einen wachsenden Marktanteil. Für die CDU ist nicht entscheidend, auf welchem Wege Arzneimittel zum Patienten gelangen, entscheidend ist für die CDU, dass die unerlässliche Beratungsleistung aufrechterhalten bleibt, die Apothekerinnen und Apotheker erbringen.

…die aktuellen Probleme mit exklusiven Zyto-Rabattverträgen?

CDU M-V: Grundsätzlich ist der Rabatt ein Instrument der Preispolitik, den es schon seit vielen hundert Jahren gibt. Für die CDU ist aber zunächst entscheidend, dass jeder Patient in Mecklenburg-Vorpommern wohnortnah medizinisch versorgt wird. Mecklenburg-Vorpommern ist ein Flächenland und bei den angesprochenen Rabattverträgen muss sichergestellt sein, dass die Vertragsapotheken weiterhin direkt an die Arztpraxen liefern, in der die Patienten betreut werden. Darüber hinaus müssen Zytostatika in bestimmten Fällen kurzfristig zur Verfügung stehen und bei Bedarf eine Belieferung, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit weiteren Apotheken vor Ort, regelmäßig in 45 Minuten möglich sein.

Sofern diese Vorgaben eingehalten werden, muss beobachtet werden, ob durch diese Verträge Marktverwerfungen entstehen, die mittelbar zu einer reduzierten wohnortnahen medizinischen Versorgung führen. Sofern dies der Fall ist, muss der Gesetzgeber gegensteuern. Die CDU wird diese Thematik weiterhin im Auge behalten.

Skepsis bei Extra-Vergütung für pharmazeutische Dienstleistung

…die EuGH-Verhandlung zu Rx-Boni?

CDU M-V: Die CDU weiß, dass entsprechende Verfahren auf europäischer Ebene anhängig sind. Ungeachtet der Tatsache, dass die CDU generell sehr zurückhaltend ist, wenn es darum geht, Gerichtsurteile zu bewerten, liegt in diesem Falle noch nicht einmal ein Urteil vor. Ohne das Urteil und die entsprechende Begründung zu kennen, kann keine Bewertung abgegeben werden. Bislang gilt in Deutschland die Preisbindung. Die CDU spricht sich nicht dafür aus, diese aufzuheben.

…die Beteiligung der Apotheker an der Flüchtlingsversorgung?

CDU M-V: Der CDU ist nicht bekannt, dass es bei der Versorgung von Flüchtlingen mit Medikamenten zu Engpässen gekommen ist. Sofern die Apotheker von sich aus mit Vorschlägen an die Politik herantreten, werden entsprechende Vorschläge wohlwollend geprüft.

…eine stärkere Beteiligung der Apotheker an der Primärversorgung, beispielsweise durch pharmazeutische Dienstleistungen?

CDU M-V: Laut der Apothekenbetriebsordnung ist der Apotheker bereits nach heutiger Rechtslage zur Information und Beratung verpflichtet. Genau diese Punkte sind für die CDU eine der wichtigsten Aufgaben des Apothekers. Sofern dem Apotheker also Leistungen zusätzlich vergütet werden, zu denen er bereits gesetzlich verpflichtet ist, halten wir dies für problematisch. Ebenso, wenn der Apotheker diagnostische Aufgaben ausführen will, die von einem ausgebildeten Mediziner übernommen werden sollten. Das Erbringen hochwertiger Dienstleistungen ist in Deutschland in der Regel mit dem Nachweis einer entsprechenden Qualifikation verbunden. Sofern die Apotheker über die Qualifikation zum Erbringen erweiterter Dienstleistungen verfügen, prüft die CDU entsprechende Initiativen wohlwollend. Auch den Mediziner unterstützende bzw. die Behandlung vorbereitende Dienstleistungen durch den Apotheker werden von der CDU grundsätzlich begrüßt, da dies zu Entlastungen der Mediziner und mehr Sicherheit bei der Medikamenteneinnahme des Patienten führen könnte. Die Ergebnisse von entsprechenden Modellvorhaben in Sachsen und Thüringen sollten jedoch abgewartet werden.

