Pharmakonzerne zum Apothekenhonorar

Ist das Honorarplus für Apotheker verfassungswidrig?

Berlin - 16.08.2016, 17:00 Uhr

Fragen zum Apothekenhonorar: Die forschenden Arzneimittelhersteller meinen, dass die Gehaltserhöhung für Apotheker dem Gleichbehandlungs-Grundsatz widerspreche. (Foto: dpa)

Fragen zum Apothekenhonorar: Die forschenden Arzneimittelhersteller meinen, dass die Gehaltserhöhung für Apotheker dem Gleichbehandlungs-Grundsatz widerspreche. (Foto: dpa)


Der Verband forschender Arzneimittelhersteller sieht die Honorarsteigerungen für Apotheker in den Bereichen Rezepturherstellung und BtM-Abgabe kritisch. In seiner Stellungnahme zum Pharma-Gesetz hinterfragt der Verband, ob die Vergütungsanstiege der Apotheker verfassungskonform sind. Auch sonst lässt der Verband kein gutes Haar an dem Referentenentwurf.

Der Entwurf zum Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) enthält eine Steigerung der Vergütung für Apotheker in den Bereichen Rezepturherstellung und BtM-Abgabe. Für Rezepturen sollen die Pharmazeuten künftig eine zusätzliche Pauschale von 8,35 Euro erhalten, außerdem winkt ein Plus von einem Euro bei den dreistufigen Arbeitspreisen. Für die Belieferung von T- und BtM-Rezepten sollen Apotheker künftig 2,91 Euro erhalten.

In erster Linie will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit dem AM-VSG aber die frühe Nutzenbewertung nachbessern sowie weitere Einsparungen im Arzneimittelbereich umsetzen. Den Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) stört es, dass das BMG das Apothekenhonorar mit den Änderungen im Pharma-Bereich verknüpft. In seiner Stellungnahme weist der Verband darauf hin, dass die Bundesregierung hier einen „Verschiebebahnhof“ aufmache.

In dem Papier, das DAZ.online vorliegt, heißt es wörtlich: „Letztlich legt auch die Begründung des Referentenentwurfes nahe, dass die anvisierten Einnahmen durch Herstellerabschlag und Preismoratorium im Sinne eines ‚Verschiebebahnhofs‘ zur Querfinanzierung etwa der Vergütungsanstiege bei Apotheken gedacht sind […].“ Die Pharmakonzerne fragen sich, ob diese Querfinanzierung verfassungskonform ist. Schließlich sei der Gemeinwohlbelang dadurch infrage gestellt. Mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz sei das „bedenklich“, erklärt der vfa.

Fakt ist: Eine direkte, kausale Verbindung zwischen dem gesteigerten Apothekenhonorar und dem Preismoratorium ist im Referentenentwurf nicht zu erkennen. Das BMG listet lediglich die durch das Gesetz entstehenden Mehrausgaben für die Krankenkassen auf, um danach die Einsparungen zu nennen. Einen inhaltlichen Zusammenhang oder eine Plus-Minus-Rechnung zwischen dem Apothekenhonorar und den Einsparungen gibt es jedoch nicht.

vfa: Apotheker sollten Erstattungsbetrag nicht sehen dürfen

Doch der vfa ist auch enttäuscht, wie das BMG die Verabredungen aus dem Pharmadialog aufgegriffen hat. Die gesetzliche Umsetzung sei wenig konkret, es fehle ihnen an der notwendigen Klarheit. Zum Beispiel: Die vereinbarte Vertraulichkeit von Erstattungsbeträgen. Zur Erklärung: Der zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband nach Abschluss der frühen Nutzenbewertung verhandelte Erstattungsbetrag soll künftig nur noch denjenigen Institutionen zur Verfügung gestellt werden, die ihn zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen.

Die Pharmaindustrie begründet diese Forderung nach geheimen Preisen so: Die Folge der derzeit öffentlichen Erstattungsbeträge sei, dass pharmazeutische Unternehmen immer häufiger zur Marktrücknahme gezwungen sehen, weil sie aufgrund der internationalen Preisreferenzierungssysteme keinen auskömmlichen Erstattungsbetrag vereinbaren konnten. Zum anderen würden Arzneimittel mit günstigem Erstattungsbetrag von Händlern ins Ausland weitergekauft, statt sie den Patienten in Deutschland zur Verfügung zu stellen.

Im Referentenentwurf werde die Zielsetzung zwar wiedergegeben, erklärt der vfa in seiner Stellungnahme. Doch eine Konkretisierung zur Lösung der Probleme fehle. Laut Referentenentwurf soll noch eine Rechtsverordnung geschaffen werden. Für den vfa zielt die Vereinbarung des Pharmadialogs aber auf „echte Vertraulichkeit“ ab. Und er macht deutlich, was er darunter versteht: nämlich eine durchgängig direkte Abwicklung von AMNOG-Rabatten zwischen Arzneimittelhersteller und Krankenkassen. Bislang wird der Rabatt durch die Handelsstufen an die Krankenkassen weitergegeben.

