Stada vor der Hauptversammlung

Zerschlagung oder nicht?

Bad Vilbel - 24.08.2016, 16:00 Uhr

Tag der Entscheidung: Am kommenden Freitag entscheidet sich vieles bei Stada. (Foto: Unternehmen)

Tag der Entscheidung: Am kommenden Freitag entscheidet sich vieles bei Stada. (Foto: Unternehmen)


Unmittelbar vor der entscheidenden Hauptversammlung bei Stada wächst die Spannung. Was will und kann der sogenannte aktivistische Investor Active Ownership Capital (AOC) erreichen? Hat AOC die Unterstützung anderer Aktionäre? Steht gar die Zerschlagung des Unternehmens an?  

Der 26. August 2016 wird für Stada ein wichtiges Datum. Am Freitag, dem Tag der Stada-Hauptversammlung, wird sich entscheiden, wie es künftig mit dem Unternehmen weitergehen wird. Wer wird das Sagen im Aufsichtsrat haben? Wird ein neu besetzter Aufsichtsrat Einfluss auf die Besetzung des Vorstandspostens nehmen? Auch die strategische Ausrichtung des Bad Vilbeler Arzneimittelherstellers steht zur Debatte. Und mehr noch: Seine grundsätzliche Existenz: Denn eine Zerschlagung in seine Einzelteile könnte das Ende von Stada in seiner jetzigen Form bedeuten.

Letzteres ist keinesfalls auszuschließen. Vor allem die zahlreichen Forderungen des Frankfurter Investors Active Ownership Capital (AOC), die dieser in den vergangenen Monaten unüberhörbar ins Land hinaus getragen hat, lassen diese Variante möglich erscheinen. Viele Branchenkenner und Fachjournalisten deuten das Vorgehen von AOC jedenfalls in diese Richtung, auch die Pharmazeutische Zeitung. Die hatte in einem Meinungsbeitrag geschrieben, AOC plane die Zerschlagung von Stada. 

AOC dementiert

So absolut will das AOC offenbar aber nicht gelten lassen. Der Frankfurter Fonds dementierte die Aussage und forderte laut Frankfurter Allgemeine Zeitung von dem Fachmedium eine Gegendarstellung. „Hierzu stellt AOC fest, dass die Zerschlagung oder ein Verkauf von Stada seitens AOC weder geplant war, noch geplant ist. Äußerungen in diese Richtung hat AOC nie getätigt.“

Nach der Hauptversammlung wird sich möglicherweise zeigen, was an diesen Aussagen dran ist. Die FAZ berichtet jedenfalls von ihren eigenen Erfahrungen mit AOC: Anfang Mai habe das Blatt erstmals über den Einstieg des Investors bei Stada berichtet und darüber, dass dieser einen Vorstoß gegen das Management plane. Daraufhin sei in der Presse gestreut worden, AOC strebe keinen Managementwechsel an. Nur wenige Tage später forderte AOC, fünf der sechs Kapitalvertreter im Stada-Aufsichtsrat auszutauschen; inzwischen sollen alle sechs abtreten. Später drang AOC darauf, auch den Vorstand neu zu besetzen - erst in vertraulichen Gesprächen, dann öffentlich. So fragt die FAZ nun: „Was ist dann das Dementi in Sachen Zerschlagung oder Verkauf wert?“ 

Frontalangriff auf Stada

Auch beim Stada-Beiratsvorsitzender Thomas Meyer stößt das Vorgehen von AOC auf Kritik. In einem Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung sagte er kürzlich: „Wir sehen das Vorgehen von AOC als einen Frontalangriff auf das Unternehmen Stada. AOC stilisiert sich als der große Retter, der mit seinem Engagement den Firmenwert von Stada deutlich steigern will. Das tatsächliche Ziel von AOC ist jedoch aus unserer Sicht, die Kontrolle über Stada zu erlangen, das Unternehmen zu zerschlagen und dann die einzelnen Teile gewinnbringend zu verkaufen.“ Laut Meyer gehe es schlicht darum, Kasse zu machen. „Wir als Beirat setzen uns mit unseren Mitteln dafür ein, dieses Szenario abzuwenden.“

