Landtagswahlen

Wen sollten Apotheker in Mecklenburg-Vorpommern wählen?

Berlin - 29.08.2016, 13:40 Uhr

Neue Zusammensetzung: Der Landtag im Schweriner Schloss steht vor einer Zeitenwende und vor einer schwierigen Mehrheitsbildung, wenn man den Umfragen glaubt. (Foto: dpa)

Neue Zusammensetzung: Der Landtag im Schweriner Schloss steht vor einer Zeitenwende und vor einer schwierigen Mehrheitsbildung, wenn man den Umfragen glaubt. (Foto: dpa)


Was denken die Linken über…

…den Status Quo der Arzneimittelversorgung in Mecklenburg-Vorpommern?

Linke M-V: Für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst zwischen der Versorgung mit Arzneimitteln und der Apothekeninfrastruktur zu differenzieren. Bei der Versorgung mit einzelnen Medikamenten sind sporadisch Lücken in der Versorgungskette festzustellen. Diese sind jedoch nicht auf eine fehlende oder unzureichende Infrastruktur von Apotheken zurückzuführen, sondern sind in einer fehlenden Bevorratung und bei den Herstellern zu suchen. Die Zahl der Apotheken in M-V kann den vorhandenen Bedarf decken und gibt derzeit keinen Anlass zur Sorge.

Hinsichtlich der regionalen Verteilung der Apotheken ist der ländliche Raum (naturgemäß) benachteiligt. Apothekenstandorte sind seltener, Fahrzeiten sind damit länger. Dennoch deckt das Angebot den vorhandenen Bedarf in ausreichendem Maße ab. Allenfalls außerhalb der Regelöffnungszeiten, bei der Inanspruchnahme des Notdienstes können längere Fahrzeiten auftreten, die in Einzelfällen als unangemessen empfunden werden können. Aber auch hier ist zu erkennen, dass die Apothekerkammer um eine ausgewogene regionale Verteilung bemüht ist und damit eine Anfahrt mit dem PKW 30 Minuten nicht übersteigt.

…die Attraktivität des Standortes Mecklenburg-Vorpommern für zukünftige Apotheken-Gründungen?

Linke M-V: Der ländliche Raum hat seinen eigenen Charakter, den es zu erhalten gilt. Gerade die Nähe zur Natur und die enge Verbundenheit der Menschen untereinander sind  „Standortvorteile“, die für eine Niederlassung sprechen. Gleichzeitig muss die Politik dafür Sorge tragen, dass die dort lebenden Menschen nicht von der gesellschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden. Es müssen gleiche Chancen her, überall im Land. Eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben muss überall gewährleistet sein. Dies betrifft bspw. den Zugang zu Kultur und Bildung, guten Verkehrsangeboten, Beschäftigungsperspektiven und nicht zuletzt einem schnellen Internetzugang. Um besondere Bedarfe auszugleichen, Initiativen von Menschen, die gestalten wollen, zu unterstützen, brauchen strukturschwache Regionen auch eine besondere Förderung. Die Linke will hierfür zusätzlich 50 Millionen Euro jährlich bereitstellen.

…die besondere Unterstützung von Landapotheken?

Linke M-V: Betriebswirtschaftliche Aspekte dürfen nicht die alleinige Bewertungsgrundlage für das Angebot der Apotheken sein. Unser Anspruch ist es, dem Leistungserbringer eine patientengerechte, wohnortnahe Sicherstellung der Medikation überall im Land zu ermöglichen. Wir sehen die Notwendigkeit, insbesondere im ländlichen Raum, über finanzielle Zuschläge die Notdienste in angemessener Entfernung aufrecht zu erhalten.

Apothekenbus kann Versorgung zweitweise übernehmen

…Video-Apotheken und Abgabeautomaten auf dem Land?

Linke M-V: Grundsätzlich ist Die Linke M-V offen gegenüber neuen Vorschlägen, die helfen, die Versorgungssicherheit zu verbessern. Das neue Angebot muss jedoch geeignet sein unserem Anspruch einer patientengerechten Beratung zu genügen. Hinsichtlich eines Video-Abgabeautomaten haben wir Zweifel, ob dieses die gleiche Beratungsqualität bieten kann, wie das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Gerade für ältere Generationen dürfte dieses Angebot eine erhebliche Barriere darstellen.

…mobilen Apotheken und Apothekenbussen auf dem Land?

Linke M-V: Eine mobile Apotheke kann nur zu festgesetzten Zeiten an bestimmten Orten das Angebot der Medikamentenversorgung übernehmen. Die medikamentöse Behandlung von Krankheiten ist jedoch nicht in jedem Fall planbar. Deshalb ist eine mobile Apotheke kein gleichwertiger Ersatz für eine Infrastruktur an Apotheken, die zu jeder Tages- und Nachtzeit die Versorgung mit Medikamenten sicherstellen. Stattdessen sollten Lieferdienste der regional ansässigen Apotheken ausgebaut werden.

…eine stärkere Einbindung von Versandapotheken auf dem Land?

