gesetzliche Unfallversicherung

BG-Rezepte beliefern – so geht's

Stuttgart - 04.08.2016, 11:30 Uhr

Bei Arbeitsunfällen zahlt die gesetzliche Unfallversicherung. Aber wie geht man mit den Rezepten in der Apotheke um? (Foto: zerbor / Fotolia)

Bei Arbeitsunfällen zahlt die gesetzliche Unfallversicherung. Aber wie geht man mit den Rezepten in der Apotheke um? (Foto: zerbor / Fotolia)


Was bezahlt die Berufsgenossenschaft? Alles oder nur verschreibungspflichtige Arzneimittel? Muss der Patient Zuzahlungen leisten? Welche Angaben müssen aufs Rezept und wie gibt man in der Apotheke einen Kostenträger ohne IK-Nummer in die Software ein? Die wichtigsten Fakten zu Verordnungen zulasten der Gesetzlichen Unfallversicherung. 

Bei Arbeitsunfällen oder einer Berufskrankheit übernimmt nicht die normale gesetzliche oder private Krankenkasse die Kosten für eine Therapie, sondern die gesetzliche Unfallversicherung. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es verschiedene Träger, zum Beispiel:

Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sind in einem Spitzenverband zusammengefasst, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Dieser hat gemeinsam mit der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft einen bundesweit gültigen Arzneiversorgungsvertrag mit dem Deutschen Apothekerverband abgeschlossen.

Der Vertrag regelt nicht nur die Versorgung mit Arzneimitteln, Verbandmitteln und Medizinprodukten, sondern auch mit „apothekenüblichen Waren“ gemäß § 1a Absatz 10 Apothekenbetriebsordnung, inklusive der Hilfsmittel.

Rezepte über Heil- und Hilfsmittel zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung (sogenannte BG-Rezepte) werden ebenso wie Verordnungen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf dem normalem rosa Kassenrezept (Formular 16) ausgestellt. 

Bei der Belieferung von BG-Rezepten gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit GKV-Rezepten. So gilt zum Beispiel stellenweise der Rahmenvertrag. Aber es gibt auch grundlegende Unterschiede.

Viele Regelungen wie bei der GKV

Hinsichtlich der Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen gelten die Regelungen des § 6 des Rahmenvertrages. So darf beispielsweise – ebenso wie bei GKV-Verordnungen – nur gestückelt werden, wenn die nach Stückzahl verordnete Menge keinem definierten N-Bereich entspricht. Oder: Rezepte, auf denen Stückzahlen verordnet sind, die über der größten Messzahl (Nmax) liegen, dürfen nur beliefert werden, wenn die gewünschte Stückzahl ein Vielfaches von Nmax ist und der Vertragsarzt einen Vermerk (!) aufgebracht hat.

Bei der Auswahl preisgünstiger Arzneimittel gelten die üblichen Regeln zu Aut-idem (§ 4 Absatz 1 des Rahmenvertrags) sowie bei Importen die 15/15-Regel (§ 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V). Sollten Rabattverträge geschlossen werden (derzeit nicht der Fall) – heißt es im Vertrag – „verständigen sich die Vertragspartner kurzfristig auf Regelungen entsprechend § 4 Absätze 2 bis 5 des Rahmenvertrages“.

Die Rezepte müssen innerhalb eines Monats nach Ausstellung vorgelegt werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, auf BG-Rezepten eine abweichende Gültigkeit anzugeben. Diese ist dann maßgeblich. Wird das Rezept später als einen Monat nach Ausstellung beliefert, muss die Apotheke auf Nachfrage bestätigen, dass es rechtzeitig vorgelegt wurde. 

Was muss auf das Rezept? Welche Zahlungen fallen an?

Auf dem Rezept muss das Feld „Arbeitsunfall" angekreuzt sein, außerdem müssen der Unfalltag und der Unfallbetrieb angegeben werden. Ausnahme: Es handelt sich um eine Berufskrankheit. Dann ist der Hinweis „BK“ oder aber das Aktenzeichen des Unfallversicherungsträgers hilfreich, aber nicht zwingend notwendig.

