Gehaltstabelle

Was verdienen die Gesundheitspolitiker nebenher?

Berlin - 10.08.2016, 10:30 Uhr

Üppige Nebeneinkünfte: Mindestens 18 Millionen Euro sollen die Bundestagsabgeordneten seit 2013 nebenbei eingenommen haben. Die Gesundheitspolitiker verhielten sich aber vergleichsweise zurückhaltend. (Foto: T. Truschel / Bundestag)

Üppige Nebeneinkünfte: Mindestens 18 Millionen Euro sollen die Bundestagsabgeordneten seit 2013 nebenbei eingenommen haben. Die Gesundheitspolitiker verhielten sich aber vergleichsweise zurückhaltend. (Foto: T. Truschel / Bundestag)


Ein Bundestagsabgeordneter erhält für seine Tätigkeit eine Abgeordnetendiät von rund 112.000 Euro pro Jahr. Vielen Politikern scheint das nicht zu reichen, wie die neue Nebeneinkunfts-Statistik von abgeordnetenwatch.de zeigt. Im Vergleich zu ihren Kollegen in anderen Ausschüssen halten sich die meisten Gesundheitspolitiker allerdings zurück.

Das Transparenz-Portal abgeordnetenwatch.de hat die Nebenverdienste aller Bundestagsabgeordneten recherchiert und sie in Tabellen zusammengefasst. In dieser Legislaturperiode haben die Abgeordneten demzufolge mindestens 18 Millionen Euro zusätzlich kassiert. Zur Erklärung: Wenn ein Mitglied des Bundestages (MdB) mehr als 10.000 Euro pro Jahr nebenher verdient, muss er dies bei der Bundestagsverwaltung angeben. Genaue Angaben müssen die Politiker allerdings nicht machen: Es gibt einen zehnstufigen Einnahmenkatalog, bei dem die MdBs jeweils nur die Stufe angeben müssen. Und: Die höchste Stufe (Stufe 10) ist nach oben hin offen. Dort heißt es nur: Verdienste über 250.000 Euro.

Am meisten nebenher verdient hat der CSU-Abgeordnete Philipp Graf Lerchenfeld, der die Union im Finanzausschuss des Bundestages vertritt. Seine Nebeneinkünfte seit 2013 werden auf mindestens 1,73 Millionen Euro eingeschätzt. Wegen der nach oben hin geöffneten letzten Verdienststufe könnten es aber bis zu 2,4 Millionen Euro sein, schätzt abgeordnetenwatch.de. Lerchenfeld ist selbstständiger Landwirt und nebenbei in mehreren süddeutschen Unternehmen tätig, etwa der Bayernwerke AG oder der Südzucker AG. Außerdem ist Lerchenfeld Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.

Tätigkeiten in Kliniken, Kammern oder Beiräten

Als erster Gesundheitspolitiker ist Rudolf Henke (CDU) auf Rang 10 aufgeführt. Henke hat neben seinem Mandat bis zu 861.000 Euro verdient. Seine Einnahmen stammen hauptsächlich aus einer ärztlichen Tätigkeit für das St. Antonius Krankenhaus in Eschweiler sowie mehreren Tätigkeiten in Unternehmen aus dem Gesundheitswesen. Unter anderem ist Henke Beiratsmitglied und Mitglied der Vertreterversammlung bei der Apobank. Nicht unerheblich verdient er auch als Ärzte-Funktionär. Henke ist Präsident der Ärztekammer Nordrhein (bis zu 15.000 Euro pro Jahr) sowie 1. Vorsitzender des Marburger Bundes (bis zu 7.000 Euro jährlich).

Der letzte verbliebene Apotheker im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), liegt mit seinen Nebeneinkünften auf Platz 13. Der Industrie- und Wirtschaftspolitiker verdiente bis zu 556.500 Euro dazu. Seine Apotheke hat Fuchs schon vor Jahren aufgegeben. Inzwischen ist er in Beiräten mehrerer Unternehmen, verdient mit Vorträgen und ist ehrenamtliches Mitglied in mehreren Verbänden. Fuchs hatte im Frühjahr 2016 bekannt gegeben, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren.

Schlafkomfort, Forderungsmanagement und ein privater Klinik-Konzern

Auf Platz 21 der Top-Nebenverdiener liegt ein Politiker, den die Apotheker kennen müssten. Es geht um Roy Kühne, der sich während der Schiedsstellenverhandlungen zu Null-Retaxationen zuletzt für die Apotheker stark machte. Kühne ist Physiotherapeut und betreibt die Firma „Dr. Roy Kühne Schlafkomfort“, die Matratzen vertreibt.  Auch als Physiotherapeut verdiente Kühne seit 2013 immerhin bis zu 30.000 Euro hinzu. Insgesamt nahm der CDU-Politiker seit 2013 bis zu 413.000 Euro zusätzlich ein.