Was denken die Linken über…

…den Status Quo der Arzneimittelversorgung in Mecklenburg-Vorpommern?

Linke M-V: Für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst zwischen der Versorgung mit Arzneimitteln und der Apothekeninfrastruktur zu differenzieren. Bei der Versorgung mit einzelnen Medikamenten sind sporadisch Lücken in der Versorgungskette festzustellen. Diese sind jedoch nicht auf eine fehlende oder unzureichende Infrastruktur von Apotheken zurückzuführen, sondern sind in einer fehlenden Bevorratung und bei den Herstellern zu suchen. Die Zahl der Apotheken in M-V kann den vorhandenen Bedarf decken und gibt derzeit keinen Anlass zur Sorge.

Hinsichtlich der regionalen Verteilung der Apotheken ist der ländliche Raum (naturgemäß) benachteiligt. Apothekenstandorte sind seltener, Fahrzeiten sind damit länger. Dennoch deckt das Angebot den vorhandenen Bedarf in ausreichendem Maße ab. Allenfalls außerhalb der Regelöffnungszeiten, bei der Inanspruchnahme des Notdienstes können längere Fahrzeiten auftreten, die in Einzelfällen als unangemessen empfunden werden können. Aber auch hier ist zu erkennen, dass die Apothekerkammer um eine ausgewogene regionale Verteilung bemüht ist und damit eine Anfahrt mit dem PKW 30 Minuten nicht übersteigt.

…die Attraktivität des Standortes Mecklenburg-Vorpommern für zukünftige Apotheken-Gründungen?

Linke M-V: Der ländliche Raum hat seinen eigenen Charakter, den es zu erhalten gilt. Gerade die Nähe zur Natur und die enge Verbundenheit der Menschen untereinander sind  „Standortvorteile“, die für eine Niederlassung sprechen. Gleichzeitig muss die Politik dafür Sorge tragen, dass die dort lebenden Menschen nicht von der gesellschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden. Es müssen gleiche Chancen her, überall im Land. Eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben muss überall gewährleistet sein. Dies betrifft bspw. den Zugang zu Kultur und Bildung, guten Verkehrsangeboten, Beschäftigungsperspektiven und nicht zuletzt einem schnellen Internetzugang. Um besondere Bedarfe auszugleichen, Initiativen von Menschen, die gestalten wollen, zu unterstützen, brauchen strukturschwache Regionen auch eine besondere Förderung. Die Linke will hierfür zusätzlich 50 Millionen Euro jährlich bereitstellen.

…die besondere Unterstützung von Landapotheken?

Linke M-V: Betriebswirtschaftliche Aspekte dürfen nicht die alleinige Bewertungsgrundlage für das Angebot der Apotheken sein. Unser Anspruch ist es, dem Leistungserbringer eine patientengerechte, wohnortnahe Sicherstellung der Medikation überall im Land zu ermöglichen. Wir sehen die Notwendigkeit, insbesondere im ländlichen Raum, über finanzielle Zuschläge die Notdienste in angemessener Entfernung aufrecht zu erhalten.

Apothekenbus kann Versorgung zweitweise übernehmen

…Video-Apotheken und Abgabeautomaten auf dem Land?

Linke M-V: Grundsätzlich ist Die Linke M-V offen gegenüber neuen Vorschlägen, die helfen, die Versorgungssicherheit zu verbessern. Das neue Angebot muss jedoch geeignet sein unserem Anspruch einer patientengerechten Beratung zu genügen. Hinsichtlich eines Video-Abgabeautomaten haben wir Zweifel, ob dieses die gleiche Beratungsqualität bieten kann, wie das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Gerade für ältere Generationen dürfte dieses Angebot eine erhebliche Barriere darstellen.

…mobilen Apotheken und Apothekenbussen auf dem Land?

