Hortensien 

Drogenrausch aus dem Blumenbeet?

Stuttgart - 18.08.2016, 17:30 Uhr

Hydrangea macrophylla erfreuen sich großer Beliebtheit – und das offensichtlich nicht nur bei Gartenfreunden. (Foto: aquaphoto / Fotolia)

Hydrangea macrophylla erfreuen sich großer Beliebtheit – und das offensichtlich nicht nur bei Gartenfreunden. (Foto: aquaphoto / Fotolia)


Hortensien sollen berauschende Wirkung haben. Diese beruht aber nicht allein auf der Schönheit der Pflanzen. Hydrangea macrophylla, also der Gartenhortensie, sagt man nach, ähnlich wie Marihuana zu wirken. Stimmt das oder ist der Trip aus dem Vorgarten nur ein gefährlicher Mythos?

Stechapfel, Bilsenkraut, Engelstrompeten – eine ganze Reihe von Pflanzen wird aufgrund ihrer halluzinogenen oder berauschenden Wirkung als sogenannte „Bio- oder Naturdrogen“ verwendet. In Foren und auf einschlägigen Internetseiten finden sich massenhaft „Experten-Tipps“, wie eine optimale Rauschwirkung erzielt wird. Ein großer Vorteil dieser Pflanzen soll sein, dass sie nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Sie sind also legal. Seit den späten 1990er-Jahren sind die selbstgepflückten Rauschdrogen wieder auf dem Vormarsch, berichtet die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 18. August 2016. Häufig werden sie in dem Irrglauben konsumiert, die Stoffe seien, weil sie natürlich sind, unbedenklich. Giftzentren berichten aber immer wieder über Vergiftungen mit diesen Pflanzen. 

Eine weitere Pflanze, die stellenweise als „Biodroge“ empfohlen wird, ist die Gartenhortensie – Hydrangea macrophylla. Sie soll – raucht man sie – ähnliche Wirkungen hervorrufen wie Marihuana. Es gibt offensichtlich sogar so etwas wie Beschaffungskriminalität: Zur Blütezeit werden immer wieder Diebstähle gemeldet. So soll es in Brandenburg und Schleswig Holstein ganze Diebstahlserien gegeben haben, aber auch aus anderen Bundesländern werden Fälle berichtet. 

Hortensien: Keine Inhaltsstoffe mit psychogener Wirkung

Der Hortensienklau sei ein ungelöstes Rätsel, sagt der Biologe Klaus Berkefeld gegenüber der Süddeutschen Zeitung, der beim LKA Rheinland-Pfalz  Experte für biogene Drogen ist. Hortensien enthielten keine Inhaltsstoffe, mit denen sich eine halluzinogene Wirkung erzielen ließe, erklärt er. Offensichtlich würden Hinweise auf psychogene Wirkung fremder Hydrangea-Arten kritiklos auf die heimischen Hortensien übertragen, vermutet Berkefeld. Legendenbildung spiele eine große Rolle.

Auch Florian Eyer, der Leiter des Giftinformationszentrums München, hat keine Kenntnis über psychoaktive Verbindungen in Hortensien. Die angebliche Rauschwirkung sei wissenschaftlich nicht eindeutig nachvollziehbar, sagte er gegenüber DAZ.online. Die Vergiftungs-Informations-Zentrale an der Uniklinik Freiburg erklärt, dass Hinweise aus einer Veröffentlichung zu möglicherweise psychoaktiven Inhaltsstoffen in Blättern und Blüten sich bei weiteren Untersuchungen bisher nicht bestätigt hätten. 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt auf Anfrage von DAZ.online, dass es in der Fachliteratur keine wissenschaftlichen Hinweise bzgl. einer rauschenden Wirkung durch das Rauchen von Hortensien gebe. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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