Ähnlich viel (knapp 400.000 Euro) nahm Dr. Georg Nüßlein ein. Der CSU-Abgeordnete Nüßlein ist zwar nicht ordentliches Mitglied im Gesundheitsausschuss, spielt jedoch eine wichtige Rolle bei allen gesundheitspolitischen Themen im Bundestag. Denn als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union ist er für das Thema Gesundheit zuständig und hat, wie sein Vorgänger Johannes Singhammer (CSU), einen direkten Draht ins Bundesgesundheitsministerium. Nüßlein ist nebenher als Wirtschaftsberater tätig, ist an einem Klein-Wasserkraftwerk in Bayern beteiligt und sitzt im Aufsichtsrat von „on-collect sollutions“, einer Firma für Forderungsmanagement.

Nach einem größeren Abstand folgt auf Rang 45 der erste SPD-Gesundheitspolitiker, Karl Lauterbach (bis zu 188.000 Euro). Wie sein Parteikollege Peer Steinbrück, der zu den Top-Nebenverdienern gehört, hielt Lauterbach seit 2013 mehrere politische, teilweise auch medizinische Vorträge, für die er Honorare kassierte. Für seine Autorentätigkeit – Lauterbach veröffentlichte ein Buch über die Behandlung von Krebs – bekam der SPD-Politiker bis zu 30.000 Euro. Außerdem ist Lauterbach Aufsichtsratsmitglied bei der Rhön-Klinken AG, hier verdient er bis zu 15.000 Euro. Die Rhön-Kliniken AG ist einer der größten privaten Krankenhauskonzerne in Deutschland. Das Unternehmen besitzt unter anderem die einzige privatisierte Uni-Klinik Deutschlands in Marburg/Gießen.

Gesundheitspolitiker im unteren Tabellen-Drittel

Auf Rang 70 folgt schließlich der CDU-Arzneimittel-Experte Michael Hennrich. Bis 2015 war Hennrich beispielsweise als Beirat in einer Unternehmensberatung im Arzneimittelwesen tätig. Das Unternehmen berät unter anderem Pharmaunternehmen vor der Einreichung ihrer Nutzenbewertungs-Dossiers. Diese Nebentätigkeit hat der CDU-Politik inzwischen aber aufgegeben. Hennrich ist noch in einem privaten Versicherungsunternehmen tätig und hielt diverse Vorträge, einige davon vor Vertretern von Pharmakonzernen. Insgesamt kassierte Hennrich mehr als 136.000 Euro.

Der letzte Gesundheitspolitiker mit nennenswerten Nebenverdiensten ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Gröhe nahm nach der vergangenen Bundestagswahl mindestens 30.000 Euro zusätzlich ein. Diese Verdienste gehen laut Bundestagsverwaltung aber auf Tätigkeiten zurück, denen Gröhe inzwischen nicht mehr nachgeht. Seitdem er Minister ist, ist Gröhe beispielsweise nicht mehr Generalsekretär der CDU. Für diesen Job kassierte er bis zu 15.000 Euro zusätzlich. Seine ehrenamtliche Mitgliedschaft in der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands hat der Minister allerdings nicht aufgegeben.

Mit ihren Nebenverdiensten liegen die genannten Gesundheitspolitiker des Bundestages fast alle in den unteren Bereichen der Nebenverdienst-Tabelle. Viele Gesundheits-Experten sind noch nicht einmal aufgeführt. Dass beispielsweise die SPD-Apotheken-Expertin Sabine Dittmar und die Grünen-Politikerinnen Kordula-Schulz Asche und Maria Klein-Schmeink nicht vorkommen, liegt daran, dass ihre Nebenverdienste unter 10.000 Euro liegen und somit die Pflichtangabe-Schwelle nicht überschreiten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Die größten Kritiker der Elche waren früher (?) selber welche

von Christian am 10.08.2016 um 12:19 Uhr


162 Bundestagsabgeordnete (von 630) haben im letzten Jahr Nebeneinkünfte von 18 bis 33 Mio Euro kassiert (so genau kann man es aufgrund fehlender Transparenz nicht berechnen - macht im Schnitt zwischen 111.111,- und 203.703,- Euro) - und ziemlich dicke mit dabei Karl Lauterbach (zwischen 91.000 und 188.500 Euro laut abgeordnetenwatch.de ). Da nehmen sich die kolportierten ca. 575 Mio. Euro an Honoraren für Vorträge, Publikationen und die ach so bösen Anwendungsbeobachtungen der ach so bösen Pharmaindustrie an die Ärzteschaft nachgerade harmlos an. Wenn jeder Vierte der rund 400.000 Ärzte (ohne sonstige Heilberufe) diesbezügliche Nebeneinkünfte hatte, macht dies im Schnitt 5750,- Euro.

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