Linke M-V: Eine mobile Apotheke kann nur zu festgesetzten Zeiten an bestimmten Orten das Angebot der Medikamentenversorgung übernehmen. Die medikamentöse Behandlung von Krankheiten ist jedoch nicht in jedem Fall planbar. Deshalb ist eine mobile Apotheke kein gleichwertiger Ersatz für eine Infrastruktur an Apotheken, die zu jeder Tages- und Nachtzeit die Versorgung mit Medikamenten sicherstellen. Stattdessen sollten Lieferdienste der regional ansässigen Apotheken ausgebaut werden.

…eine stärkere Einbindung von Versandapotheken auf dem Land?

Linke M-V: Der Internethandel mit Medikamenten ist für uns keine Alternative, da er mit Arzneimittelsicherheit nicht zusammengebracht werden kann. Es ist nicht möglich, online eine gute Betreuung zu gewährleisten und ausländische Versandapotheken an das deutsche Recht zu binden und damit für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.

…die aktuellen Probleme mit exklusiven Zyto-Rabattverträgen?

Linke M-V: Die Krankenkassen verfolgen mit der Vereinbarung exklusiver Rabattverträge eine Kostensenkungspolitik, die aus Sicht der Beitragszahler notwendig ist. Rabattverträge zwischen Apotheken und Krankenkassen sollten jedoch nicht zur Regel werden. Je mehr Medikamente nicht mehr von der regionalen Apotheke in der Nähe des Wohn- oder Behandlungsortes abgegeben werden, desto größer wird die Gefahr, dass die Versorgungsinfrastruktur insgesamt gefährdet wird.

Entschieden gegen Rx-Boni

…die EuGH-Verhandlung zu Rx-Boni?

Linke M-V: Die Abgabe von Medikamenten unterscheidet sich erheblich vom Verkauf „normaler“ Konsumgüter. Hier darf nicht das Verkaufsinteresse im Vordergrund stehen, sondern die zweckmäßige Behandlung eines gesundheitlichen Leidens. Der Kunde ist gleichzeitig Patient und deswegen kein gleichberechtigter Marktteilnehmer. Er ist in seiner freien Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt und auf das professionelle Urteil des Arztes und der Apotheke angewiesen. Diese sollten sich bei der Urteilsbildung nicht durch wirtschaftliche Anreize beeinflussen lassen. Deshalb lehnt Die Linke die Einführung von Verkaufsanreizen, wie Boni und Rabatte entschieden ab. Verschreibungspflichtige Medikamente sollten nach einer Gebührenordnung abgegeben werden, die die berechtigten Interessen der Hersteller, der Apotheken sowie der Kassen fair ausgleicht.

…zur Rolle der Apotheker in der Flüchtlingsversorgung?

Linke M-V: Zumindest in der ersten Zeit stellt die Sprachbarriere das größte Integrationshindernis für dauerhaft hier lebende Geflüchtete dar. In den Regionen, in denen überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, wäre es sinnvoll, wenn sich Apotheken sprachlich weiterbilden oder Übersetzungsleistungen stellen, um die Barriere zu den Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund zu senken. Letztere profitierten durch eine bessere Gesundheitsversorgung, dem Gesundheitssystem blieben (teure) Fehlmedikationen erspart und die betreffende Apotheke hätte dank ihrer Spezialisierung einen wirtschaftlichen Vorteil. Für die Apothekerkammer sehen wir zudem die Aufgabe, einen Leitfaden und ein Verfahren mit zu entwickeln, mit dem ausländische Abschlüsse als Apotheker anerkannt und Ausbildungsdefizite nachgeholt werden können.

…eine stärkere Beteiligung der Apotheker an der Primärversorgung, beispielsweise durch pharmazeutische Dienstleistungen?

