Chemieunfall in Wismar

31 Feuerwehrleute für eine Flasche Ammoniak

Wismar - 03.08.2016, 16:10 Uhr


Ammoniak ist nicht harmlos

Verbunden ist das fast immer mit vielen Einsatzkräften. In Wismar gingen schließlich vier Feuerwehrleute in Chemikalienschutzanzügen in die Apotheke, vor dem Gebäude wurde eine Stelle für die Dekontamination eingerichtet. „Im Endeffekt haben die Feuerwehrleute dann die Flasche in den Abzug gestellt und vorsichtig geöffnet, um den Druck abzulassen“, sagt Petersen. Fünf Minuten dauerte das, der gesamte Einsatz etwa eine Stunde. 

Die Flasche stehe mittlerweile übrigens wieder im Chemikalienschrank. „Wir haben der Hersteller angerufen. Der hat gesagt, es sei ganz normal, dass sich bei höheren Temperaturen die Flasche schon mal aufblähen könne“, sagt Petersen. Dennoch wolle man nun alle Chemikalien nochmal genau unter die Lupe nehmen, um zu sehen, ob alles in Ordnung damit ist. Viele Apotheken halten noch eine ganze Reihe von Substanzen vor, auch wenn sie eigentlich kaum gebraucht werden.

Verätzungen und lebensgefährliche Verletzungen sind möglich

Im Verkaufsraum war von dem Geruch nichts zu merken. Das Labor sei ein gutes Stück davon entfernt, sagt die stellvertretende Leiterin.

Ganz harmlos ist der Grundstoff Ammoniak auch nicht. Die leicht flüchtige farblose stechend riechende Flüssigkeit ist ein gutes Lösungsmittel für viele organische Verbindungen, dient als Grundstoff für stickstoffhaltige Substanzen und hat verschiedene Verwendungen in der Apotheke. Ammoniak ist giftig, Werden die Dämpfe eingeatmet, kann es zu Verätzungen der Schleimhäute kommen, auch auf die Augen wirkt gasförmiges Ammoniak ätzend. Werden hohe Konzentrationen eingeatmet, kann es zu lebensgefährlichen Krämpfen und Schädigungen der Atemwege bis hin zum Atemstillstand kommen.

Gelangt die Chemikalie in größerer Menge ins Blut, sind Krämpfe und Nervenschädigungen von Verwirrung bis zu Koma und Tod möglich. Da sich das Gas aber durch seinen durchdringenden Geruch bemerkbar macht, sind Vergiftungsfälle mit Ammoniak in Deutschland äußerst selten.

Update: Der Absatz zur Laborarbeit und -bevorratung wurde nachträglich angepasst.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.
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Gute Nacht Pharmazie in Deutschland

von norbert brand am 04.08.2016 um 8:28 Uhr

Man kann es kaum glauben und schämt sich einfach nur. Und das nach einer naturwissenschaftlichen Ausbildung. Zum Glück kann man diesen "Mist" jetzt einfach entsorgen, für manche wohl eine ähnlich befreiende Aktion, wie seinerzeit - ich glaube in den 70ern - als Repräsentantinnen von "Womens Liberation" sich ihrer BH's entledigte und diese plakativ wegwarf.

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Hau wech!

von Andreas P. Schenkel am 03.08.2016 um 20:01 Uhr

Dies:

"Vorhalten müssen die Apotheken die Substanzen laut Apothekenbetriebsordnung, auch wenn sie wie in Wismar eigentlich kaum gebraucht werden."

entspricht nicht mehr der aktuellen Rechtslage. Der § 4 ApBetrO alte Fassung verwies auf die "Anlage 1" mit den vorzuhaltenden Dingen, dieser Verweis ist nun getilgt, die Anlage 1 ist aufgehoben.

Die Folge: Der Ammoniak dort kann bereits morgen weg, da braucht nicht vorgehalten zu werden. Dank der ApBetrO-Novelle-2012 müssen die Apotheken keine Substanzen nach einer festgelegten Liste mehr vorrätig halten. Was man braucht, hat man da. Alles andere wird nicht nachbestellt. Die verfallenen Dinge oder alles, was Probleme macht, fliegt sofort raus.

Wir haben noch im Monat der Inkrafttretens der neuen ApBetrO gleich die Pikrinsäure und noch ein paar Gefäße ähnlich obsoleten Mists über ein Chemikalienunternehmen entsorgt und seither nicht mehr nachbestellt.

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31 Feuerwehrleute...

von Jens-Wilhelm Salchow am 03.08.2016 um 19:23 Uhr

Mannomann, geht´s nicht ´ne Nummer kleiner??
Lernt man im Studium nichts mehr über die einfachsten Dinge?
JWS

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