Die Realisierung geheimer Preise ist aus Sicht vieler Marktteilnehmer äußerst schwierig. Es stellen sich Fragen wie: Wie berechnen sich die Umsatzsteuer sowie die Margen der Apotheker und Großhändler? Welche sind die berechtigten Institutionen? Brauchen Ärzte die Preisinformationen nicht auch, um wirtschaftlich verordnen zu können? Der vfa würde hier künftig auf eine ex-post- Abwicklung nach dem Vorbild der Generika-Rabattverträge setzen: Nur die Krankenkassen sollen die Preisinformation kennen und den Herstellern dann eine entsprechende Rechnung stellen. Weder Apotheken noch Großhändler sollen den Erstattungsbetrag demnach also künftig sehen können.

Weitere Kritikpunkte des vfa betreffen Änderungen am Verfahren der frühen Nutzenbewertung. So dürfe der Gemeinsame Bundesausschuss nicht ermächtigt werden, für bestimmte Patientengruppen, für die ein Zusatznutzen nicht belegt ist, Verordnungsausschlüsse vorzunehmen.

Darüber hinaus moniert der vfa, dass der Gesetzentwurf auch weitreichende Markteingriffe umfasse, die im Pharmadialog nie Thema gewesen seien. Dazu zählt etwa die Verlängerung des Preismoratoriums, die aus vfa-Sicht aus ordnungspolitischen und verfassungsrechtlichen Gründen rundweg abzulehnen ist. Die unternehmerische Planungssicherheit werde durch die Zwangsrabatte erheblich eingeschränkt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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5 Kommentare

Strophanthin

von William-Stephen Taylor am 06.07.2018 um 11:04 Uhr

Striophanthin ist nicht zu kriegen, est ist von die Parma Mafia verboten weil es wirksam ist. Versuchen sie es von ihren arzt zu bekommen. Google it...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Polemik

von Rita Längert am 17.08.2016 um 10:58 Uhr

kann ich auch. Wie sieht es denn mit der "verfassungskonformen" kreativen Preisfindung bei neuen Arzneimitteln aus? Eine Kalkulation anhand des Wirkstoffgehaltes gibt es doch schon lange nicht mehr, siehe Xarelto, Inegy oder auch der Wirkstoff Dimethylfumarat, in der Psoriasis-Therapie ein Schnäppchen im Vergleich zur MS-Therapie. Die Liste lässt sich bei den in den letzten Jahren auf den Markt gekommenen Medikamenten unendlich fortführen. Man könnte auch sagen, maximale Abzocke des Gesundheitssystems, würde ich natürlich so nicht formulieren. Hauptsache die ausgehandelten Preise bleiben geheim (damit im europäischen Ausland das Spielchen der Gewinnoptimierung weitergehen kann), zur Not deckelt man noch die extrem hohe 3%-Marge der Apotheker um bei den Preisverhandlungen mit den Krakas vielleicht noch einen Euro mehr rauszuholen. Danke VfA, wir lieben euch!

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Forschende Pharmaunternehmen

von Marc. Schmidt am 16.08.2016 um 19:19 Uhr

... Muss ich doch mal schauen was die forschenden Kollegen so an OTC im Sortiment haben...

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Genau!

von Peter Lahr am 16.08.2016 um 18:37 Uhr

Natürlich ist das verfassungswidrig, der Apotheker existiert nicht im realen Leben das aus Inflation und allgemeiner Lohnsteigerung besteht sondern in einer Parallelwelt. Darum besteht auch gar keine Notwendigkeit. Und wenn er das Honorar jetzt wieder 10-20 Jahre nicht erhöht bekommt dann ist das ok. Es ist dann zwar reell ca 30% weniger Wert als es zur Einführung war, aber das wäre ja nur relevant für Menschen in dieser Welt, der Apotheker braucht es nicht, Inflationsausgleich brauchen nur Unternehmen die in dieser Welt existieren. Ausserdem ist unsere BTM Gebühr noch nicht mal 40 ;P

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AW: Richtig! Paralleluniversum Apotheke

von Armin Spychalski am 16.08.2016 um 19:14 Uhr

So ist es! Zur Leitung einer Apotheke kommt mann oder frau nur, um sich die Zeit zu vertreiben und weil es peinlich ist, etwas des Geldes wegen anzufangen. Vorschriften befolgen, sich beschimpfen lassen, Strafzahlungen leisten, wer's verdient hat.. Ich finde, die Angestellten müssen auch mindestens jährlich eine Lohnerhöhung erhalten, dabei kommt es selbstverständlich nicht darauf an, ob das Geld tatsächlich erwirtschaftet wird. Ja, alle anständigen Leute sollen jeden Tag ordentlich shoppen gehen können. Der Apothekenleiter soll lieber jeden Tag und jede Nacht Notdienst leisten, um sich ein wenig nützlich zu machen, dann hat er nicht mal die Zeit selbst das wenige Geld noch auszugeben. Oh, ein Denkfehler, dann bekommt er doch viel zu viel Notdienstpauschale, ich finde, die sollte er gemeinnützig spenden.

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