Apobank

Der Trick mit dem Zins

Düsseldorf - 04.08.2016, 17:30 Uhr

Rechnet keine Zinsen falsch ab: Das gute alte Sparschwein. (Foto: BillionPhotos.com / Fotolia)

Rechnet keine Zinsen falsch ab: Das gute alte Sparschwein. (Foto: BillionPhotos.com / Fotolia)


Zahlreiche Banken berechnen ihren Kunden bei Krediten offenbar zu hohe Zinsen. Rechtsanwälte verklagen unter anderem die Düsseldorfer Apobank, gegenüber Ärzten und Apothekern nicht korrekt abgerechnet zu haben. Derweil hat die Finanzaufsicht Bafin eine breit angelegte Untersuchung zur Zinspolitik der Banken und Geldinstitute eingeleitet.

Zahlreiche Banken und Geldinstitute sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, bei Krediten mit variablem Zinssatz ihren Kunden überhöhte Zinsen zu berechnen. Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) scheint sich dabei in besonderem Maße hervorzuheben. So klagt die Münchener Kanzlei Rössner aktuell in zwei Fällen gegen das Düsseldorfer Geldhaus, das knapp 400.000 Kunden aus dem Bereich der Heilberufe hat. Zwischen 2010 und 2014 hat die Kanzlei bereits sieben Verurteilungen gegen das Geldhaus durchgesetzt.

Bei variabel verzinsten Krediten orientiert sich die Höhe des aktuellen Zinses an einem Basiszinssatz, in der Regel dem Drei-Monats-Euribor. Steigt dieser, erhöht sich auch der variable Zins für den Bankkunden. Sinkt der Euribor, sollte sich auch der Kundenzins entsprechend verringern. Doch hier scheint es zu hapern: Nach Erfahrung von Rössner-Rechtsanwalt Robert Buchmann erhöht die Apobank zwar schnell die Zinsen, lässt sich aber Zeit, sie bei einem sinkenden Euribor entsprechend rasch zu senken. Nicht selten würden dabei Wochen vergehen. Für die Bank ein zusätzlicher Profit.

Buchmann erklärt, dass die variabel verzinsten Kreditverträge mit einem Zinscap ausgestattet seien. Damit bewege sich der Zins innerhalb einer bestimmten Bandbreite, beispielsweise zwischen 3,5 und 4,5 Prozent. Allerdings, so Buchmann, halten die Gerichte den Cap wie auch die Zinsanpassungsklausel in der Regel für unwirksam, da die Geldinstitute in ihren Verträgen vielfach die Parameter nicht genau ausgewiesen hätten, nach denen sie den variablen Zins berechnen. So seien Klauseln oftmals zu allgemein formuliert. Im Falle der Apobank sei der Euribor als Referenzzinssatz nicht benannt worden, und auch die Höhe der jeweiligen Zinsänderung sei oftmals nicht klar. 

Neuberechtigung gefordert

Seine Kanzlei fordere die Banken in solchen Fällen daher auf, den Zinssatz neu und korrekt zu berechnen. Dem kämen die Geldinstitute jedoch oftmals nicht nach, sagt Buchmann. Insbesondere die Apobank zeigt sich nach Buchmanns Erfahrung wenig kooperativ: „Ich erlebe die Apobank schlampig in ihrer Buchführung und nicht sehr professionell. Auch die Kommunikation mit uns Anwälten lässt zu wünschen übrig.“

Bei den Zinsbeträgen, die die Bank zu viel kassiert, geht es keinesfalls um Peanuts. Im Falle eines Arztes liege der Streitwert bei knapp 60.000 Euro, bei einem anderen Mediziner bei 40.000 Euro. In einem weiteren Fall habe die Bank zwar den variablen Zins auf Aufforderung hin neu berechnet, allerdings zu Ungunsten des betroffenen Arztes.

Nicht selten geht es dabei um mehrere Kreditverträge, die die Kunden bei der Bank haben. So weist Buchmann darauf hin, dass die Apobank neue Kunden oft schon an den Universitäten gewinne. Die angehenden Apotheker und Ärzte würden dann im Laufe ihres Berufslebens nicht selten mehrere Kreditverträge abschließen. 

