Vitamin-A-Kosmetik

Humbug oder Wunderwaffe gegen Altersflecken?

Stuttgart - 19.07.2016, 17:50 Uhr

Altersflecken entstehen an sonnenexponierten Stellen. Auch in der Apotheke gibt es Cremes, die sie verschwinden lassen  sollen. (Foto: tbel / Fotolia)

Altersflecken entstehen an sonnenexponierten Stellen. Auch in der Apotheke gibt es Cremes, die sie verschwinden lassen  sollen. (Foto: tbel / Fotolia)


Rückgang von Altersflecken und ein strahlendes Hautbild: Versprechen wie diese lassen Verbraucher – auch in der Apotheke – tief in die Tasche greifen. Zahlreiche Kosmetikhersteller bieten Produkte an, die wahre Wunder bewirken sollen. Ein häufig verwendeter Wirkstoff sind dabei Vitamin-A-Derivate. Aber wirken sie wirklich? 

Biochemisch sind Altersflecken ein Verharzungsprodukt ungesättigter Fettsäuren der Zellmembranen, genannt Lipofuscin. Es entsteht unter anderem an sonnenexponierten Stellen, wie Gesicht oder Handrücken. Die Lysosomen sind irgendwann nicht mehr in der Lage das Pigment abzubauen und es wird als bräunlicher Fleck sichtbar.

Altersflecken sind zwar harmlos, viele empfinden sie aber als störend. Die Kosmetikindustrie verspricht Abhilfe: Zahlreiche Cremes und Seren sollen die Pigmentflecken verschwinden lassen und „für einen strahlenden, ebenmäßigen Teint“ sorgen. Häufig enthalten die Produkte Retinol (Vitamin A) oder eines seiner Derivate. 

Nicht nur wirkungslos, unter Umständen auch schädlich

Das pharmakritische Magazin „Gute Pillen- schlechte Pillen“ hält wenig von diesen Produkten. So sei zum einen die Wirksamkeit nicht belegt. Es seien zwar einige kleine Studien durchgeführt worden, wie sich Vitamin A und seine Derivate auf die Hautalterung auswirken. Allerdings wurden dort nur allgemeine Effekte untersucht, schreibt GPSP. Zu denen gehörten neben Straffheit, Dehnbarkeit und Elastizität zwar auch die Pigmentierung, aber ob die Anwendung derartiger Kosmetika wirklich Auswirkungen auf Altersflecken hat, ließe sich nicht ableiten, heißt es weiter.

Zum anderen ist die Anwendung nicht unkritisch. Die Behandlung mit Vitamin-haltigen-Kosmetika kann Nebenwirkungen verursachen. Lokal können Hautreizungen, Brennen, Jucken und Trockenheit auftreten. Das ist allerdings noch die harmlosere Variante. Werden die Cremes großflächig aufgetragen oder ist die Haut verletzt, wird Vitamin A vom Körper aufgenommen. In Kombination mit dem Vitamin A aus der Nahrung kann es dann zu Hypervitaminosen kommen. Denn als fettlösliches Vitamin reichert es sich im Fettgewebe an – im Gegensatz zu wasserlöslichen Vitaminen, bei denen der Überschuss in der Regel ausgeschieden wird. 

Nach der Menopause kein zusätzliches Vitamin A

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat daher 2014 empfohlen, die Höchstmengen für Vitamin A in Kosmetika für Gesichts- und Handpflege  zu beschränken. In Lippen- und Körperpflegeprodukten sollen Retinol und seine Derivate nach Auffassung des BfR sogar gar nicht verwendet werden. Denn Verzehrstudien zufolge nehmen Frauen rund 1,8 mg Retinol-Äquivalente am Tag durch die normale Nahrung zu sich, mehr als 3 mg sollten es aber laut den Empfehlungen der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nicht sein. Für Frauen nach der Menopause liegt die Grenze noch niedriger, nämliche bei 1,5 mg Retinol-Äquivalente – hohe Vitamin-A-Dosen haben negativen Einfluss auf die Knochendichte. Insbesondere letztere, die einen großen Teil der Zielgruppe für Mittel gegen Altersflecken ausmachen, sollten zusätzliche Vitamin-A-Zufuhr vermeiden. 

Der Hautarzt kann helfen

GPSP rät daher, wenn Altersflecken als störend empfunden werden, sich beim Facharzt Rat zu holen. Dem stehen mit Bleaching, speziellen Peelings und einer Laserbehandlung Methoden zur Verfügung, die Flecken loszuwerden. Die Neuentstehung verhindert dies allerdings auch nicht, da hilft nur konsequenter Sonnenschutz.

In der Apothekenkosmetik enthalten beispielsweise Redermic R Serum von La Roche Posay oder Retinol 0.3 von Skinceuticals Retinolderivate. Doch auch bei vielen Anti-Aging-Präparaten ist Vorsicht geboten. In diesem Segement findet man in der Apotheke deutlich mehr Retinol-haltige Cremes und Seren, als bei den Produkten, die explizit zur Behandlung von Altersflecken ausgewiesen sind. Dort wird dann eher mit Begriffen wie „hauterneuernde Wirkung“ und „ebenmäßiger Teint“ geworben oder mit der Wirksamkeit gegen Falten. Retinol bzw. Retinolderivate sind zum Beispiel in folgenden Produkten enthalten: Eucerin Q10 Active Nachtpflege, YsthéAL Anti-Falten-Creme von Avene, Anti-Rides Anti-Falten-Fluid von Lierac, Liftactiv Advanced Filler von Vichy. Sie sollten daher auch nicht großflächig zum Einsatz kommen. 

Retinoide

Als Retinoide werden die Derivate des Retinol (Vitamin A oder Retinalkohol) bezeichnet. Dazu zählen zum Beispiel die Ester Retinylapalmitat und –acetat – da sie stabiler als Vitamin A sind, werden sie häufig in Kosmetika eingesetzt – außerdem der Retinaldehyd (Retinal) und die Säuren Tretinoin (Vitamin-A-Säure, all-trans-Retinsäure) und Isotretinoin. Auch synthetische Derivate wie Adapalen oder Aciretin gehören zu den Retioniden. 

Die Wirkform des Vitamin A ist die Vitamin-A-Säure, die durch Oxidation aus dem Alkohol entsteht. Sie unterliegt der Verschreibungspflicht. Für die Anwendung in Kosmetika sind lediglich die Vorstufen, also der Alkohol bzw. dessen Ester und der Aldehyd zugelassen.

Vitamin-A-Säure kann als Hormon bezeichnet werden. Im Zellkern bindet sie an spezifische Rezeptoren und beeinflusst so an verschiedenen Stellen die Haut. Die normale Versorgung ist durch ausgewogene Ernährung gewährleistet. Zusätzliches Vitamin A, zum Beispiel aus Kosmetika, führt zu einer Verdickung der Epidermis durch eine gesteigerte Mitoserate der Basalzellen. In der Lederhaut wird zudem die Kollagenbildung angeregt, die Aktivität von Kollagenasen wird hingegen gesenkt. In der Zellkultur soll zudem die Expression des Elastin-Gens induziert worden sein. UV-Strahlung inaktiviert Vitamin A. 

Aufgrund dieser Effekte verspricht man sich von der kosmetischen Anwendung von Vitamin A und seien Derivaten eine straffere Haut und den Rückgang leichter Fältchen. Studiendaten, die insbesondere von Kosmetikfirmen zu Werbezwecken präsentiert werden, halten wissenschaftlichen Kriterien aber selten stand. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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