Versandapotheken im Test

Rezepte fälschen (zu) leicht gemacht

Stuttgart - 26.08.2016, 17:00 Uhr

Keine Vorschrift: Wie ein Privatrezept auszusehen hat, dafür gibt es keine Regeln. Für das, was draufstehen muss, allerdings schon. (Foto: MarcelS / Fotolia)

Keine Vorschrift: Wie ein Privatrezept auszusehen hat, dafür gibt es keine Regeln. Für das, was draufstehen muss, allerdings schon. (Foto: MarcelS / Fotolia)


Mangelhafte Rezeptprüfung

In ihrem Fazit bescheinigen die Tester den Apotheken, die geliefert hatten, Mängel bei der  Rezeptprüfung. So hätten nur zwei der zehn online-Apotheken so genau hingeschaut, dass ihnen die „eingebauten Ungereimtheiten" aufgefallen sind: ­Rezept handschriftlich ausgefüllt, Telefonnummer des behandelnden Arztes fehlt, Name des Arztes war frei erfunden, Adresse des Patienten und des Arztes waren identisch, im Bestellvorgang wurde eine erfundene Telefonnummer angegeben.

Beim gegenwärtigen System sei die Wahrscheinlichkeit gering, einen derartigen Betrug aufzudecken. Insbesondere die Lieferung auf Rechnung ohne Identitätsprüfung des Kunden sei anfällig, heißt es im Testbericht

Verifizierung jedes Rezepts nicht zumutbar

Dass es so leicht ist, auf diesem Weg an verschreibungspflichtige Arzneimittel zu gelangen, dafür machen die Tester die fehlenden Formvorschriften für Privatrezepte verantwortlich – ein Problem, das online- wie auch Vor-Ort-Apotheken haben.

Pharmazeutisches Personal würde im Zweifel in die Rolle eines privaten Ermittlers gedrängt, schreibt testbericht.de. Denn der für Apotheken bislang einzig sichere Weg zur Verifizierung eines Privatrezeptes sei, in jedem Einzelfall die Praxis in einem Ärzteverzeichnis zu recherchieren und zu kontaktieren, ob sie dieses Rezept ausgestellt hat.

Und nicht einmal das geht in jedem Fall.

Denn ein Arzt muss in keiner Praxis sein, um verordnen zu dürfen. Mediziner, die nicht (mehr) praktizieren, oder auch gelegentlich Krankenhausärzte können Rezeptvordrucke haben, auf denen ihre Privatadresse angegeben ist. Was dann?

Den mutmaßlichen Arzt zuhause anrufen und sich die Kopie des Arztausweises schicken lassen? Praxis oder privat – Fakt ist, die Verifizierung jedes Privatrezeptes ist im Alltag wohl kaum zumutbar. 

Als einfachste Lösung, Fälschungen zumindest  zu erschweren, schlagen die Tester ein einheitliches Formular für Privatrezepte vor – vergleichbar mit dem Muster 16 – das nur Ärzte beziehen können. Eine weitere Maßnahme könnte ein TAN-System sein, das nach Ansicht der Tester mit wenig technischem Mehraufwand und ohne Datenschutzprobleme umsetzbar wäre.

Im Anschluss an den Test wurden die Apotheken mit den Ergebnissen konfrontiert. Die „Durchgefallenen“ fordern zentrale Ärztedatenbanken, eRezepte und strengere Formvorschriften. Damit haben sie auf jeden Fall Recht – in diesem Bereich besteht Handlungsbedarf. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Ich sehe das Problem nicht

von Markus Licht am 11.09.2018 um 18:44 Uhr

Es ist doch schon schlimm genug, dass man als Verbraucher in diesem "freien Land" derart bevormundet wird. Solange ein Apotheker rechtlich sicher ist, indem er vorgeben kann, von nichts gewusst zu haben, finde ich es gut, wenn dem Wunsch des Kunden nachgekommen wird. Daher versuche ich es als Verbraucher auch gerne bei der nächsten Apotheke, sofern eine Zicken macht. Offenbar hat sie dann ja genug Kunden. Es ist mein Körper und ich möchte mir nicht, von anderen vorschreiben lassen, wie ich Beschwerden behandle, unter denen ich stark leide, wenn ich ein wirkungsvolles Gegenmittel kenne. Ebensowenig möchte ich tagelang leiden, nur weil mein Arzt mal wieder erst nächste Woche einen Termin frei hat.

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