Linke M-V: Die Versorgung mit Apotheken ist flächendeckend. Die Hürde, Beratungsdienstleistungen in Apotheken wahrzunehmen, ist niedrig, da Terminvereinbarungen nicht erforderlich sind. Ohne, dass Die Linke M-V dafür ein geschlossenes Konzept hätte, ist vorstellbar, mit den Apotheken ein gesundheitliches Erstangebot zu etablieren. Patientinnen und Patienten suchen auch schon heute bei bestimmten gesundheitlichen Belastungen Apotheken auf, um rezeptfreie Medikamente zu erhalten. Ohne Apotheker damit zu Ärzten zu machen, könnte diese Erstberatung ausgebaut werden. Das Ergebnis einer solchen Beratung könnte ein allgemeiner Verhaltenshinweis, der Verkauf eines nicht verschreibungspflichtigen Medikaments oder die Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen sein. Vorstellbar ist auch eine solche niedrigschwellige Gesundheitsberatung in Kooperation mit ärztlichem bzw. medizinischem Personal anzubieten und so Apotheken perspektivisch zu umfassenden Gesundheitsdienstleistern auszubauen.

Was denken die Grünen über...

...den Status quo der Arzneimittelversorgung in Mecklenburg-Vorpommern?

Gar nichts. Die Grünen haben uns auch nach mehrfacher Nachfrage keine Antworten auf die Fragen zur Wahl zukommen lassen.

Was denkt die AfD über…

...den Status quo der Arzneimittelversorgung in Mecklenburg-Vorpommern?

AfD M-V: Die Arzneimittelversorgung ist derzeit gewährleistet. Es kommt nun allerdings darauf an, die Weichen für die Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Es wird dringend pharmazeutisches Personal benötigt, die Apotheken müssen wirtschaftlich arbeiten können, Bürokratie muss abgebaut werden. Gerade in den ländlichen Gebieten in Mecklenburg-Vorpommern sind die Menschen auf Apotheken vor Ort angewiesen, die in zumutbarer Entfernung angesiedelt sind. Ein Apothekensterben auf dem Lande darf es nicht geben. Auch zur Sicherstellung eines modernen Not-und Nachtdienstsystems ist dies von großer Bedeutung.

…die Attraktivität des Standortes Mecklenburg-Vorpommern für zukünftige Apotheken-Gründungen?

AfD M-V: Der AfD ist klar: Nur eine wirtschaftlich gesunde Apotheke, egal ob auf dem Lande oder in der Stadt, kann sich perfekt um die Gesundheit der Bürger kümmern. Daher muss das packungsabhängige Honorar entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung dynamisch angepasst werden, Stichwort: Inflationsausgleich als Mindestmaß. Zudem sollten zusätzliche Leistungen der Apotheker auch zusätzliche Einnahmen bringen. Hier z.B.: Medikationsmanagement sowie elektronischer Medikationsplan (Stichwort: Modellprojekt ARMIN) und auch Dokumentationsgebühren. Rezepturen müssen angemessen honoriert werden, ebenso der Festzuschlag auch für Rezepturarzneimittel zur Anwendung kommen.

Dynamisiertes Fixhonorar und mehr Kompetenzen in der Erstversorgung

…die besondere Unterstützung von Landapotheken und die stärkere Einbindung der Apotheker in die Primärversorgung?

AfD M-V: Die AfD wird sich für die öffentliche Apotheke vor Ort einsetzen. Nur dadurch kann die flächendeckende Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern gewährleistet werden. Die Apotheken sollten zusätzliche Aufgaben übernehmen wie z.B. einen erweiterten Botendienst durch pharmazeutisches Personal (mit der nötigen Versandhandelserlaubnis ist dies leicht umsetzbar), Erstellung von Wochenblistern für Patienten (Abrechnung dieser Leistung mit den Krankenkassen). Die Apotheken sollten eine Art Lotsenfunktion im Gesundheitswesen übernehmen. Zusätzliche, abrechenbare Leistungen wie Blutuntersuchungen, Blutdruckmessungen, Medikationsmanagement und vielleicht sogar Ausstellungen von Folge-Rezepten bei chronisch Kranken (z.B. Diabetes, Hypertonie) verbessern die medizinische Versorgung der Bevölkerung insgesamt. Dies ist besonders wichtig im ländlichen Raum. Sie entlasten die Ärzte vor Ort und senken am Ende sogar die Kosten für die Krankenkassen. Die meisten notwendigen Qualifikationen sind hierfür durch das Pharmaziestudium vorhanden. Auch darüber, dass wie in England Apotheker Impfungen durchführen können, sollte nachgedacht werden.

