Chemieunfall in Wismar

31 Feuerwehrleute für eine Flasche Ammoniak

Wismar - 03.08.2016, 16:10 Uhr


Stechender Geruch aus einer aufgeblähten Flasche mit konzentriertem Ammoniak im Chemikalieneschrank hat der Hansa-Apotheke in der 45.000-Einwohner-Stadt Wismar in Mecklenburg-Vorpommern einen Großeinsatz der Feuerwehr beschert. Das war angemessen, erklärte ein Mitglied des Weltfeuerwehrverbandes gegenüber DAZ.online.

„Wir haben den stechenden Geruch aus dem Labor bemerkt und dann nachgesehen“, schildert Sandra Petersen, stellvertretende Leiterin der Hansa-Apotheke im mecklenburg-vorpommerischen Wismar, was die Mitarbeiter Anfang August beunruhigte. Eine 1-Liter-Plastikflasche mit konzentriertem Ammoniak blähte sich dort auf und entließ Schwaden der stechend riechenden Chemikalie in die Umgebung.

„Wir wussten dann nicht genau, was wir mit der Flasche machen sollten“, sagt Petersen. Man habe sich beraten und schließlich die Feuerwehr alarmiert. Die kam dann auch – mit 31 Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr und zweier freiwilliger Feuerwehren sowie insgesamt elf Fahrzeugen. Die Apotheke wurde evakuiert und die Mitarbeiter untersucht, von denen aber niemand verletzt wurde.

Erstes Ziel ist die schnelle Menschenrettung

„Solche Vorfälle müssen wir sehr ernst nehmen, deshalb haben wir die Apotheke evakuiert und das Gebäude weiträumig abgesperrt“, sagte der Einsatzleiter, Brandoberinspektor Henry Werner noch vor Ort einem Reporter der Gadebusch-Rehnaer-Zeitung, der zufällig vorbeigekommen war. Ein immenser Aufwand für eine an sich kleine Ursache, könnte man argumentieren. Die Feuerwehr handelt dabei jedoch nach Vorschrift, erklärte Jürgen Langenberg, Vertreter des Deutschen Feuerwehr-Verbandes (DFV) in der Kommission „Hazardous Materials“ des Weltfeuerwehrverbandes, bereits gegenüber DAZ.online.

Denn wie in diesem Fall sei bei der Meldung eines Chemieunfalls meist zunächst nicht klar, was genau eigentlich passiert ist und um welche Chemikalien es sich handelt. „Dann wird standardmäßig nach der Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 „Einheiten im ABC-Einsatz“ vorgegangen“, sagte Langenberg. „Kernpunkt dieser Vorschrift ist die schnelle Menschenrettung durch die ersteintreffenden Feuerwehrkräfte sowie die Verhinderung einer Ausbreitung der Chemikalien“, sagte der Experte.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.
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Gute Nacht Pharmazie in Deutschland

von norbert brand am 04.08.2016 um 8:28 Uhr

Man kann es kaum glauben und schämt sich einfach nur. Und das nach einer naturwissenschaftlichen Ausbildung. Zum Glück kann man diesen "Mist" jetzt einfach entsorgen, für manche wohl eine ähnlich befreiende Aktion, wie seinerzeit - ich glaube in den 70ern - als Repräsentantinnen von "Womens Liberation" sich ihrer BH's entledigte und diese plakativ wegwarf.

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Hau wech!

von Andreas P. Schenkel am 03.08.2016 um 20:01 Uhr

Dies:

"Vorhalten müssen die Apotheken die Substanzen laut Apothekenbetriebsordnung, auch wenn sie wie in Wismar eigentlich kaum gebraucht werden."

entspricht nicht mehr der aktuellen Rechtslage. Der § 4 ApBetrO alte Fassung verwies auf die "Anlage 1" mit den vorzuhaltenden Dingen, dieser Verweis ist nun getilgt, die Anlage 1 ist aufgehoben.

Die Folge: Der Ammoniak dort kann bereits morgen weg, da braucht nicht vorgehalten zu werden. Dank der ApBetrO-Novelle-2012 müssen die Apotheken keine Substanzen nach einer festgelegten Liste mehr vorrätig halten. Was man braucht, hat man da. Alles andere wird nicht nachbestellt. Die verfallenen Dinge oder alles, was Probleme macht, fliegt sofort raus.

Wir haben noch im Monat der Inkrafttretens der neuen ApBetrO gleich die Pikrinsäure und noch ein paar Gefäße ähnlich obsoleten Mists über ein Chemikalienunternehmen entsorgt und seither nicht mehr nachbestellt.

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31 Feuerwehrleute...

von Jens-Wilhelm Salchow am 03.08.2016 um 19:23 Uhr

Mannomann, geht´s nicht ´ne Nummer kleiner??
Lernt man im Studium nichts mehr über die einfachsten Dinge?
JWS

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