Apobank: Klauseln entsprechen Standard

Eine Sprecherin der Apobank hält auf Anfrage von DAZ.online dagegen: „Die Fälle sind individuell und nicht einheitlich zu beurteilen. Wir prüfen jeden Einzelfall, der an uns herangetragen wird. Grundsätzlich können wir feststellen, dass die von der Apobank verwendeten Klauseln dem jeweils in der deutschen Kreditwirtschaft verwendeten Standard entsprachen und entsprechen.“ So habe die Bank bereits 2001 eine Zinsklausel eingeführt, die die erst 2009 vom Bundesgerichtshof vorgegebenen Zinsanpassungskriterien enthalte. Danach habe die Apobank die Zinsen entsprechend der dort vereinbarten Referenzen nach oben und unten angepasst.

Zahlreiche Geldhäuser betroffen

Der Vorwurf falscher Zinsberechnungen betrifft nicht nur die Apobank. Nach Meinung von Marktkennern zieht er sich durch die gesamte Bankenlandschaft, vor allem die Namen großer deutscher Geldinstitute tauchen in Beschwerden von Kunden und gerichtlichen Verfahren auf. So vertritt Rechtsanwalt Buchmann einen Mittelständler aus dem Allgäu, der vor dem Landgericht Kempten gegen die Hypovereinsbank auf 434.000 Euro klagt. Einmal war er für einen Autohausbetreiber aus München tätig, der die Deutsche Bank wegen falscher Zinsberechnungen auf 1,2 Millionen Euro verklagt hatte.  

Finanzaufsicht Bafin untersucht

Vor diesem Hintergrund hat die Finanzaufsicht Bafin aktuell Untersuchungen zu Zinsanpassungsklauseln bei variabel verzinsten Verbraucherdarlehen aufgenommen. Nach den Worten einer Sprecherin geht es dabei insbesondere um die Frage, ob die Institute Zinsänderungen rechtzeitig beziehungsweise ohne ungerechtfertigte Verzögerungen an ihre Kunden weitergeben. Die Bafin habe dazu im Juni Fragebögen an zahlreiche Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken versandt. Diese gingen auch an Autobanken, Direktbanken oder staatliche Förderbanken. Die Frist für die Antwort der Institute laufe bis Ende August.

Hintergrund für die aktuelle Untersuchung sei das Mitte 2015 mit dem Kleinanlegerschutzgesetz eingeführte Mandat der Bafin zum kollektiven Verbraucherschutz. Eine variable Verzinsung wird beispielsweise bei manchen Immobilienkrediten vereinbart, aber auch bei Autofinanzierungen oder bei Darlehen für Existenzgründungen.

Kunden ist Falschberechnung oft nicht bewusst

Das Problem bei variablen Zinsen: Die Kunden merken oft nicht, dass die Bank falsch rechnet. Nur die Wenigsten werden sich regelmäßig über den aktuellen Stand des Euribor informieren und daraus den Zinssatz für ihren eigenen Kreditvertrag ableiten. Rechtsanwalt Olaf Methner von der Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter & Kollegen, der eine Dissertation zu dem Thema geschrieben hat, hat zudem die Erfahrung gemacht, dass viele Kunden ihre Ansprüche gegenüber ihrem Geldinstitut nicht geltend machen, um Ärger mit der Bank und möglicherweise die Kündigung eines wichtigen Kontokorrentkredites zu vermeiden. Am Ende drohe für einen Mittelständler sonst womöglich ein Liquiditätsengpass.

Für Methner ist das Thema der Falschberechnungen nicht neu. In den vergangenen 15 Jahren hat er immer wieder damit zu tun gehabt. „Das taucht in der Praxis immer wieder auf und ist offenbar großflächig verbreitet“, sagt der Anwalt. Wie für seinen Kollegen Buchmann scheinen nach seiner Erfahrung Vertragskonstruktionen der Apobank für diese Praxis in erhöhtem Maße anfällig zu sein.

Eine Änderung im Verhalten der Banken konnte Methner in den zurückliegenden Jahren jedenfalls nicht feststellen. Seiner Ansicht nach steckt dahinter eine „gewisse Geschäftspolitik“. Viele Banker würden wohl denken: „Der Kunde merkt das eh nicht.“ Seine Forderung lautet daher: Die Finanzaufsicht sollte bei diesem Thema noch genauer hinschauen. Auf die Geldinstitute könnte damit noch einiges zukommen: Rechtsanwalt Buchmann geht davon aus, dass in etwa 70 Prozent der Fälle der variable Zinssatz falsch berechnet wird.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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