Laut AOC ist Meyer allerdings nicht unverdächtig. Der Fonds verweist darauf, dass er der Sohn des Aufsichtsratsmitglieds Constantin Meyer sei. „Es ist unserer Kenntnis nach einmalig, dass in einem börsennotierten Unternehmen mit 100 Prozent Freefloat ein Sohn eines Aufsichtsratsmitglieds im Beirat sitzt, geschweige denn diesen anführt. Das ist ein klarer Interessenskonflikt und belegt einmal mehr, dass Stada in Punkto Corporate Governance ein Schlusslicht unter den börsennotierten Konzernen bildet.“ Meyer kämpfe offensichtlich nicht um den „Erhalt der Firma“, sondern um den Erhalt seiner Position und seiner Bezüge, so AOC. 

Ob Meyers Kampf gegen AOC gelingt, ist allerdings keinesfalls sicher. Mittlerweile haben auch andere Investoren ihre Fühler in Richtung Stada ausgestreckt, unter ihnen der für sein unerbittliches Vorgehen bekannte US-Investor Guy Wyser-Pratte. Die Investoren bringen es angeblich auf zusammen bis zu 30 Prozent des Aktienkapitals und drängen auf weitreichende Änderungen, die zu einer besseren Performance ihrer Beteiligung führen sollen. 

Kritik der Investoren

So kritisieren die Investoren, dass sich Stada operativ in den letzten Jahren schlechter entwickelte als Konkurrenten. Sie sehen Missstände in der Corporate Governance und verweisen auf die hohen Bezüge und Pensionsansprüche des mittlerweile zurückgetretenen langjährigen Vorstandsvorsitzenden Hartmut Retzlaff. Der Aufsichtsrat ist in den Augen der Investoren zu alt, nicht mit Fachleuten besetzt und stehe einem Neuanfang im Weg. So ist beispielsweise AOC der Meinung, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Martin Abend nach sieben Jahren an der Spitze des Gremiums und 13 Jahren Zugehörigkeit zum Kontrollorgan nicht mehr geeignet ist, die Prinzipien der guten Unternehmensführung, die Corporate Governance, bei Stada auf eine neue Grundlage zu stellen. Stattdessen soll der zuletzt als Manager des schweizerischen Pharmakonzerns Novartis tätige Eric Cornut in den Aufsichtsrat einziehen.

Stada-Machtkampf: Gute Zeiten für Anleger

Zudem zeigten kürzlich zwei Externe Interesse am Vorstandsposten von Stada, der frühere Ratiopharm-Boss Claudio Albrecht und der aktuelle Chef des schwedischen Pharmaherstellers Meda, Jörg-Thomas Dierks. Dabei sitzt seit dem Abgang von Hartmut Retzlaff Anfang Juni Matthias Wiedenfels bei Stada solide im Sattel. Er hat frischen Wind in das Unternehmen gebracht und eigene Pläne zur Weiterentwicklung des Unternehmens vorgestellt.

Immerhin, ein Punkt dürfte bei der Hauptversammlung ohne größere Probleme durchgewunken werden: die Abschaffung der vinkulierten Namensaktien, die eine Übernahme bisher erschwerten. Durch die Vinkulierung konnten bisher die Stimmrechte eines Aktienkäufers durch den Vorstand ausgeschlossen werden.

Anleger haben in den vergangenen Monaten von dem Trubel um Stada jedenfalls profitiert. Die seit Jahren träge dahindümpelnde Aktie entwickelte sich zuletzt prächtig und hat ihre Underperformance gegenüber dem MDax nahezu aufgeholt.

Das Anleger-Portal Wallstreet-Online weist darauf hin, dass kurzfristig ein weiteres erhebliches Kurspotenzial drin sei, wenn die aktivistischen Investoren auf der Hauptversammlung einschneidende Veränderungen durchboxen. Allerdings: Kommen die Investoren nicht durch, drohen insbesondere nach dem starken Anstieg der vergangenen Monate Kursverluste. Nicht nur für Stada selbst, sondern auch für die Anleger wird der 26. August somit ein wichtiger Tag werden. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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