Fehlen bestimmte Angaben auf dem Rezept, können sie vom Apotheker nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzt werden. Bei BG-Rezepten sind das folgende Punkte: Name des Unfallversicherungsträgers, Geburtsdatum und Anschrift des Versicherten, Ausstellungsdatum, Unfalltag, Kennzeichnung für Arbeitsunfall, soweit nicht Berufskrankheit, gegebenenfalls Noctu-Kreuz. Der Apotheker muss alle Ergänzungen abzeichnen. Nicht ergänzt werden können der Arztstempel oder der entsprechende Aufdruck der Praxis sowie die eigenhändige Unterschrift des Arztes.

Prüfpflicht

Die Apotheke hat keine Prüfpflicht, ob der angegebene Kostenträger zahlen muss. Ist das Rezept ordnungsgemäß ausgestellt, ist die jeweilige BG oder Unfallkasse verpflichtet, die Kosten für die Heil- und Hilfsmittel zu erstatten.

Was darf verordnet werden?

Im Gegensatz zu GKV-Verordnungen werden bei Rezepten zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung nie Zuzahlungen fällig. Diese trägt immer die Versicherung. Mehrkosten hingegen können fällig werden, wenn auf Wunsch des Patienten nicht nach Aut-idem ausgetauscht wird oder wenn der Preis des verordneten Mittels über dem Festbetrag liegt. Besteht allerdings der Arzt aus medizinischen Gründen auf das teurere Mittel, teilt dies der Unfallversicherung mit und kreuzt das Aut-idem-Feld an, übernimmt der Kostenträger auch die Mehrkosten. Dasselbe gilt, wenn im Rahmen der Akutversorgung oder aufgrund von Lieferengpässen das teurere Mittel abgegeben wird. In diesen Fällen macht die Apotheke einen entsprechenden Vermerk auf das Rezept.

Zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung dürfen sämtliche Arzneimittel verordnet werden. Und zwar unabhängig davon, ob sie verschreibungspflichtig, apothekenpflichtig oder freiverkäuflich sind. Darüber hinaus ist auch die Verschreibung sämtlicher Verbandmittel, Medizinprodukte sowie apothekenüblicher Waren gemäß § 1a  Absatz 10 der Apothekenbetriebsordnung inklusive Hilfsmittel möglich. Diesbezüglich gibt es auch keine regionalen Sondervereinbarungen. Sofern etwas aus den genannten Produktgruppen zulasten eines Unfallversicherungsträgers verordnet wird, muss dieser in jedem Fall der Apotheke die Kosten erstatten.

Ist eine Verordnung nicht wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit erforderlich (fehlende Kausalität oder keine medizinische Notwendigkeit), muss die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse den behandelnden Arzt darüber informieren, damit dieser keine Verordnung (mehr) zu ihren Lasten ausstellt. Die Versicherten sollten hierüber informiert werden. Sie können gegebenenfalls von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Nach Auskunft der DGUV ist eine Verweigerung der Kostenerstattung gegenüber der Apotheke nicht zulässig, auch wenn die ärztliche Verordnung zulasten der Unfallversicherung nicht richtig war.

Hilfsmittel

Bei Hilfsmittelverordnungen dürfen nur Apotheken, die zur Versorgung mit den jeweiligen Hilfsmitteln gemäß § 126 SGB V berechtigt sind, diese auch beliefern. Das heißt, die Apotheke muss für die jeweilige Produktgruppe präqualifiziert sein. Ein separater Vertragsbeitritt ist nicht notwendig. Der Vertrag zwischen DAV und DGUV umfasst auch Hilfsmittel.

Dauerverordnungen und Preise

Für Krankenkost, Diätpräparate und Hilfsmittel sind Dauerverordnungen möglich. Eine Dauerverordnung ist eine Verordnung, die den Patienten für die Dauer von mindestens drei Monaten mit dem verordneten Mittel versorgt.

Die Gesamtmenge muss auf Basis der Angaben von Arzt oder Patient berechnet werden. Die Abgabe erfolgt in Teilmengen. Diese müssen so bemessen sein, dass keine große Lagerhaltung beim Patienten notwendig ist. Jede Lieferung wird auf der Rezeptvorderseite vermerkt. Abgerechnet wird, wenn die letzte Teilmenge abgeben ist, oder monatlich – dann muss eine Rezeptkopie eingereicht werden. 

Preisberechnung

Für die Preisberechnung ist der Tag der Abgabe maßgeblich. Für Arzneimittel, die auch zulasten der GKV abgegeben werden können, gelten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zur Preisberechnung. Für nicht apothekenpflichtige Arzneimittel und apothekenübliche Waren finden sich detaillierte Angaben in § 5 und § 6 des Arzneiliefervertrags. Auch Notdienst- und BtM-Gebühr werden wie üblich berechnet.

