ABDA-Sprecher für einen Tag

Sven Winkler kämpft weiter um seinen Ruf

München - 21.07.2016, 06:00 Uhr

Der Pressesprecher-Prozess: In 2. Instanz liegt der Fall beim OLG München. (Bild: Helmut Vogler / Fotolia)

Der Pressesprecher-Prozess: In 2. Instanz liegt der Fall beim OLG München. (Bild: Helmut Vogler / Fotolia)


Eigentlich sollte Sven Winkler im Mai 2013 Pressesprecher der ABDA werden. Doch dann teilte die ABDA plötzlich mit, dass er seine Stelle nicht antreten werde. Grund dafür war der Kommentar einer Apothekerin in einem Online-Portal. Seitdem streitet sich Winkler mit der Apothekerin vor Gericht. Jetzt muss das Oberlandesgericht München entscheiden.

Es ist ein Fall, in dem es um Gerüchte, Rufschädigung, Ehre und die Grenzen von Meinungsfreiheit und Tatsachenbeauptungen geht. Und es geht um Sven Winkler, der am 29. April 2013 von der ABDA als neuer Pressesprecher vorgestellt worden war. Sein Dienstbeginn als Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wäre eigentlich am 1. Mai 2013 gewesen – doch dazu kam es nicht. Der Grund war nach Winklers Ansicht eine Münchener Apothekerin. Die hatte sich unter einem Online-Beitrag zu Winklers Berufung kritisch über dessen Ausscheiden bei seinem früheren Arbeitgeber, dem Helmholtz-Zentrum in München, geäußert.

In ihrem Beitrag im Nachrichtenportal Apotheke Adhoc behauptete sie sinngemäß, Winkler sei Ende 2012 wegen Unregelmäßigkeiten bei der Reisekostenabrechnung vom Helmholtz-Zentrum München fristlos entlassen worden. Die ABDA löste den Vertrag mit Winkler daher kurzfristig wieder auf.

Winkler klagte gegen die Aussage der Apothekerin auf Unterlassung sowie auf Schadensersatz, ohne anfangs die Höhe des Schadens zu beziffern. Das Landgericht München I gab den Einwänden Winklers in seinem Urteil vom 8. Januar 2016 weitgehend Recht. Der Apothekerin wurde untersagt, die monierten Aussagen, die auf Kantinengesprächen im Helmholtz-Zentrum beruhten, weiterhin zu verbreiten. Zudem wurde die Apothekerin zu einer Schadensersatzzahlung von rund 2000 Euro verurteilt.

Und: In der Entscheidung war festgehalten, dass die Beklagte Winkler alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die ihm aufgrund der Aussage entstanden waren oder noch entstehen. Winkler hatte darauf hingewiesen, dass ihm Gehalt entgangen sei, da er sein Arbeitsverhältnis bei der ABDA nicht antreten konnte. Zudem habe er sich in mehreren Vorstellungsgesprächen für die Vorwürfe rechtfertigen müssen und bislang keine Festanstellung mehr bekommen. Er befinde sich in einer akut existenzgefährdenden Situation.

Wahre und unwahre Tatsachenbehauptungen

Gegen das Urteil des Landgerichts ging die Apothekerin in Berufung. Und in der Tat: Bei der mündlichen Verhandlung am 19. Juli wurde deutlich, dass das Oberlandesgerichts München den Fall zum Teil wohl anders beurteilen wird als die Richter der Vorinstanz.

Zwar kam die zuständige Berichterstatterin und Richterin des Senats in Übereinstimmung mit ihren Kollegen der ersten Instanz zu dem Schluss, dass die Aussagen der Apothekerin unzutreffend seien, da es sich bei der Verknüpfung der von ihr erwähnten Verstöße gegen das Reisekostenrecht und der fristlosen Entlassung Winklers um eine  unwahre Tatsachenbehauptung gehandelt habe. Andererseits betonte die Richterin, dass sich durch die Zeugenbefragungen vor dem Landgericht ergeben habe, dass Winklers Reisekostenabrechnungen beim Helmholtz-Zentrum sehr wohl Unregelmäßigkeiten aufgewiesen hätten. Diese waren auch Gegenstand eines Gutachtens und hatten zu einem Personalgespräch geführt.

Von daher betrachtete die Richterin diesen Teil der Aussage  als wahre Tatsachenbehauptung – nicht aber in Verbindung mit dem zweiten Teil der Aussage, diese Unregelmäßigkeiten seien die Ursache für die fristlose Entlassung Winklers gewesen. 

Tatsächlich hatte das Helmholtz-Zentrum Winkler Ende 2012 fristlos gekündigt. In einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht war der Vertrag später jedoch einvernehmlich aufgelöst worden. Zudem blieb unklar, was der eigentliche Grund für die Kündigung war. Mehrere Zeugen hatten erklärt, dass die Reisekostenabrechnungen dafür nicht die Ursache gewesen seien.

Doch kein Schadenersatzanspruch?

Nach Ansicht der OLG-Richterin kann sich Winkler aufgrund dieser Erkenntnisse nicht darauf berufen, dass er sich bei seiner Reisekostenabrechnung korrekt verhalten habe. Auch werde er mit der Aussage nicht „an den Pranger gestellt“, denn die Verletzung der Reisekostenregelung sei keine Straftat: „Ein Verstoß kann auch in der verspäteten Abgabe von Belegen liegen“, so die Richterin. Vor diesem Hintergrund gab sie zu erkennen, dass das Gericht für einen Schadensersatzanspruch Winklers wohl keinen Raum sehe.

Alle Versuche des Gerichts, die Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bewegen, stießen bei Winkler und seinem Prozessvertreter auf keine Gegenliebe. Neben formalen Einwänden, die sein Anwalt geltend machte, wollte Winkler nicht den Vorwurf im Raume stehen lassen, er habe gegen Regelungen des Reisekostenrechts verstoßen. Folgerichtig möchte er seinen Klageantrag auf Unterlassung und Schadensersatz aufrecht erhalten wissen. Er sei in der Lage, substantiell zu belegen, dass es sich bei den vermeintlichen Reisekostenverstößen um kein rechtlich relevantes Vergehen gehandelt habe. Winkler und seinem Anwalt wurde vom Gericht bis zum 19. August das Recht eingeräumt, einen weiteren Schriftsatz vorzulegen. Anschließend soll das Urteil ohne weitere mündliche Verhandlung ergehen. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Präsident Schmidt und Hauptgeschäftsführer Schmitz im Zeugenstand

ABDA-Pressesprecher-Affäre vor Gericht

ABDA-Pressesprecher-Prozess: Beklagte Apothekerin muss zahlen

Das kann teuer werden

ABDA-PRESSESPRECHER-AFFÄRE

Schmidt und Schmitz im Zeugenstand

Neuer Pressesprecher gesucht

ABDA: Sven Winkler tritt nicht an

Sven Winkler übernimmt

Neuer Sprecher für die ABDA

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.