Linke M-V: Der Internethandel mit Medikamenten ist für uns keine Alternative, da er mit Arzneimittelsicherheit nicht zusammengebracht werden kann. Es ist nicht möglich, online eine gute Betreuung zu gewährleisten und ausländische Versandapotheken an das deutsche Recht zu binden und damit für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.

…die aktuellen Probleme mit exklusiven Zyto-Rabattverträgen?

Linke M-V: Die Krankenkassen verfolgen mit der Vereinbarung exklusiver Rabattverträge eine Kostensenkungspolitik, die aus Sicht der Beitragszahler notwendig ist. Rabattverträge zwischen Apotheken und Krankenkassen sollten jedoch nicht zur Regel werden. Je mehr Medikamente nicht mehr von der regionalen Apotheke in der Nähe des Wohn- oder Behandlungsortes abgegeben werden, desto größer wird die Gefahr, dass die Versorgungsinfrastruktur insgesamt gefährdet wird.

Entschieden gegen Rx-Boni

…die EuGH-Verhandlung zu Rx-Boni?

Linke M-V: Die Abgabe von Medikamenten unterscheidet sich erheblich vom Verkauf „normaler“ Konsumgüter. Hier darf nicht das Verkaufsinteresse im Vordergrund stehen, sondern die zweckmäßige Behandlung eines gesundheitlichen Leidens. Der Kunde ist gleichzeitig Patient und deswegen kein gleichberechtigter Marktteilnehmer. Er ist in seiner freien Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt und auf das professionelle Urteil des Arztes und der Apotheke angewiesen. Diese sollten sich bei der Urteilsbildung nicht durch wirtschaftliche Anreize beeinflussen lassen. Deshalb lehnt Die Linke die Einführung von Verkaufsanreizen, wie Boni und Rabatte entschieden ab. Verschreibungspflichtige Medikamente sollten nach einer Gebührenordnung abgegeben werden, die die berechtigten Interessen der Hersteller, der Apotheken sowie der Kassen fair ausgleicht.

…zur Rolle der Apotheker in der Flüchtlingsversorgung?

Linke M-V: Zumindest in der ersten Zeit stellt die Sprachbarriere das größte Integrationshindernis für dauerhaft hier lebende Geflüchtete dar. In den Regionen, in denen überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, wäre es sinnvoll, wenn sich Apotheken sprachlich weiterbilden oder Übersetzungsleistungen stellen, um die Barriere zu den Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund zu senken. Letztere profitierten durch eine bessere Gesundheitsversorgung, dem Gesundheitssystem blieben (teure) Fehlmedikationen erspart und die betreffende Apotheke hätte dank ihrer Spezialisierung einen wirtschaftlichen Vorteil. Für die Apothekerkammer sehen wir zudem die Aufgabe, einen Leitfaden und ein Verfahren mit zu entwickeln, mit dem ausländische Abschlüsse als Apotheker anerkannt und Ausbildungsdefizite nachgeholt werden können.

…eine stärkere Beteiligung der Apotheker an der Primärversorgung, beispielsweise durch pharmazeutische Dienstleistungen?

Linke M-V: Die Versorgung mit Apotheken ist flächendeckend. Die Hürde, Beratungsdienstleistungen in Apotheken wahrzunehmen, ist niedrig, da Terminvereinbarungen nicht erforderlich sind. Ohne, dass Die Linke M-V dafür ein geschlossenes Konzept hätte, ist vorstellbar, mit den Apotheken ein gesundheitliches Erstangebot zu etablieren. Patientinnen und Patienten suchen auch schon heute bei bestimmten gesundheitlichen Belastungen Apotheken auf, um rezeptfreie Medikamente zu erhalten. Ohne Apotheker damit zu Ärzten zu machen, könnte diese Erstberatung ausgebaut werden. Das Ergebnis einer solchen Beratung könnte ein allgemeiner Verhaltenshinweis, der Verkauf eines nicht verschreibungspflichtigen Medikaments oder die Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen sein. Vorstellbar ist auch eine solche niedrigschwellige Gesundheitsberatung in Kooperation mit ärztlichem bzw. medizinischem Personal anzubieten und so Apotheken perspektivisch zu umfassenden Gesundheitsdienstleistern auszubauen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Umfrage

von Heiko Steffen am 30.08.2016 um 13:27 Uhr

Ein weiterer Rückzug der SPD aus der Diskussion von Sachthemen?
Wer den Regionalsender N3 beherrscht und erreicht, dass in den Sendungen "DAS - das rote Sofa" (heißt wirklich so!) und in der sogenannten "Wahl-Arena" nur der amtierende Ministerpräsident und sein Innenminister auftreten, hat es wohl nicht nötig auf die Anfragen von Fachverbänden zu antworten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wen soll man wählen

von Frank ebert am 29.08.2016 um 15:39 Uhr

Nach den Antworten kommt nur eine Partei in Frage !

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Apothekers Wahlentscheidung

von Karl Hanns am 29.08.2016 um 21:35 Uhr

Ist ja jetzt wohl klar: Apotheker in MV wählen die Alternative!

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