…von Video-Apotheken und Abgabeautomaten und mobilen Apotheken (Apothekenbussen)?

AfD M-V: Von Arzneimittel-Abgabeautomaten hält die AfD nichts. Solche Projekte hat es in den vergangenen Jahren schon des Öfteren gegeben, alle sind gescheitert. Kein Video-Apotheker kann jemals die Apotheker und PTAs  „vor Ort“ ersetzen. Das ist alles versuchte Rosinenpickerei. Ähnlich wie Versandapotheken, „mobile Apotheken“ und sonstige Projekte: Es wird kein Not-und Nachtdienst angeboten, es werden keine individuellen Rezepturen angefertigt, keine Betäubungsmittel und sonstige Spezialpräparate versendet bzw. abgegeben. Diese kostenintensiven Dinge wollen solche Unternehmer (auch Glücksritter genannt) den im Land verbleibenden Apotheken aufbürden. Mit der AfD wird es so etwas nicht geben!

…eine stärkere Einbindung von Versandapotheken auf dem Land?

AfD M-V: Versandapotheken gehören seit 2004 zum Alltag. Wir sagen allerdings: besser für die Patienten und sicherer als ein Paket vom Postboten zu bekommen, ist ein erweiterter Botendienst durch die Apotheke „vor Ort“, durch pharmazeutisches Personal inklusive Beratung und Betreuung. Das verbessert die Therapietreue (Compliance), die Arzneimittelsicherheit (z.B. thermolabile Produkte) und kann der Apotheke neue Einnahmen bringen.

…die aktuellen Probleme mit exklusiven Zyto-Rabattverträgen?

AfD M-V: Nutznießer von Exklusivverträgen sind die großen Krankenkassen und nur wenige Apotheken. Bei den Rabattverträgen hat es bei exklusiver Vergabe von Verträgen in den vergangenen Jahren oft unakzeptable Lieferprobleme gegeben. Die AfD sieht exklusive Verträge sehr kritisch.

AfD unterstützt Apotheker-Hilfe für Flüchtlinge

…zur EuGH-Verhandlung zu Rx-Boni?

AfD M-V: Ganz klar: Die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist Gesundheitsschutz. Sollte der EuGH die Preisbindung aufheben, müssen wir in Deutschland alle erforderlichen Schritte unternehmen um dies für unser Land beizubehalten. Wenn es um die Gesundheit der Bürger geht, sind die einzelnen Mitgliedstaaten befugt, abweichende Regelungen zu treffen.

…zur Rolle der Apotheker in der Flüchtlingsversorgung?

AfD M-V: Die deutschen Apotheker setzen sich weltweit für Flüchtlinge ein. „Apotheker ohne Grenzen“  leisten in den Ländern, in denen die Not am größten ist seit vielen Jahren hervorragende Arbeit. Die AfD unterstützt dieses Engagement.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Umfrage

von Heiko Steffen am 30.08.2016 um 13:27 Uhr

Ein weiterer Rückzug der SPD aus der Diskussion von Sachthemen?
Wer den Regionalsender N3 beherrscht und erreicht, dass in den Sendungen "DAS - das rote Sofa" (heißt wirklich so!) und in der sogenannten "Wahl-Arena" nur der amtierende Ministerpräsident und sein Innenminister auftreten, hat es wohl nicht nötig auf die Anfragen von Fachverbänden zu antworten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wen soll man wählen

von Frank ebert am 29.08.2016 um 15:39 Uhr

Nach den Antworten kommt nur eine Partei in Frage !

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Apothekers Wahlentscheidung

von Karl Hanns am 29.08.2016 um 21:35 Uhr

Ist ja jetzt wohl klar: Apotheker in MV wählen die Alternative!

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