Wie funktioniert die Eingabe?

BG und Unfallkassen haben keine IK-Nummer, über die man den Kostenträger in der Software suchen kann. Die Rezeptscannersoftware erkennt BG-Rezepte und schlägt den Kostenträger entsprechend vor. Die manuelle Eingabe unterscheidet sich von Anbieter zu Anbieter. (Die folgenden Informationen basieren auf von den Herstellern zur Verfügung gestellten Informationen.)

Eingabe bei Winapo

Anhand vom Arzt auf dem Rezept gesetzten Kreuz im Feld Unfall / Arbeitsunfall, der fehlenden Kassen-Nr. und der Zeile Krankenkasse beziehungsweise Kostenträger erkennt der Anwender, dass es sich um ein Berufsgenossenschaftsrezept handelt.

Quelle: Lauer Fischer

In Winapo® muss der Anwender lediglich die Kostenträgergruppe Berufsgenossenschaft auswählen. Winapo® ermittelt dann automatisch, nach den Vorgaben der Berufsgenossenschaften, die korrekten Daten.

Quelle: Lauer Fischer

Eingabe bei Awinta

Die Bearbeitung von Rezepten zulasten der Berufsgenossenschaften folgt im Grunde genommen dem gleichen Ablauf wie Rezepte zulasten der gesetzlichen Krankenkassen.

Für das Rezept muss entweder das Kassen-Ik, welches auf der Verordnung angegeben ist oder der Kostenträger „Berufsgenossenschaft“ angegeben werden. (Bilder exemplarisch aus jump.) 

Quelle: Awinta

Anhand im System hinterlegter Parameter erkennt die Kassensoftware, dass zum Beispiel bei diesen Rezepten keine Zuzahlung zu leisten ist, aber Mehrkosten bei Arzneimitteln mit Festbetrag für den Patienten anfallen, wenn der Arzt nichts anderes vermerkt hat.

Quelle: awinta

Auch für die Abrechnung von Verbandstoffen, Hilfsmitteln usw. hinterlegte Berechnungen und Regelungen für die Zuzahlung (ABDA-Artikelstamm +V) werden automatisch verwendet.

Es können auch Berechnungen hinterlegt werden, zum Beispiel für die Abrechnung apothekenüblicher Waren.

Die Handhabung unterscheidet sich produktlinienspezifisch ein wenig, aber alle Produktlinien bieten eine Einstellung auf „Berufsgenossenschaft“, durch welche dann automatisch die richtigen Berechnungen angezeigt werden und Taxationen ablaufen.

Eingabe bei Pharmatechnik

Nach Auswahl des Rezeptstatus (Zuzahlungsfrei / Mehrkostenpflichtig) und Eingabe des gewünschten Artikels öffnet sich automatisch das Fenster zur
Kostenträgerauswahl. Dieses wird ohne Auswahl einer Kasse mit
Esc Abbrechen geschlossen.

Quelle: Pharmatechnik / Screenshot

Das Fenster „Artikelstamm Plus” öffnet sich nun automatisch mit der Seite Einzelverordnungen. In dem Feld „Verträge suchen” gibt man nun „Berufsgenossenschaft“ ein.

Quelle: Pharmatechnik / Screenshot

Anschließend werden der bundesweit gültige Vertrag für Berufsgenossenschaften sowie der Abrechnungspreis angezeigt. Mit „Übernehmen F12" wird der gewählte Abrechnungspreis direkt an die Kasse übernommen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

zuzahlung schmerzmittel

von Harald Burghardt am 05.12.2016 um 12:06 Uhr

mußte anfang des jahres schon mal eine zuzahlung für mein bg rezept leisten, war das rechtens. mfg.harald burghardt

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: zuzahlung schmerzmittel

von Sven Larisch am 21.06.2018 um 13:19 Uhr

Vermutlich lag das verordnete Schmerzmittel über einem sogenannten Festbetrag. Der Festbetrag ist der maximale Betrag den die gesetzlichen Krankenversicherungen und die BGs (wirtschaftliche Abgabe) bezahlen. z.B. Novalgin hat eine Zuzahlung. die günstigeren Generika wie Ratipharm,m Hexal etc. aber nicht.
Sollte es zu Ihrem Medikament keine Alternative geben und die KK hat einen Betrag fixiert, muss die Differenz vom Patienten getragen werden.

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