Kindermarketing

Cola und Fußball - nichts für Kinder?

15.07.2016, 11:15 Uhr

Richten sich laut Werberat hauptsächlich an das „Kind im Mann“ - Panini-Bilder. (Foto: YouTube) 

Richten sich laut Werberat hauptsächlich an das „Kind im Mann“ - Panini-Bilder. (Foto: YouTube) 


Coca-Cola darf mit Fußballern werben. Der Deutsche Werberat weist die Vorwürfe von foodwatch zum Kindermarketing zurück. Fußballstars sind keine typischen Kinderidole. Das zeigt sich in der Tatsache, dass Panini-Bilder vor allem von Erwachsenen gesammelt werden, meint der Werberat. Nun legt foodwatch Einspruch ein.  

Der Deutsche Werberat hat die Vorwürfe von foodwatch und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in allen Punkten zurückgewiesen. Foodwatch und DDG hatten – bereits in der Hochphase der Fußball-EM – die Werbepolitik des Coca-Cola-Konzerns scharf kritisiert und einen sofortigen Stopp der Werbemaßnahmen gefordert. Grund: Durch gezieltes Kindermarketing missachte Coca-Cola den Verhaltenskodex des Deutschen Werberats.  

Konkret hatte foodwatch drei Verstöße gesehen: Die Kampagne sei eine direkte Aufforderung zum Kauf oder Konsum an Kindern, Coca-Cola nutze das besondere Vertrauen aus, das Kinder Fußballstars entgegenbrächten, und das Erlernen einer ausgewogenen Ernährung würde durch den Konsum ungesunder Lebensmittel wie Cola erschwert.

In einer ausführlichen Stellungnahme begründet der Werberat nun die Zurückweisung dieser Beschwerden. Er sieht seine – selbst formulierten – Verhaltensregeln nicht verletzt. So wendeten sich die Werbemaßnahmen des Coca-Cola-Konzerns im Rahmen der Fußball-EM nicht zielgerichtet an Kinder. Diese interessierten sich zwar zweifellos auch für Fußball – doch allein aus dem Blickwinkel der späten Übertragungszeiten betrachtet, sei die primär beworbene Zielgruppe, die Erwachsenen, offenbar. Auch nimmt der Werberat Abstand von dem Vorwurf, Schweinsteiger, Neuer & Co. als kindertypische Idole einzustufen. Diese hätte man bei typischen „Helden aus Kinderfilmen, Kinderbüchern”, nimmt der Werberat Stellung. Das zeigt auch das beliebte Sammeln von Panini-Bildern: „Eine Erhebung von Panini zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 hat zum Beispiel ergeben, dass mehr als 75 Prozent der Sammler von Panini-Bildern Erwachsene sind“, heißt es in der Entscheidung der Selbstkontrolleinrichtung. 

„Werberat schützt nicht Kinder, sondern Junkfood-Industrie“

Bei foodwatch stößt die Begündung auf wenig Verständins: „Der Werberat macht sich lächerlich! Wenn Sammeldosen und Panini-Sticker mit Fußballstars keine Kinderwerbung sind, was dann?“, sagt Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch. So schütze der Werberat nicht die Kinder vor der Junkfood-Industrie, sondern viel eher die Junkfood-Konzerne, meint Huizinga.

Der Deutsche Werberat gehört zu den Selbstkontrollinstanz der deutschen Medienlandschaft. Er hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht – durch einen eigens formulierten Verhaltenskodex – besonders sensible Bereiche in der Werbekommunikation zu überwachen. Hierzu zählt – neben sexistischer und Alkoholwerbung – auch eine speziell an Kinder gerichtete Werbung.

Eben die hatte foodwatch angemahnt und den Verhaltenskodex durch Coca-Cola verletzt gesehen. Die DDG sieht in der aktiven Bewerbung ungesunder Lebensmittel – wie zuckerhaltigen Getränken – den Vormarsch von Diabetes mellitus und Adipositas gefördert.

Diese Sorge entkräftet der Werberat: „Auch der Genuss von beispielsweise zuckerhaltigen Getränke“ kann „Teil einer gesunden und vernünftigen Ernährung sein, soweit dies in einem vernünftigen Ausmaß geschieht,“ bezieht der Werberat Position. Die Gefahr eines übermäßigen Konsums sieht er nicht. Foodwatch und die Deutsche Diabetes Gesellschaft haben bereits Einspruch gegen den Bescheid des Werberats eingelegt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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